Kommt nicht alle Tage vor: Gemeinde ist schuldenfrei
Stulln. Immer öfter klopft die Kommunalaufsicht Städten und Gemeinden beim Haushalt kräftig auf die Finger. Ein Problem, das man in Stulln (Landkreis Schwandorf) gar nicht kennt. Seit Mitte Mai ist die Kommune komplett schuldenfrei.
Die Gemeinde Stulln feiert heuer ihr 850-jähriges Bestehen. Und die 1695-Einwohner zählende Kommune hat im Jubeljahr sich selbst ein wichtiges Geschenk gemacht. Stulln ist schuldenfrei – und das wird mindestens auch die nächsten vier Jahre so bleiben.
Restdarlehen zurückgezahlt
Mitte Mai hat die Gemeinde ihre überschaubaren Restverbindlichkeiten in Höhe von ein bissel mehr als 9200 Euro bei der Sparkasse im Landkreis Schwandorf zurückgezahlt. Großer Schuldenmacher war die Kommune aber eh noch nie. Seit 22 Jahren ist Hans Prechtl (CSU) erster Bürgermeister. In der langen Zeit musste sich die Kommune erst zweimal Geld borgen.
Dass die Gemeinde finanziell so gut dasteht, dafür gibt es Gründe. War Stulln früher von der Landwirtschaft und dem Bergbau geprägt, hat sie sich zu einer Industriegemeinde weiterentwickelt. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Ort hat rasant zugenommen. Heute gibt es davon 713. Größter Arbeitgeber ist dabei Pharma Stulln, ein international agierender Arzneimittelhersteller.
1,9 Millionen Euro an Gewerbesteuer
“Wenn man sich zum Beispiel in einer Apotheke in Griechenland Augentropfen kauft, stammen die mit Sicherheit aus Stulln”, lacht Prechtl. Das spült Gewerbesteuer in die Kasse. 2024 werden es 1,9 Millionen Euro sein. Und auch der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer beschert der Kommune Einnahmen in Höhe von mehr als 1,25 Millionen Euro.
Stulln wächst. Die Bevölkerung ist seit Ende der 80er Jahr bis heute um fast 30 Prozent gestiegen. Auf 30 der 38 Parzellen des neuen Baugebiets stehen bereits Häuser. Die Gemeinde ist gefragt, es gibt keine Leerstände. “Wird ein Haus verkauft, weil die Bewohner etwa ins Heim müssen, gibt es gleich wieder einen Interessenten dafür”, freut sich der Rathauschef.
Gemeinde liegt verkehrsgünstig
Es ist das Jobangebot, aber auch die zentrale Lage, die die Landgemeinde so attraktiv machen. Die Autobahnen A6 und A93 liegen quasi ums Eck, der Zug hält im fünf Kilometer entfernten Nabburg. Dort findet man auch alle weiterführenden Schulen. Studenten sitzen nach 30-minütiger Fahrzeit entweder in Weiden oder in Regensburg bereits im Hörsaal. Noch besser haben es Berufs- und Fachoberschüler. Sie sind in einer knappen Viertelstunde in Schwandorf.
Neue Kindertagesstätte
Keine Schulden machen, bedeutet aber nicht, kein Geld auszugeben. “Wir haben selbstverständlich in die Infrastruktur der Gemeinde investiert”, betont Prechtl. Dazu gehören die Klassiker, wie Wasser und Kanal, Straßen oder die Schaffung von Bauland. Ganz aktuell wird für 4,5 Millionen Euro eine neue Kindertagesstätte (Kita) errichtet. Bislang war sie in einem Gebäude aus den 50er Jahren untergebracht, das der Diözese Regensburg gehört. Das Haus platzte aber schon aus allen Nähten. “Wir hätten es der Kirche abgekauft, saniert und ausgebaut”, sagt der Rathauschef. Doch Regensburg zierte sich.
Zuschüsse sichern
“Man muss das Notwendige vom Wünschenswerten unterscheiden”, ist Prechtls Maxime, wenn Projekte in Angriff genommen werden. Und immer dabei mögliche Fördertöpfe im Blick haben. So konnte man sich etwa beim Breitbandausbau einen Zuschuss in Höhe von 95 Prozent sichern. Und auch bei der neuen Kita sitzt der Freistaat mit im Finanzierungsboot. Er wird das Vorhaben mit 1,33 Millionen Euro unterstützen.
Finanzfuchs Prechtl
Der Rathauschef ist ja auch ein Finanzfuchs. “Warum bitteschön soll eine Kommune keinen Bausparvertrag abschließen?” dachte er sich und schloss schon 2010 so einen Kontrakt ab. Auch in den Null- und Negativzinszeiten rentierte sich der Bausparer. Bis heute sind mehr als 320.000 Euro angespart. Die kommunalen Rücklagen sind als Festgeld angelegt und werfen zwei Prozent Zinsen ab.
Die Stullner jedenfalls sind mit der Haushaltspolitik ihres Bürgermeisters mehr als einverstanden. Ende Mai hatte er im Rahmen einer Bürgerversammlung alle Zahlen dargelegt. Die Resonanz der Zuhörer? “Sie haben Beifall geklatscht”, freut sich der Rathauschef. Auch das kommt bestimmt nicht alle Tage bei einer Bürgerversammlung vor.
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