Max Reger revisited: Annäherung an einen Oberpfälzer Komponisten

Weiden. Max Reger wäre am 19. März 150 Jahre alt geworden. Wo ist mir der Komponist zum ersten Mal über den Weg gelaufen, wie habe ich ihn erfahren, mir angehört und was ist geblieben? Der Versuch einer persönlichen Annäherung an einen großen Musiker.

Max Reger wäre am 19. März 150 Jahre alt geworden. Foto: Stadtarchiv Weiden

Wie bin ich zum ersten Mal mit Musik, mit Sound in Kontakt gekommen? Ziemlich sicher war es der Herzschlag meiner Mutter. Dieses rhythmische Klopfen immerzu. Eine Erinnerung, die leider verloren gegangen ist. Dann kämen vielleicht Lieder aus dem Kindergarten. Auch hier muss ich passen, denn den habe ich nach einer Woche verlassen. So bleibt als nächste Anlaufstelle die Schulzeit: Volksschule – keinerlei Erinnerungen, mit Musik in Berührung gekommen zu sein. Gymnasium? Da dämmert langsam etwas. Allerdings hatte ich einen Musiklehrer, der sich nur um Schüler und Schülerinnen gekümmert hat, die im Schulchor beziehungsweise Orchester waren. Der Rest fiel gnadenlos unter den Tisch. Eine 5, oft auch eine 6, war an der Tagesordnung. Gottseidank konnte man in musischen Fächern nicht durchfallen.

Wie erschließen sich Jugendliche die Musik?

Wie erschließt man sich also als Jugendlicher Musik? Elternhaus war eine Möglichkeit, bot sich hier (immerhin) James Last, den mein Vater sehr schätzte – welch ein Weitblick! Später die Hitparade und dann natürlich das Radio. Hier hervorzuheben (wir erinnern uns): die Schlager der Woche (immer freitags), „Aus meiner Rocktasche“ mit Georg Kostya, später Club 16, Zündfunk und AFN (noch später). Glamrock war angesagt, mit Sweet, T Rex, Slade, Suzie Quatro, dann das erste Tonband und der erste Plattenspieler.

Michael Schwalb hat dem Komponisten ein Buch gewidmet. Foto: Pustet-Verlag

Im Griff des Rock`n`Roll

Der Rock’n’Roll hatte uns fest im Griff und war in Weiden überlebenswichtig. Aber wo blieb die Klassik? Letztendlich wurde diese uns im Gymnasium madig gemacht. Kein Musiklehrer verstand es, uns, den Nichtinstrumentlern, diese Kunst näherzubringen. Bach, Beethoven, Mozart, Schubert – das ist höchste Mathematik (auch diesem Fach war ich nicht gewachsen), Dur und Moll, fis und cis, Kadenzen, Notenschlüssel … alles Fremdwörter.

„Das Schwein und der Künstler werden erst nach ihrem Tod geschätzt.“Max Reger

Max Reger bleibt auf der Strecke

Und wo blieb eigentlich Max Reger? Der Mann war immerhin ein Oberpfälzer Komponist, der noch dazu einen direkten Bezug zu Weiden hatte! Ich kann mich nicht erinnern, dass sein Name einmal im Unterricht gefallen wäre. Wie übrigens Flossenbürg auch, aber das ist eine andere Geschichte. Welch Schande! Da hat man so ein Genie vor der Nase, die Stadt schmückt sich mit seinem Namen, und wir bleiben im Tal der Ahnungslosen.

Die erste Begegnung mit dem Maxl war über einen Film: der Oberpfälzer Regisseur, Filmemacher und Kameramann Gerd Steinbeck (Jahrgang 1947) überraschte mit seiner Hommage „Max R. – Requiem einer Erinnerung“. 1977 gelang es ihm, den renommierten Schauspieler Günter Strack für diese Rolle zu gewinnen. Darin wandert Reger durch die Stadt, steht vor seinem Wohnhaus und verschwindet dann in einem mystischen Off. Weiden und Max Reger war schon immer keine unkomplizierte Beziehung. 

Reger erblickt in Brand das Licht der Welt

Geboren wurde er am 19. März 1873 als Johann Joseph Maximilian Reger in Brand. Ein Jahr später zog die Familien nach Weiden. Mit 11 Jahren bekam er Klavier- und Orgelunterricht von Adalbert Lindner, seinem musikalischen Mentor. 1887 spielte er sein erstes Klavierkonzert. Dann zog es ihn hinaus, er fühlte sich zu höherem berufen. Aber 1898 kehrte er wieder zurück. Und die Stadt tat ihm gut, was sein fast fließbandartiger Ausstoß belegt. Es folgte ein reiches, turbulentes, arbeitsreiches Leben, mit Höhen und Tiefen, mit Spott und Anerkennung. Ein Workaholic und Alkoholic par excellence. Ein Spagat zwischen Klassik und Moderne, verstörende, aber geniale Orgelwerke, schwer verständliche Stücke für Orchester und geniale Klavierstücke. 1916 stirbt er in Leipzig.

„Ich sitze im kleinsten Raum des Hauses. Ich habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben.“Max Reger

Weidener Musiktage zum Annähern

Das alles hat sich mir erst sehr viel später erschlossen. Aber vielleicht hat es auch diese Zeit gebraucht, um sich dem großen Komponisten anzunähern. Dazu beigetragen haben sicher auch die Weidener Musiktage, die es leider nicht mehr gibt. Gefolgt vom Förderkreis für Kammermusik/Weidener Meisterkonzerte, die sich immer wieder um Regers Erbe gekümmert haben und last but not least die Weidener Max-Reger-Tage, die 1998 von Professor Kurt Seibert gegründet und bis 2007 von ihm geleitet wurden. Seitdem hat das Kulturamt der Stadt Weiden unter Leitung von Petra Vorsatz sie fortgeführt.

Die Qualität der eingeladenen Künstler bei allen Institutionen lässt immer wieder aufhorchen. Und ein Besuch lohnt allemal. Auch im Jubiläumsjahr 2023 wurde wieder ein interessantes Programm zusammengestellt. Im Übrigen kümmern sich auch andere Städte um den noch immer großen und geschätzten Komponisten, den man nicht nur mit seinen Orgelwerken in Verbindung bringen sollte. 

Max Reger gibt es auch zum Nachhören. Foto: Kurt Seibert

Ein Denkmal für Max Reger?

So habe ich – über viele Umwege – den Max Reger für mich entdeckt und irgendwie war er für seine Zeit auch ein Rock’n’Roller. In Weiden gibt es: eine Stadtführung, ein Max-Reger-Zimmer, ein Bier, ja sogar eine Torte. Was mir allerdings immer noch fehlt, ist ein Denkmal – und zwar mitten am Marktplatz, ein Ort wo der grimmige (aber auch humorvolle) Maxl auf seine Weidener schauen kann.

Die steinerne Orgel im Max-Reger-Park (von 1957) oder der Grabstein in der Adenauer-Anlage (sein richtiges Grab befindet sich am Münchner Waldfriedhof) sind mir persönlich zu wenig. So eine Skulptur, wie für Karl Valentin am Viktualienmarkt, wäre eine tolle Sache. Vielleicht passiert hier noch ein Wunder. Letztendlich ist der Maxl in der Stadt angekommen, eine Stadt, die er aber auch gern verlassen hat, um in Deutschland – und in der Welt – Karriere zu machen.

Wer mehr über den Komponisten erfahren möchte:

Als Lektüre empfehle ich: Michael Schwalb: Max Reger. Der konservative Modernist (Verlag Friedrich Pustet)

Als Hörbeispiel empfehle ich: Kurt Seibert spielt Max Reger. Die großen Variationswerke für Klavier solo (zu beziehen über kurtseibert@gmail.com);

Mehr über Max Reger erfährt man im Internet auf: www.maxregertage.de, www.maxreger.info oder www.weidener-meisterkonzerte.de

* Diese Felder sind erforderlich.