Massiver Alkoholkonsum: Silvesterfeier gerät aus den Fugen
Weiden. Vor dem Schöffengericht musste sich ein 44-jähriger Mann verantworten, dem schwere Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen wurde.

Wie so oft war übermäßiger Alkoholkonsum der Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung, die vor Gericht endete. Der Bewohner einer Asylunterkunft im Landkreis Neustadt/WN traktierte seinen Kontrahenten mit mehreren Fausthieben und Fußtritten.
Alkohol machte Kontrahenten aggressiv
Staatsanwalt Benjamin Schauf warf dem Angeklagten gefährliche Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Zugetragen hat sich das Ereignis in der Neujahrsnacht 2024 in einer Flüchtlingsunterkunft im westlichen Landkreis.
Nach der Anzeige des einheimischen Geschädigten soll ihn gegen fünf Uhr morgens ein Unterkunftsbewohner mit Faustschlägen und Fußtritten schwer verletzt haben. Es folgte ein stationärer Aufenthalt im Klinikum Weiden. Gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten wenig kooperativ zu sein, brachte dem Beschuldigten zusätzlich eine Anklage wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ein.
Tat eingeräumt und Entschuldigung ausgesprochen
Der Angeklagte gab die Tat vollumfänglich zu, auch wenn er sich nicht an alle Einzelheiten erinnern konnte. Ebenso erfolgte eine Entschuldigung gegenüber allen Beteiligten, insbesondere dem Verletzten. Er sitzt seit Januar in U-Haft.
Strafverteidiger Rouven Colbatz versuchte etwas Licht in den verhängnisvollen Neujahrsmorgen zu bringen. Sein Mandant und auch der Kontrahent sollen nämlich erheblich alkoholisiert gewesen sein. Ein Gutachten wies den Blutalkoholwert zur Tatzeit von über zwei Promille aus.
Im Übrigen soll sich der Geschädigte dem Angeklagten ziemlich respektlos und zudem in der Unterkunft anderweitig auffällig verhalten haben. „Das rechtfertigt die Anwendung seiner Gewalt nicht, erklärt sie aber. Trotzdem empfindet mein Mandant tiefe Reue und entschuldigt sich in aller Form bei allen, denen er Unrecht getan hat“, so der Anwalt.
Geschädigter leidet noch immer
Der in den Zeugenstand gerufene Geschädigte zeigte sich zunächst massiv irritiert, dass der Simultandolmetscher dem Angeklagten seine Worte übersetzte und rüffelte: „Ist das hier immer so, dass einem dazwischen gequatscht wird?“ Deeskalierend wies Richter Hubert Windisch darauf hin, dass der Angeklagte Anspruch auf einen fairen Prozess mit entsprechender sprachlicher Unterstützung habe.
Danach wurde es wieder sachlich. „Mir fehlen drei Stunden in meinem Leben“, sagt der Zeuge. Seinen Alkoholkonsum in der Silvesternacht „bezifferte“ er lediglich mit ein paar Halben Bier. Am Neujahrsmorgen gegen fünf Uhr klopfte er mit seinem Cousin an der Flüchtlingsunterkunft an. „Wir kannten dort niemand, wollten aber ein gutes neues Jahr wünschen.“ Nach dem Betreten des Gebäudes und dem Konsum von weiteren alkoholischen Getränken entwickelte sich der Streit mit dem Angeklagten.
„Wir waren alle besoffen“
Der in den Zeugenstand gerufene Begleiter des Geschädigten bezeichnete den Zustand aller Beteiligten mit den eindeutigen Worten: „Wir waren alle besoffen.“ Demzufolge war dessen Erinnerungsvermögen auch sehr eingetrübt. An Fußtritte konnte er sich jedenfalls nicht erinnern.
Auch die Ehefrau des Angeklagten erinnerte sich an keine Fußtritte ihres Mannes. Eine weitere Bewohnerin, von Beruf Juristin, wollte ebenfalls keine Tritte gegen den Geschädigten gesehen haben. Dagegen berichteten die Frauen vom unangemessenen und aggressiven Verhalten des Geschädigten, was ihrer Meinung nach letztlich zur Eskalation führte.
Polizeibeamte treffen auf alkoholisierten Täter
Die gegen Mittag in der Asylunterkunft eintreffenden Polizeibeamten berichteten im Zeugenstand übereinstimmend vom aggressiven Verhalten des Angeklagten. Sie mutmaßten, dass seit dem Morgen noch weiterer Alkoholkonsum seitens des Täters erfolgt sein muss. Aufgrund seines Verhaltens wurde der Mann gefesselt und in U-Haft gebracht. Körperliche Angriffe gegen die Polizeibeamten wollten diese aber nicht erkennen. „Es liegt also möglicherweise ein passiver Widerstand vor“, so Richter Hubert Windisch. Der Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte war damit vom Tisch.
Bewährungsstrafe verhängt
Während Staatsanwalt Schauf eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von zwei Jahren forderte, hielt Verteidiger Colbatz eine Strafe von 18 Monaten für angemessen.
Bei der Strafzumessung ließ das Schöffengericht mit einfließen, dass der Angeklagte einerseits nicht vorbestraft und andererseits durch seine Fluchterfahrungen schwere Schicksalsschläge zu ertragen hatte. Der Sudanese war aus dem Sudan in die Ukraine geflohen, aus der er jetzt mit seiner ukrainischen Frau geflohen ist. Auch die glaubhaft vorgebrachte Entschuldigung bewog das Gericht dem Antrag des Verteidigers zu folgen.
Noch im Gerichtssaal wurde dem Angeklagten der „Justizjuwelen“ abgenommen und somit auch der Haftbefehl aufgehoben. Alle Seiten erklärten Verzicht auf Rechtsmittel.
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