Lässiger Besuch im Weißen Haus: Oberpfälzer loben Merz-Diplomatie bei Donald Trump

Weiden. Der Weidener Landtagsabgeordneter Stephan Oetzinger (CSU) und die Regensburger Bundestagsabgeordnete Carolin Wagner (SPD) haben den ersten Trump-Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz gebannt verfolgt. Zölle, US-Soldaten und Ukraine: Auch für die Oberpfalz steht viel auf dem Spiel.

Angespannte Nervosität in der Oberpfalz vor dem USA-Besuch des Bundeskanzlers. Kann Friedrich Merz Strafzölle, einen Abzug der US-Truppen und einen Rückzug Trumps aus der Nato abwenden? Grafik: jrh/Gipi

Der erste Eindruck von Stephan Oetzinger: „Bundeskanzler Merz hat deutlich und geschickt auf die Schlüsselrolle der Vereinigten Staaten und ihres Präsidenten bei der Lösung des Ukraine-Konflikts hingewiesen.“ Für den Weidener Landtagsabgeordneten hat der deutsche Kanzler alles richtig gemacht.

„Es war ein guter Einstieg für die Beziehungen Deutschlands und der USA unter der neuen Regierung.“ Insbesondere die Gesprächsatmosphäre sei seiner Meinung nach als Erfolg für den Bundeskanzler zu verbuchen.

Wagner: „Gelungener Spagat“

Auch die Oberpfälzer SPD-Vertreterin der Koalitionsregierung bewertet den Besuch als gelungen: „Es ist gut, dass Kanzler Merz heute ein positives Gespräch mit dem US-Präsidenten hatte“, teilt die Regensburger Bundestagsabgeordnete Carolin Wagner auf Anfrage von OberpfalzECHO mit. „In Zeiten wie diesen muss man ja froh sein, wenn bei solchen Gesprächen Hitler nicht als Linker oder Deutschland nicht als Land ohne Meinungsfreiheit inszeniert wird.“

Für die Sozialdemokraten sei klar: „Die USA sind unser engster Verbündeter, und die langjährige Partnerschaft darf nicht leichtfertig aufgedröselt werden.“ Deshalb sei sie Bundeskanzler Friedrich Merz dankbar, „dass ihm heute der Spagat gelungen ist, einem rechtsideologischen Demokratie-Verächter wie Trump die Hand hinzuhalten, ohne eigene Grundwerte zu verleugnen“.

Nervöse Anspannung bei bayerischen Unternehmern

Ein milder Frühsommerwind weht durch die Alleen vor dem Oval Office, als Bundeskanzler Friedrich Merz zum ersten Mal seit Amtsantritt die Schwelle zu jenem berühmt-berüchtigten Kaminsaal überschreitet. In der amerikanischen Hauptstadt herrscht am Morgen eine schwirrende Leichtigkeit, als hätten beide Protagonisten – der deutsche Kanzler in dunklem Anzug, der US-Präsident mit leuchtend roter Krawatte – die Schwere globaler Konflikte kurzzeitig an der Schwelle parken können.

Für die Menschen in der Oberpfalz jedoch, jenseits des Atlantiks, hat dieses Treffen eine ganz andere Dimension. Hier, wo die Perspektiven der Global Player wie BHS Corrugated oder Witron, aber auch vieler Mittelständler von guten atlantischen Wirtschaftsbeziehungen abhängen, verfolgt man mit nervöser Anspannung, was hinter der Bühne verhandelt wird.

Angespannte Nervosität in der Oberpfalz vor dem USA-Besuch des Bundeskanzlers. Kann Friedrich Merz Strafzölle, einen Abzug der US-Truppen und einen Rückzug Trumps aus der Nato abwenden? Grafik: jrh/Gipi

Merz zwischen Schenkelklopfen und Schweigen

Ein historischer Balanceakt für den Bundeskanzler. Dass der erratische Präsident, der sein politisches Handwerk nach seinem autobiografischen „The Art of the Deal“ (1987) ausrichtet, immer für böse Überraschungen gut ist, weiß Merz nicht erst seit Trumps Verweigerung eines Händedrucks mit Angela Merkel oder der Demütigung von Ukraines Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Aber eben auch, dass der Egozentriker für Schmeicheleien empfänglich ist.

Um ihn bei der Lösung des Ukraine-Konflikts im Boot zu halten, betont Merz geschickt die Schlüsselrolle der Vereinigten Staaten. Im Zwiegespräch zwischen Merz und Trump, bei dem der deutsche Gast dem Hausherrn gerne die Bühne für monologisierendes Selbstlob überlässt, wird beides ausgelotet: die Erwartung klarer Worte zu Sanktionen gegen Russland und der bayerischen Exportwirtschaft, aber auch die Frage nach dem Fortbestand der Militärpräsenz in der Oberpfalz.

SOS-Wirtschaft: Der dynamische BHS-Vorstandssprecher Christian Engel als unternehmerischer Agent Provocateur. Foto: Jürgen Herda

Die Kunst eingeflochtener Nebensätze

Die Befürchtungen, Merz könnte beim Medienzirkus im Weißen Haus ähnlich vorgeführt werden, wie zuletzt der südafrikanische Präsident mit absurden Pogrom-Vorwürfen, sind unbegründet. Die Atmosphäre ist entspannt, der US-Präsident zu Scherzen aufgelegt. Launige Schenkelklopfer des Gastgebers, freundliche Ironie im Kontext deutscher Rüstungsausgaben – „jedenfalls bis zu einem bestimmten Punkt … schließlich sei nicht jeder von deutscher Militärstärke begeistert“ – und Merzens amüsierter Blick, wenn Trump ausufernd seine Heldentaten schildert.  

Im Hinterkopf immer bereit, an geeigneter Stelle Trumps Täter-Opfer-Umkehr im Krieg Russlands gegen die Ukraine zu korrigieren, ohne den Präsidenten zu düpieren, oder einen Nebensatz zur Handels- und Zollpolitik einzuflechten, die ja unmittelbare Folgen auch für die Unternehmen in Schwandorf, Amberg und Weiden haben würde.

WBU-Präsidentin und Europa-Abgeordnete Professor Dr. Angelika Niebler (CSU). Foto: WBU

Zollpolitik als Herzschlag der Oberpfälzer Betriebe

In den Landkreisen Amberg-Sulzbach, Neustadt/WN, Schwandorf und Tirschenreuth lässt das ständige Hin und Her beim Setzen und Aussetzen von US-Strafzöllen den Puls steigen. Maschinenbau, Automobilzulieferer, Landmaschinenhersteller – sie alle fiebern mit, wenn der Mann im Amtszimmer 1600 Pennsyl­vania Avenue in der Nacht auf Truth Social seinen Launen freien Lauf lässt. Vor allem kleine und mittelständische Firmen kommen an ihre Grenzen, wenn Aufschläge von 25 Prozent auf Stahl oder Holzgreifer on top drohen.

Prof. Dr. Angelika Niebler, Präsidentin des Wirtschaftsbeirats Bayern, die am heutigen Freitag den Bayerischen Wirtschaftstag 2025 in Amberg eröffnet, hofft auf Vernunft und einen Deal mit Trump. „Wir haben aber Gegenmaßnahmen vorbereitet“, sagt die Europa-Abgeordnete (CSU). „Weitere Zölle auf alle Waren wären eine enorme Belastung. Zugleich arbeiten wir an Freihandelsabkommen mit Mercosur, Indien oder Vietnam. Wir werden auch den europäischen Binnenmarkt als 450‑Millionen‑Heimatmarkt stärken.“

Milliarden-Investition auf der Kippe?

Die oberpfälzischen Kasernen – Grafenwöhr, Hohenfels, Vilseck – sind seit Jahrzehnten Dreh- und Angelpunkt für die deutsch-amerikanische Militärkooperation. Mehr als zehntausend US-Soldaten halten vor Ort nicht nur Trainingsübungen ab, sondern bringen den umliegenden Gemeinden auch Kaufkraft und Steuereinnahmen. Die Vermieter in Weiden und Amberg profitieren genauso von den GIs mit Familienanhang, wie Hotels, Kneipen und Bäcker in den umliegenden Landkreisen. Ein Abzug von Soldaten, oder gar eine Reduzierung auf „null“, würde daher nicht nur das sicherheitspolitische Gefüge aus den Angeln heben.

Denn deren Übungen dienen nicht zuletzt dem Schutz der Nato-Ostflanke. Er würde auch die ohnehin angespannten kommunalen Haushalte dramatisch belasten. Erst im August 2023 hatten US-Oberst Dan Kent und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Spatenstich für den Bau eines Trainingszentrums in Grafenwöhr mit einem Volumen von rund 822 Millionen Euro als starkes Signal für die Zukunft des Standortes bewertet. In den nächsten zehn Jahren sollen hier Unterkünfte, Verwaltungs- und Sanitätsgebäude, Werkstätten, ein Fitnesscenter und eine Kantine entstehen.

Angespannte Nervosität in der Oberpfalz vor dem USA-Besuch des Bundeskanzlers. Kann Friedrich Merz Strafzölle, einen Abzug der US-Truppen und einen Rückzug Trumps aus der Nato abwenden? Grafik: jrh/Gipi

Trumps Großvater ein kurpfälzischer Bayer

Die Oberpfälzer Trump-Verächter müssen jetzt ganz stark sein: Dass Trumps Vorfahren aus Deutschland stammen, ist hinreichend bekannt – genauso wie seine latente Abneigung gegen das Ursprungsland, das seine Vorväter nicht nach seinem Gusto würdigte.

Weniger bekannt dürfte dagegen sein, dass das pfälzische Kallstadt im Geburtsjahr1869 seines Großvaters Friedrich Trump zu Bayern gehörte. Trump ist also ein Kurpfälzer und damit so was wie ein halber Oberpfälzer!

Bundeskanzler Friedrich Merz, mit seinen knapp 2 Metern Gardemaß nicht nur ein Kandidat für den Alten Fritz und auf Augenhöhe mit dem Wrestling-Fan im Weißen Haus, sondern als Friedrich zugleich vornamensverwandt mit Trumps Großvater, weiß das Momentum zu nutzen. Mit der Geburtsurkunde des deutschen Auswanderers überreicht er einen besonderen Gruß aus der alten Heimat.

Man darf gespannt sein, wann der erste Oberpfälzer Bürgermeister auf die öffentlichkeitswirksame Idee kommt, den amerikanischen Präsidenten mit pfälzischem Immigrationshintergrund in seine Gemeinde einzuladen.

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