Verfahren nach Fensterwurf: Gewalttätiger Ehemann sagt aus

Weiden. Im Sicherungsverfahren gegen eine 32 Jahre alte Syrerin sind am heutigen Donnerstag die Plädoyers geplant, eventuell sogar schon ein Urteil. Als Zeugen sagten der Sohn (12) und der gewalttätige Ehemann (39) aus.

Die Beschuldigte hatte im April 2021 zwei ihrer vier Kinder aus dem Fenster des Weidener Frauenhauses geworfen. Sie war aus dem Allgäu vor ihrem gewalttätigen Ehemann in die Oberpfalz geflohen. Sie fühlte sich aber weiterhin von ihm und seinen Brüdern verfolgt, was auch Auslöser für den versuchten Totschlag gewesen sein soll. Das Landgericht Weiden muss im Sicherungsverfahren über eine mögliche dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie entschieden.

Am Donnerstag führten Polizeibeamte den Grund für den ganzen Schlamassel in den Gerichtssaal: den Ehemann. Der 39 Jahre alte Syrer ist dreifach vorbestraft. 2015 war er allein im Zuge der Flüchtlingswelle nach Deutschland gekommen. Die Frau reiste mit den Kindern 2018 nach. Da war ihr Ehemann schon straffällig geworden: Er hatte einem Mitbewohner der Flüchtlingsunterkunft ein Messer an die Kehle gehalten und ihn bedroht. Zitat: “Ich schlachte dich.”

Frau sagte damals: “Ich fürchte um mein Leben”

Nach Ankunft der Ehefrau zog der zu Bewährung verurteilte Mann mit ihr gemeinsam in eine Wohnung in Senden (Allgäu). Die Situation spitzte sich zu, als der Ehemann aufgrund seiner Straffälligkeit seine Ausreiseaufforderung bekam. Sie sagte damals bei der Polizei, er habe sie zwingen wollen, mit ihm Deutschland zu verlassen. Er habe ihr nicht direkt mit dem Tod gedroht. Aber er habe ihr von anderen Fällen erzählt, in denen Frauen ihre Männer verließen und danach getötet wurden.

Vier Mal rief die Syrerin im März und April 2021 die Polizei. Einmal berichtete sie, ihr Mann habe ihr vergifteten Tee verabreicht. Einmal hatte sie Wunden am Hals, die ihr angeblich von ihm mit Rasierklingen beigebracht worden waren. Die Polizei verhängte eine Kontaktsperre, die Schlösser der Wohnungstür wurden ausgewechselt. Dies führte dazu, dass der Ehemann bei seinem nächsten Besuch die Tür eintrat. Er verletzte dabei seinen Sohn (damals 10), der mit seiner Mutter die Tür von innen zuhielt. Dafür gab es erneut eine Haftstrafe.

Ehemann: “alles in bester Ordnung”

Deshalb sitzt er also jetzt (noch 14 Tage) im Gefängnis in Kempten. Seinem Selbstbewusstsein scheint das nicht abträglich zu sein. Er liebe seine Frau und die Kinder “über alles”: “Und sie lieben mich.” In der Ehe sei alles in bester Ordnung gewesen. Die Tür eingetreten habe er nur, weil er sich um das Wohl der Frau gesorgt habe. Als ihm die Fragen von Verteidiger Rouven Colbatz unangenehm werden, fragt der Mann: “Darf dieser Anwalt mir einfach solche Fragen stellen?”

Im Anschluss hörte die 3. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Josef Weidensteiner den ältesten Sohn der Beschuldigten. Er ist inzwischen zwölf Jahre alt. Er und seine Schwester (10) sind in einem Kinderheim, die jüngeren Geschwister (2 und 3) sind in Pflegefamilien untergebracht.

Frau sagt jetzt: “Ich möchte zu meinem Ehemann zurück”

Am Nachmittag gab der psychiatrische Sachverständige Dr. Bruno Rieder seine Einschätzung. In einem ersten Gerichtsverfahren 2021 war ein früherer Gutachter von einer Gefahr für die Allgemeinheit ausgegangen. Dies wäre Voraussetzung für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Rieder hat die Frau im Oktober 2022 untersucht, nachdem der BGH den Fall zurückverwiesen hatte. Ihm gegenüber stellte die 32-Jährige alles ganz anders dar: Ihr Mann sei nie böse zu ihr gewesen, habe sie nie geschlagen. Sie sei nur deshalb ins Frauenhaus nach Weiden gezogen, weil er damals die Tür eingetreten hatte. Inzwischen habe sie sich mit ihm versöhnt, man schreibe sich Briefe. Sie wolle nach ihrer Entlassung wieder zu ihm zurück.

Sie schiebt den schwarzen Peter dem Frauenhaus zu. Man habe sie am Tag der Tat eingesperrt, sodass sie nicht einkaufen haben könne. Aus diesem Grund habe ihre Tochter (8) geweint und sei aus dem Fenster gesprungen: allein und aus freien Stücken. Sie selbst habe zu diesem Zeitpunkt gekocht und könne sich nicht erklären, wie die beiden Mädchen auf die Straße gekommen seien.

Der erste Tag im Sicherungsverfahren gegen die 32 Jahre alte Mutter.

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