Kevin Kühnert betört Oberpfälzer Opas, Enkelinnen und CSU-Besucher

Floß/Fuchsmühl. Kevin Kühnert macht Strecke: 50 Jahre SPD-Bürgermeister-Ära in Floß – 100 Jahre Ortsverein Fuchsmühl. Der SPD-Generalsekretär in seinem Element. Der Jungstar der Basis lockt sogar den 90-jährigen Fred Lehner aus der Reserve. „Du warst ein großartiger Gastredner“, schwärmt der „de facto“-Ehrenbürger. Ein Miniaturporträt in sechs Stunden.

Kevin Kühnert beim Einzug in Fuchsmühl. Bild: Jürgen Herda

Schon im Vorfeld des Besuchs wird klar. Hier ist „Team freundlich“ unterwegs. Die Absprache mit Katrin Molkentin, der Büroleiterin des Generalsekretärs ist reibungslos. Obwohl Kevin Kühnerts Basisbäder durchgetaktet sind, wie es sich die Deutsche Bahn wünschen würde, findet sie eine Lücke zum Gespräch.

Und einen Fragekatalog will die Brandenburgerin auch nicht haben. Nur so ungefähr? „Na, zum Sanierungskonzept für den Flosser Marktplatz werde ich ihn weniger befragen“, vermute ich. Da muss sie lachen. Eher so die brennenden bundespolitischen Fragen aus regionaler Perspektive. „Kriegen wir“, sagt die 44-Jährige.

Kevin Kühnert und die Flosser SPD mit den drei (Alt-) Bürgermeistern Robert Lindner, Fred Lehner und Günter Stich. Bild: Jürgen Herda

Vorspiel im Bürgermeister-Büro

Um 15.20 wandern die ersten aufgeregten Genossen durch die Gänge des Rathauses. Bürgermeister Robert Lindner empfängt mich im Vorzimmer. „Kevin ist noch in einer Video-Konferenz“, deutet das Marktoberhaupt auf sein Büro. Ich bin gespannt, wie gut das mediale Bild des mutmaßlichen Strippenziehers zur Wirklichkeit passt. Fast Schlag halb vier öffnet sich die Tür. Katrin Molkentin fragt höflich, ob wir das Bürgermeister-Zimmer fürs Interview belegen dürfen. „Aber natürlich.“

Wer das gut zwei-stündige Kühnert-Interview auf „Hotel Matze“ gehört hat, weiß: Kevin ist natürlich auch „Team du“. Ein „Du“ wie in der Berliner Eckkneipe oder im Oberpfälzer Holzfellas. Hemdsärmlig, nicht anbiedernd. Jan Böhmermann besingt sich selbst als „dünnen blassen Jungen“. Der erste Eindruck von diesem zierlichen 32-jährigen Alt-Juso: Er ist sehr präsent. Was immer Kühnert eben noch Weltpolitisches besprochen haben mag. Jetzt ist er ganz bei uns.

Gaststar Kevin Kühnert kann zuhören. Bild: Jürgen Herda

Der Trick des Menschenfischers?

Vielleicht ist das der Trick des Menschenfischers Kühnert. An diesem Nachmittag bis in den späten Abend werden Dutzende die Begegnung mit dem gesellschaftspolitisch polarisierenden Polittalent suchen. Und sie alle fühlen sich gesehen, wahr- und ernstgenommen. Die Bedeutung, die man ihm beimisst, spiegelt er zurück. Auch nach der sechsteiligen NDR-Doku „Kevin Kühnert und die SPD“ sollte niemand glauben, dass man den Privatmann Kühnert kennt.

Auch und gerade weil man den Eindruck hat, dass ihm die Kamera bis zur Schmerzgrenze auf die Pelle rückt. Man sollte das strategische Geschick Kühnerts nicht unterschätzen. Er hat immer auch einen Blick für die Kamera. Das stelle ich nachts um halb vier beim Sortieren meiner gut hundert Fotos fest. Wo andere aus dem Bild gucken, blickt er charmant lächelnd in die Linse. Wie macht er das nur? Gleichzeitig bei der Sache und seiner Wirkung bewusst. Keine Frage. Kühnert hat Bühnenpräsenz, ohne als Rampensau rüberzukommen. Ich kann Kühnert nicht am Kanzlertor rütteln sehen. Er würde eher beiläufig eintreten.

Lange Schlange beim Parteibuch-Unterschreiben Kevin Kühnerts. Bild: Jürgen Herda

Trotz Skepsis: Schwarze Selfies mit dem roten Kevin

Bei vielen Gesprächspartnern ist die Skepsis vor seinem Auftritt durchaus massiv. Immerhin ist das der Mann, von dem nicht nur hängenblieb, dass er um ein Haar die Groko gespalten hätte. Ein Kollege traut ihm Enteignungen zu. Da war doch was mit BMW … „Hör ihm doch erst mal zu“, schlage ich vor. „Immer gut, als Journalist sich erst anschließend eine Meinung zu bilden.“ Der Kollege bleibt mürrisch: „Ich mag ihn trotzdem nicht.“

Das Erstaunliche: Nach seinen Redebeiträgen ist auch die Weidener Unternehmerin mit CSU-Parteibuch nicht unbeeindruckt. „Mir ist das schon oft so gegangen“, sagt sie, „in den Medien hört man Zitate von Politikern – wenn man das dann mal im Zusammen mitbekommt, ergibt das einen ganz anderen Sinn.“ Und gegen 22 Uhr wollen auch die Fuchsmühler CSUler unbedingt ein Selfie mit dem roten Kevin, der doch eigentlich ein Schreckgespenst für die Schwarzen sein sollte. Wunderbare Welt der Volksparteien.

Was hat der Parteistratege Kühnert denn nun in den Stunden zwischen seiner Ankunft in Floss und seiner Abfahrt aus Fuchsmühl inhaltlich postuliert? Da war Kevin ganz Generalsekretär seiner Partei, der sich bemüht, das Scholzeske des Kanzlers für die Basis auszudeutschen. Genaueres folgt auf diesem Kanal.

CSU-Bürgermeister Wolfgang Braun lässt Kevin Kühnert im Holzbuch der Marktgemeinde unterschreiben. Bild: Jürgen Herda

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