Literaturtage 2025: Lesung mit Doris Dörrie ausverkauft
Weiden. Lange Schlangen versperrten vor dem Oberen Tor den Zugang zur Fußgängerzone. Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Lesung warteten die meist weiblichen Zuhörer auf den Einlass in die Buchhandlung Rupprecht.

Kurz nach 20 Uhr erlöste Buchhändlerin Maria Rupprecht das wartende Publikum: „Wir freuen uns, dass wir für die Literaturtage Doris Dörrie gewinnen konnten.“ Bekannt ist Dörrie als Regisseurin („Männer“, Kirschblüten-Hanami“), Drehbuchautorin und natürlich als Autorin mehrerer Bücher.
Neuestes Buch ‚Wohnen‘
Im ersten Teil der Lesung stellte die Autorin ihr neuestes Buch “Wohnen” vor. Wie schon bei der Eröffnung der Literaturtage am Vortag kam das Weidener Publikum in den Genuss einer absoluten Premiere: Der offizielle bundesweite Verkaufsstart findet nämlich erst eine Woche später statt.
Doris Dörrie, die gefeierte Filmemacherin und Autorin, erzählt in ihrem neuesten Werk ihr Leben als Wohnende und fragt, wie und mit wem wir wohnen wollen – eine unendliche Vielfalt des Wohnens tut sich auf.
Doris Dörrie ist eine Wohnende wider Willen. Nie wollte sie sich niederlassen, fest einrichten, Wurzeln schlagen, aber wie andere wohnen, hat sie immer schon fasziniert. In Kalifornien geht sie zu Hausbesichtigungen, nur um sich andere Leben in anderen Räumen auszumalen. Auf ihren unzähligen Reisen nach Japan, Mexiko, Marokko, Amerika und Südeuropa sieht sie, wie eng das Wohnen an die jeweilige Kultur geknüpft ist. Und bei ihrer Arbeit als Filmemacherin wird sie zur Expertin für das Erschaffen künstlicher Wohnwelten.
Doch während sie ihr eigenes Elternhaus beschreibt, die Studentenbuden, Wohngemeinschaften und das versuchsweise Leben auf dem Land, drängt sich ihr eine Frage immer wieder auf: Wo ist eigentlich in all diesen Häusern und Wohnungen der Raum für die Frauen geblieben? Könnte es etwa sein, dass aus der Hausfrau nur eine Frau im Haus mit anderen geworden ist? Doris Dörrie ist fest entschlossen: Sie will ihre ganz eigene Art des Wohnens finden.
Lesung als Schreibwerkstatt
Einen ungewöhnlichen Ansatz brachte der zweite Teil der Lesung. Dörrie forderte das Publikum auf, seine persönliche Wohnsituation aus der Vergangenheit auf Papier zu bringen. Dazu stellte sie die Arbeitshypothese in den Raum: “Wie erinnere ich mich an den Boden unter meinen Füßen aus meiner Kindheit?” Dabei animierte sie, Stift und Papier, die auf jedem Platz zur Verfügung standen, freien Lauf zu lassen. Nach zehn Minuten kreativer Schreibpause las die Autorin – leider ohne mit einem Wort auf die Notizen des Publikums einzugehen – ihre eigenen Kindheitserlebnisse vor und bewies sich als scharfe und wortgewandte Beobachterin ihrer Vergangenheit.
Klischees über Mann und Frau
Dörrie wusste genau, was ihr überwiegend weibliches Publikum erwartete und bediente teilweise großzügig Frau-Mann-Klischees, die selbst in der als eher konservativ bekannten Oberpfalz zum großen Teil längst der Vergangenheit angehören. So rief sie beim Schreibexperiment dazu auf, sich ungehemmt in einen Rausch zu schreiben, was “besonders von Männern mit Alkohol” praktiziert wird. Vielleicht ist man in der Oberpfälzer Provinz bei der Emanzipation schon wesentlich weiter als in der Großstadt München?
Egal, der Erfolg gibt Frau Dörrie zumindest beim weiblichen Publikum recht, was die eindrucksvolle Schlange am Büchertisch bewies.
Weidener Literaturtage können auch kontrovers.
Buchtipp
Doris Dörrie, Wohnen, Hanser Verlag, 128 Seiten, 20 EUR
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