Katharinas pastose Kunst: Zwischen Flowerpower und Fußballmania
Winklarn/Neunburg vorm Wald/Tiefenbach. Das ist mal ein unkonventionelles künstlerisches Konzept: Die Sujets der Oberpfälzer Malerin Katharina Gierlach changieren zwischen ihrem Schulsport-Hobby Fußball und Monets Seerosen. Ihre Werke sind demnächst an zwei Ausstellungsorten zu bewundern.
Wenn man es hochtrabend ausdrücken möchte, ist die Malerin Katharina Gierlach ein Kind der Postmoderne: Sie lässt sich nicht auf ein modernistisches Konzept festlegen, dessen Innovationspostulat sich von der Abstraktion über die weiße oder zerschnittene Leinwand bis zum beliebigen Happening letztlich selbst ad absurdum geführt hat. Mit anderen Worten: Hinter der Leere ist nur noch das Nichts.
Einfacher formuliert: Die 41-Jährige malt das, was sie begeistert. Und diese Freude springt dem Betrachter ins Auge. Einer Ausstellung in der Davis-Klemm-Gallery in Wiesbaden verlieh sie den hippen Titel „Flowerpower“. Sie selbst verbindet mit den pastosen Blumen-Stillleben aber auch ein Lebensgefühl: „Ich beziehe mich auf William S. Burroughs‘ Slogan der Hippie-Bewegung“, erklärt die Winklarnerin, „mit der Macht der Blumen gegen den Vietnam-Krieg zu kämpfen.“
Flowerpower der Ölfarbe
Der Inspiration, die sie aus der Natur bezieht, verleiht Gierlach mit der „Power der Ölfarbe“ zusätzliche Strahlkraft. Damit tritt sie tatsächlich ein wenig in die Fußstapfen der Blumenkinder der 60er Jahre, mit ihrer an Henry David Thoreau geschulten Naturverbundenheit und ihrer Konsumkritik, die aus dem Nonkonformismus der Beat-Generation schöpft.
Aber nicht nur den Menschen gönnt sie im Sinn der Hippies neue Freiheiten, auch ihren Motiven: „Bei diesen Arbeiten ist neu, dass das Motiv den klassischen Keilrahmen verlässt und der Raum, in dem wir uns befinden, zum Bildraum wird.“ Wie Eisblumen an den Fensterscheiben wachsen ihre Blüten an den Wänden von Galerien und Museen. „Sie sind nicht an ein bestimmtes Format gebunden“, sagt sie, „ein Wunsch, den ich schon in meiner Kindheit hatte – etwas zu malen, das dann im Raum steht als Objekt.“
Was so ein Pinselstrich vertragen kann
Plastisch sind nicht nur die zum Objekt gereiften Motive, schon den Details schenkt sie Volumen: „Ich male sehr pastos“, beschreibt Gierlach ihren Stil. „Das heißt ich verwende einen sehr dickflüssigen Farbauftrag, im Laufe meiner Malerei habe ich anhand von kleineren Arbeiten ausprobiert, wie ich den einzelnen Pinselstrich vergrößern kann, wie viel Masse er verträgt.“ Aus diesen Detailvergrößerungen sind abstraktere Arbeiten entstanden.
Ob Claude Monets Seerosen die junge Malerin inspiriert haben oder sie aus Liebe zu den faszinierenden Wasserpflanzen den französischen Impressionisten entdeckt hat, ist zweitrangig. „Wenn man heutzutage Seerosen malt, dann ist es unvermeidbar, dass alle gleich an Monet denken“, gibt sie zu. „Ich selbst bin auch ein großer Fan von Monets Nympheas und habe sie mehrfach in verschiedenen Museen betrachtet.“ Für Gierlach ist jedoch kein Sujet jemals beendet oder gar vollendet. „Für mich ist es wichtig, das Thema mit pastoser Ölfarbe zu bearbeiten.“
Fußballkunst ist auch ihr Leben
Wer jetzt aber denkt, man könne Katharina Gierlach auf eine verträumte Landschaftsmalerei reduzieren, täuscht sich. In der Aula des Ortenburg-Gymnasiums in Oberviechtach hängt die schlachtenbummlerische Antithese: Das Sittengemälde der jüngeren Zeitgeschichte, ein Heimspiel des Clubs – aus der Zeit ihres Studiums an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. In ihrer Schule in Oberviechtach ist man ganz nah dran an den Ursprüngen ihrer Kunst: „Ich war hier in der Mädchen-Fußballmannschaft“, erzählt sie, „habe danach auch im Verein gespielt.“
„Das war in der Zeit, als ich mich auch an der Kunstakademie beworben habe.“ Ihre Bewerbungsmappe sei halb im Training, halb im Oberpfälzer Künstlerhaus, der Schwandorfer Kebbel Villa, entstanden. Dort habe sie ihr Vorpraktikum für die Akademie absolviert. Und auch für sportliche Kunst gibt es reichlich Vorbilder. Man denke nur an Ernest Hemingways Box-Leidenschaft, Max Liebermanns Reitstudien oder Fritz Genkingers gemalte Fußballwelten.
Malen, ohne jemals in Rente zu gehen
Aktuell arbeitet Katharina Gierlach überwiegend in Köln. Die Entdeckerin ist aber auch gerne international unterwegs: „Wenn man in einem anderen Land und einer anderen Kultur ist, entdeckt man plötzlich Sachen, die man zu Hause übersieht“, sagt Gierlach, „weil man denkt, man kennt schon alles und nicht so genau hinschaut.“ Im Ausland sei man ein bisschen neugieriger. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen weltweit gezeigt – darunter in Frankreich, Italien, Südkorea, den USA und der Tschechischen Republik.
„Wenn man sein Hobby zum Beruf macht, ist es das Schönste, was man sich vorstellen kann“, freut sich die passionierte Malerin über das Geschenk ihrer Gabe. „Weil man wahnsinnig viel Zeit im Leben mit der Arbeit verbringt – ich wünsche mir, dass ich malen kann, ohne jemals in Rente zu gehen.“ Bei aller Freude am Reisen ist Gierlach aber auch der Oberpfalz treu geblieben. Das Atelier im Elternhaus in Winklarn bleibt ihr Rückzugsort.
Katharina Gierlachs aktuelle Ausstellungen
Gierlachs bunte Welt des Sports: Im Rahmen der internationalen Kunstausstellung Ahoj 24 & der Werkschau des Kunstvereins Unverdorben zeigt Katharina Gierlach großformatige Gemälde im Foyer des Neuen Rathauses und der Alten Fronfeste in Neunburg vorm Wald. Der Schwerpunkt liegt bei den Fußballbildern, aber auch ein paar Eishockey-, Ski- und Golf-Bilder könnten es mit in die Ausstellung schaffen. Die Vernissage ist am Freitag, 20. September, 18 Uhr. Anschließend Rundgang zu den Quartieren Spitalkirche (Hauptstraße), NEN-Art-Gallery Dr. Toth (Jakobstraße) und Alte Fronfeste (Im Berg) mit Ausklang und Klängen des Gitarrenduos „La Fresa“ aus Kralovice. Öffnungszeiten nur sonntags, 14 bis 16 Uhr, letztmals 27. Oktober.
Gierlachs Blütenträume: „An Teichen, Wasserläufen häufig, aber wegen ihrer Schönheit geschützt“, schreibt Professor Hermann Bothe vom botanischen Institut der Universität Köln in seinem Buch „Die Pflanzenwelt im Großraum Köln“ über die Schwertlilie. Mit ihm unternahm Katharina Gierlach botanische Wanderungen durch die Wahner Heide und den Naturpark Eifel. Ihre botanischen Entdeckungen aus dem Großraum Köln sowie dem Naturpark Oberpfälzer Wald und zuletzt der Oberlausitz hat sie in pastose Ölmalerei übertragen. Die Vernissage ist am Samstag, 21. September, 19 Uhr, im Ludwig-Gebhard-Museum in Tiefenbach.
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