Jahn (noch) in Liga 2: Elversbergs Packung nur mit Galgenhumor zu ertragen

Elversberg. Die Jahn-Fans bringen die peinliche Vorstellung des SSV Jahn bei der SV Elversberg auf den Punkt: „Wir reisen weit, wir reisen viel, wir verlieren jedes Spiel.“ Statt mit dem ersten Auswärtssieg fahren die Oberpfälzer mit einem halben Dutzend Kontertoren im Gepäck nach Hause.

Elversbergs Semih Sahin hat als Vorbereiter und Torschütze beim 6:0 gegen den SSV Jahn gut lachen. Foto: jrh

Die Ausgangslage war klar: Bei acht Punkten Rückstand auf Eintracht Braunschweig, die ihr Heimspiel am Freitag gegen Paderborn noch drehen konnten, wollte der SSV Jahn jedes Spiel zum Endspiel machen und dem Heimsieg gegen Nürnberg den ersten Auswärtssieg folgen lassen.

Anstatt zum ersten Mal überhaupt in dieser Saison zwei Dreier in Folge einzufahren, lassen sich die Regensburger auf dem neuen Rasen an der Kaiserlinde die Reste ihres ohnehin arg gerupften Fells auch noch vom kleinen Fußballverein aus dem Saarland über die Ohren ziehen, der jetzt sogar um den Aufstieg mitspielen kann.

Gegentreffer nach Jahn-Ecke

Da nützt es dann auch nichts, dass die Oberpfälzer bis zum ersten Gegentreffer nach nicht einmal einer Viertelstunde einigermaßen gefällig mitspielen – und Sargis Adamyan kurz zuvor sogar die beste Chance des Spiels vergibt. Elias Huth, der erstmals in dieser Saison für einen der beiden Ausfälle – wahlweise Noah Ganaus oder Eric Hottmann – in der Startelf steht, bedient Adamyan im Strafraum, dessen abgefälschter Drehschuss geht knapp am rechten Pfosten vorbei (12.).

Nur eine Minute später resultiert aus einer Ecke der Regensburger der Führungstreffer der Gastgeber: SV-Keeper Nicolas Kristof schnappt sich Tim Handwerkers harmlosen Abschluss, bringt die Kugel schnell aufs Feld, Lukas Petkov marschiert unbedrängt in den Strafraum, legt quer, Fisnik Asllani lässt passieren, Tom Zimmerschied vollendet frei stehend am zweiten Pfosten, 1:0 (13.).

SV-Elversberg-Trainer Horst Steffen müsste beim 6:0 gegen den SSV Jahn eigentlich nicht so sauertöpfisch dreinblicken. Foto: jrh

Jahn tut und macht, SV kontert und trifft

Der Jahn berappelt sich einigermaßen vom erneuten Nackenschlag und erarbeitet sich einige Möglichkeiten. Frederic Ananou marschiert über rechts, scharfe Flanke von der Grundlinie, Kristof fängt die Kugel ab (24.). Adamyan über links, zieht nach innen, Flachschuss aufs kurze Eck, Kristof ohne Probleme (30.). Handwerker mit Balleroberung im gegnerischen Strafraum, Ablage für Adamyan, der wegrutscht – das Schüsschen ist kein Test für den SV-Keeper (32.).

Wie man’s besser macht, zeigen die Hausherren. Langer Ball auf Semih Sahin, perfekte Ballannahme im Strafraum, Ablage für Zimmerschied, der, nachdem zuvor ein Regensburger ein Luftloch produziert, aus zwölf Metern abzieht – Kapitän Andi Geipl schmeißt sich mit dem Rücken zum Ball in den Schuss und bekommt die Kugel an die ausgefahrene Hand. Schiri Richard Hempel zeigt auf den Punkt. Carlo Sickinger guckt sich Jahn-Keeper Julian Pollersbeck aus, der früh nach links unterwegs ist, und schiebt ins rechte Eck ein, 2:0 (37.).

Beim 6:0 gegen Schlusslicht Jahn Regensburg kommen die Elversberger gar nicht mehr aus dem Jubeln raus. Foto: jrh

Immer das gleiche Muster

Bis auf den Handelfmeter, dem ebenfalls ein Konter vorangeht, reicht den Elversbergern das immer gleiche Muster, vor dem Jahn-Trainer Andi Patz gewarnt hatte: Dem schnellen Umschaltspiel der Gastgeber blicken die hilflosen Schlusslichter ohnmächtig hinterher. Und wenn das Spielglück fehlt, kommt halt auch noch das Verletzungspech dazu: Nicht genug, dass fast der gesamte Sturm im Lazarett ausharrt, bleibt auch noch Ananou mit Griff an den Muskel im Oberschenkel am Boden sitzen. Für ihn kommt Christian Viet (41.).

Das sieht dann fast schon gefährlich aus: Ball in die Spitze auf Huth, der kommt in der Box aber zu spät, Stürmerfoul (42.). Einfach wie im Training die nächste Kiste für die Mannschaft mit fast 100-prozentiger Trefferquote: Zimmerschied kann mit dem langen Ball auf der linken Seite bis vors Tor cruisen, legt quer zu Asllani, der die Kugel aus fünf Metern über die Linie drückt, 3:0 (43.) – Abseits geprüft und für gleiche Höhe befunden, die Vorentscheidung steht.

Ratlosigkeit beim Jahn-Trainerteam um Andi Patz beim 0:6-Desaster in Elversberg. Foto: jrh

Von Restverteidigung keine Spur

Mit Doppelwechsel nach der Pause – Dejan Galjen und Bryan Hein für die wirkungslosen Elias Huth und Sebastian Ernst – und einer Portion Mut der Verzweiflung versuchen die Oberpfälzer noch einmal anzugreifen. Resultat: 0,0. Stattdessen macht Elversberg dort weiter, wo sich Regensburg am anfälligsten zeigt. Pass in die Tiefe auf Sahin, der frei vor Pollersbeck die Kugel knapp neben den linken Pfosten setzt (54.).

Dann eben ein zweiter Anlauf: Wieder schaltet die SV schnell und effektiv um, freie rechte Bahn, von einer Restverteidigung der Oberpfälzer keine Spur, Petkov bekommt den Ball auf den Elfmeterpunkt serviert, der verschiebt auf den zweiten Pfosten, wo der einsame Sahin das Leder am chancenlosen Pollersbeck vorbei unter die Latte donnert, 4:0 (57.).

Elias Huth macht als Ersatz für die verletzten und kranken Stürmer Noah Ganaus und Eric Hottmann in Elversberg keinen Stich. Foto: jrh

Regensburg staunt wie beim Hütchenspiel

Fast wirkt es so, als würden die Gäste ihre Gastgeber darum bitten, diesen Budenzauber doch bitte schön noch einmal vorzuführen, um ihm auf die Schliche zu kommen. Die Jahn-Abwehr bestaunt den erneuten Hütchen-Trick von Sahin, der den eingewechselten Manuel Feil über rechts ins Laufen bringt, Pass auf den verwaisten SV-Kapitän Robin Fellhauer, der Pollersbeck umschifft und zum 5:0   einschiebt (65.). Wie machen die das bloß?

Jetzt nicht völlig die Fassung zu verlieren, ist, zugegeben, nicht einfach. Immerhin versucht es Handwerker nach Balleroberung im Mittelfeld mit einer Direktabnahme, um Kristof, der etwas zu weit vor seinem Gehäuse Stellung bezogen hat, zu düpieren – knapp vorbei, ist auch vorbei (75.). Auf der anderen Seite setzt Feil den Ball knapp neben den rechten Pfosten (83.).

Ratlosigkeit beim Jahn-Trainerteam um Andi Patz beim 0:6-Desaster in Elversberg. Foto: jrh

Was nun? Es fehlt die Fantasie …

Der bis dahin unschuldige Pollersbeck beteiligt sich zum Schluss auch noch am Fehlerfestival seiner Abwehr und spielt den Abstoß in die Füße von Feil, den Rasim Bulic aus dem Gleichgewicht bringt – während er noch mit dem Schiri hadert, schiebt der keine ruhige Kugel, sondern den Ball blitzschnell Asllani in die Laufbahn, der das Ding allein vor Pollersbeck unter die Latte wuchtet, 6:0 (87.).

Wer dachte, schlimmer als das 3:8 in Nürnberg und das 1:5 in Ulm kann’s nicht mehr kommen, hat sich geschnitten: Mit der bis dato höchsten Saisonniederlage fehlt die Fantasie, wie Sportchef Achim Beierlorzer und Trainer Andi Patz das Team für die Mission impossible in den verbleibenden sechs Partien noch einmal aufrichten wollen – gegen Schalke am kommenden Sonntag, 13.30 Uhr, beginnt, realistisch betrachtet, die Abschiedstournee aus der Zweiten Liga.

Bei Jahn-Sportchef Achim Beierlorzer macht sich angesichts des 0:6-Debakels in Elversberg Resignation bemerkbar. Foto: jrh

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