Lärmschutz vor Profitdenken

Weiden/Tirschenreuth/Neustadt/WN. Seit Jahren fordern Politiker aller Couleur die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke zwischen Hof und Regensburg. Die Hoffnung: Eine bessere Anbindung mit Fernzügen und ein schnellerer Nahverkehr. Die Deutsche Bahn AG will das auch, hat aber Pläne, die für Unruhe bei Anwohnern sorgen: Die Bahnlinie soll eine Hauptstrecke für den Güterverkehr werden.

Von Udo Fürst

Ein Ingenieurbüro nahm für die Stadt Weiden und die benachbarte Gemeinde Altenstadt an der Waldnaab die Elektrifizierung unter die Lupe und rechnet „mit bis zu 70 bis 90 Güterzügen pro Tag“. Davon würden bis zu 30 nachts durch die Oberpfalz rumpeln. Bisher seien drei Güterzüge am Tag und einer in der Nacht die Regel.

Alex Länderbahn Vertragsunterzeichnung IR25 Übergang Bayerische Eisenbahngesellschaft
Bis zu 80 Güterzüge könnten in Weiden und Altenstadt/WN pro Tag vorbeidonnern

Mit dem Ausbau kommt auch der Lärm, wird nun befürchtet. Deshalb pochen viele betroffene Gemeinde- und Stadträte sowie die Bundestagsabgeordneten Uli Grötsch, Marianne Schieder (beide SPD) und Albert Rupprecht (CSU) auf ausreichenden Lärmschutz an der Strecke. Den wiederum hat die ausführende DB Netz AG noch nicht konkret zugesichert. Bei einer bloßen Elektrifizierung gebe es keinen Lärmschutz, war von der AG zu hören. Begründung: Der Strom allein bringt nicht mehr Lärm.

Lärmschutz hat oberste Priorität

Der Strom nicht, aber der Plan, dass die Bahn nach der Elektrifizierung schielt,

befürchtet die Weidener SPD-Stadträtin Hildegard Burger. In der Tat erhofft sich die Bahn laut Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter für Bayern, „insbesondere im Güterverkehr mehr Attraktivität“. Auch der Altenstädter Bürgermeister Ernst Schicketanz (SPD) befürchtet, dass sich die Gemeinde für ein geplantes Baugebiet nahe der Bahnlinie selbst um den Lärmschutz kümmern müsse. „Oberste Priorität muss dabei ein entsprechender Lärmschutz haben. Dies ist im Interesse der Anwohner und Kommunen entlang der Bahnlinie unverzichtbar“, betont Uli Grötsch. In der Tat scheint man dies bei der Bahn AG mittlerweile ähnlich zu sehen. Bei einem Gespräch mit der SPD-Landesgruppe in Berlin erklärten Bahnvertreter, dass man die Ertüchtigung der Strecke nicht nur für den Güterverkehr nutzen wolle, sondern auch Verbesserungen im Bereich des Fernverkehrs anstrebe. Aussagen über den Lärmschutz könne man allerdings erst im Zuge des Planfeststellungsverfahrens treffen.

Alle 18 Minuten ein Zug

Thomas Kraus aus Altenstadt, dessen Haus 35 Meter neben der Bahnlinie steht, und der für das „Forum Bahnlärm“ spricht, warnt vor bis zu 80 Güterzügen pro Tag, die an den Häusern vorbeidonnern. „Das bedeutet alle 18 Minuten ein Zug.“ Auf der Strecke Hof-Regensburg sei sogar eine Taktung von acht Minuten möglich. Es gehe um den Schutz der Bürger. Lärm mache krank. „Wenn nachts um drei Uhr ein Zug mit 90 dBA vorbeiprescht, stehen sie im Bett.“

Elektrifizierung der Bahnstrecke
Ein ausreichender Lärmschutz für die Bahnstrecke Hof – Regensburg fordern die ostbayerischen Bundestagsabgeordneten aller Couleur.

Güterzüge seien deutlich lauter, weiß Kraus. Während ein Personenzug rund 70 Dezibel Lärm verursache, seien es bei Güterzügen bis über 100 Dezibel. „Dabei muss man wissen, dass zehn Dezibel mehr für das menschliche Gehör eine Verdoppelung der Lärmbelastung darstellt. Außerdem sind Güterzüge bis zu 15-mal so lang wie Personenzüge und deutlich schwerer. Daher sind auch die Erschütterungen noch bis zu 100 Meter neben den Gleisen zu spüren.“ Zudem würden Güterzüge vor allem nachts zwischen 24 und 5 Uhr fahren.

In 90 Minuten von Hof nach Regensburg

Vor wenigen Tagen haben die ostbayerischen CSU-Bundestagsabgeordneten eine Resolution zur Elektrifizierung beschlossen. Darin fordern sie, dass der Personenverkehr klar Vorrang auf der Strecke bekommen müsse. „Ein Etappenziel ist hier schon erreicht, die Deutsche Bahn hat mir zugesichert, dass Weiden einen IC-Haltepunkt im 2-Stunden Takt bekommen wird“, schreibt MdB Albert Rupprecht. „Damit einhergehen muss der Einsatz moderner Zug-Garnituren mit einer wesentlichen Verkürzung der Reisezeit. Wir streben zwischen Hof und Regensburg eine Kantenzeit von 90 Minuten an. Analog müssen auch die Reisezeiten nach München und Berlin verkürzt werden“, schreiben die Christsozialen der Bahn AG ins Stammbuch.

Unterdessen könnte ein Unternehmen aus der Region helfen, das Problem Bahnlärm zu entschärfen. Das Waldsassener Bauunternehmen Kassecker hat eine 50 Zentimeter hohe Lärmschutzwand entwickelt. Josef Andritzky von Kassecker schränkt aber ein, dass die Mini-Lärmschutzwand nur ein Mosaikstein sei, um die Lärmemissionen in den Griff zu bekommen.

Fotos: Fürst/Koch

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