Krieg der Gas-Riesen: Landgericht Weiden entscheidet über Milliardenklage

Waidhaus/Weiden. Der Krieg der Gas-Riesen Uniper und Gazprom Export berührt die Oberpfalz. Weil über Waidhaus zu wenig russisches Gas ankam, wurde das Landgericht Weiden eingeschalten.

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Symbolfoto: Ann-Marie Zell

Der Gas-Krimi eskalierte im Sommer 2022. Gazprom Export lieferte ab Juni drastisch weniger Gas als vereinbart. Uniper musste teuer zukaufen. Uniper verklagte Gazprom Export auf Einhaltung der Verträge. Weil der Übergabepunkt in Waidhaus liegt, lag die Entscheidung beim Landgericht Weiden.

Das Landgericht Weiden forderte im August 2022 Gazprom Export zwar zur Erfüllung der Gaslieferungen auf. Aber es lehnte einen Antrag von Uniper auf den Vollstreckungstitel ab. Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied im September 2022 in zweiter Instanz gegenteilig: Demnach schuldet Gazprom Export dem Energieversorger 3,65 Milliarden Euro Vorschuss.

Die Entscheidung ist jetzt über das Berliner Branchenportal “energate” öffentlich geworden. Das Landgericht Weiden gibt zu dem Fall nach wie vor keine Auskunft. “Es handelte sich um eine einstweilige Verfügung, ohne öffentliche Hauptverhandlung”, argumentiert Sprecher Matthias Bauer. Er bestätigt aber zumindest, dass diese Summe “nichts Alltägliches” gewesen sei.

Auf Aufforderung des Landgerichts Weiden nicht reagiert

Um was geht es genau? Uniper hatte im Sommer 2022 beim Landgericht Weiden beantragt, Gazprom zu verpflichten, von 23. Juli bis 23. Oktober 2022 die vertraglich vereinbarten Mengen an Gas am Lieferpunkt Waidhaus zu liefern. Diesem Wunsch folgte das Landgericht Weiden und forderte Gazprom zur Einhaltung der Verträge auf.

Der Beschluss aus Weiden ging an den vom russischen Staat kontrollierten Gaslieferanten Gazprom Export. Reaktion: Null. Daraufhin forderte Uniper eine Vorschussleistung. Da zu wenig Gas in der Pipeline ankäme, müssten die fehlenden Mengen woanders zugekauft werden. Der Marktpreis für Gas läge achtmal so hoch wie der vereinbarte Kaufpreis von 2,7 Cent pro Kilowattstunde.

Unterm Strich bedeuteten die Deckungskäufe laut Uniper einen Mehraufwand von täglich 89 Millionen Euro. Von 41 Tagen wurde ausgegangen. Den gewünschten Vollstreckungstitel über 3,65 Milliarden Euro verweigerte das Landgericht Weiden. Uniper legte sofort Rechtsmittel ein. Die Berufung zum Oberlandesgericht Nürnberg hatte Erfolg.

Auf Pfändung von Gazprom Austria folgt Insolvenz

Ganz so einfach dürfte es nicht sein, an das Geld zu kommen. Eine direkte Durchsetzung der Forderung gegenüber Gazprom Export sei nicht möglich, so das Branchenportal. Alternativ kann Uniper an Unternehmen herantreten, die Schulden bei Gazprom Export haben. Diese müssten dann ihre ausstehenden Zahlungen an Uniper leisten. Wie österreichische Medien übereinstimmend berichten, hat Uniper Gazprom Austria pfänden lassen. Energate-Autor Heiko Lohmann hält es für plausibel, dass der Vollstreckungstitel aus Nürnberg die Grundlage war. Im April 2023 meldete Gazprom Austria Insolvenz an.

Die Verdichterstation Waidhaus

Die MEGAL-Station in Waidhaus wurde 1982 errichtet. Zusammen mit der Verdichterstation von Open Grid Europe versorgt sie nicht nur Deutschland, sondern auch Frankreich, Italien, Schweiz und via Belgien sogar die britischen Inseln mit Erdgas. Insgesamt sind in Waidhaus drei Open Grid Europe- und sechs MEGAL-Verdichtereinheiten im Einsatz. Beide Stationen transportierten jährlich rund 33 Milliarden Kubikmeter Erdgas, womit sich in den genannten Ländern rund 27 Millionen Haushalte versorgen lassen. Das russische Erdgas benötigt für die rund 6.000 Kilometer nach Waidhaus etwa zehn Tage. (Quelle: Open Grid Europe GmbH, veröffentlicht 2011)

Der Überfall Putins auf die Ukraine und die damit verbundenen Spannungen mit dem Gasgroßverkäufer Russland setzten dem Transfer vorerst ein Ende. In Waidhaus landet überhaupt kein russisches Gas mehr.

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