Mehr als Tante Emma…! Zehn Jahre Gänsbürgerladen Waldthurn

Waldthurn. Vor zehn Jahren wurde in Waldthurn durch die Marktgemeinde und das Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz (ALE- Tirschenreuth) ein weiteres, mutiges Kapitel der Waldthurner Marktgeschichte aufgeschlagen. Mit dem Gänsbürgerladen wagte sich die Marktgemeinde gemeinsam mit Bürgern, regionalen Produzenten, Anteilseignern und Unterstützern an ein Projekt, das zunächst etwas kritisch beäugt wurde.

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Die „Gänsedamen“ laden ein! Foto: Franz Völkl
Foto: Franz Völkl
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Seit 10 Jahren dabei: von links: Manuela Hauser, Petra Wirth und Martina Pankotsch. Foto: Franz Völkl
Seit 10 Jahren dabei: von links: Manuela Hauser, Petra Wirth und Martina Pankotsch. Foto: Franz Völkl
Die beiden ehrenamtlichen Geschäftsführer des Marktladen UG (haftungsbeschränkt) - Gänsbürgerladen - Petra Reil und Michael Steiner. Foto: Franz Völkl
Die beiden ehrenamtlichen Geschäftsführer des Marktladen UG (haftungsbeschränkt) – Gänsbürgerladen – Petra Reil und Michael Steiner. Foto: Franz Völkl
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Die „Gänsedamen“. Foto: Franz Völkl
Foto: Franz Völkl
Foto: Franz Völkl
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Grafik: Petra Reil
Foto: Franz Völkl

Ein Erfolgsmodell der Nahversorgung und Regionalität

Heute gilt es aber als Vorzeige-Beispiel für Nahversorgung und gelebte Marktgemeinschaft in „Unserer scheiner Gmoi“, wie Bürgermeister Josef Beimler von der Marktgemeinde schwärmt. „Nicht immer in den vergangenen zehn Jahren konnte man voller Zuversicht in die Zukunft blicken“. Doch Schritt für Schritt entwickelte sich der Laden vom kleinen Hoffnungsträger zum Aushängeschild für die ganze Region.

Am Samstag, 18. Oktober 2025 steigt ab 14 Uhr die 10-jährige
Geburtstagsfeier des Waldthurner Marktladens nicht wie ursprünglich
vorgesehen am Hostauplatz, sondern wegen der kühlen Temperaturen im
Lobkowitzschloss in der Vohenstraußer Straße 14 in Waldthurn.

Die Wurzeln reichen zurück bis 1996, als Josefine Schmid in der Bahnhofstraße einen klassischen „Tante-Emma-Laden“ mit Postagentur führte. Nach Schließungen und Neuanfängen wagten 2015 engagierte Waldthurner den Neustart unter einem neuen Namen: „Waldthurner Marktladen – Gänsbürgerladen“.

„Waldthurner Gänsbürger“

Der Name geht auf den alten Spitznamen der Waldthurner zurück: „Gänsbürger“. Was einst ein neckisches Spottwort war, ist heute Markenidentität. Von Beginn an setzte man auf breite Bürgerbeteiligung: 154 Anteilseigner investierten ab 200 Euro oder mehr in die Marktladen UG (haftungsbeschränkt). Ein zehnköpfiger Beirat wurde gewählt, dazu zwei ehrenamtliche Geschäftsführer. Petra Reil aus Waldthurn und der Lennesriether Bankfachmann Michael Steiner sind ein reiner Glücksfall. Dieses Modell machte den Laden von Anfang an zu „unserem Laden“ – getragen von den Menschen, für die er da ist.

Umzug bringt Strahlkraft

Ein entscheidender Wendepunkt war der Umzug 2018 in die ehemalige Sparkassenfiliale im Ortszentrum. Mehr Platz, eine moderne Gestaltung und ein integriertes kleines Café gaben dem Laden eine neue Strahlkraft. Der Erfolg ließ sich messen: Der Tagesumsatz stieg von 800 € auf 2.000 €. Es kamen mehr Kunden aus dem Umland hinzu – nebenan sind Parkplätze am Hostauplatz. Laut Steiner konnte man Jahr für Jahr den Umsatz steigern, was wegen der ebenfalls steigenden Personal- und Stromkosten -trotz günstiger Miete-auch nötig gewesen sei.

„Gänsedamen“ mit viel Herzblut

„Wir als Geschäftsführer schaffen die Rahmenbedingungen – um das Verkaufsgeschehen im Laden kümmert sich perfekt unser Personal“, schwärmt Steiner. Heute sorgen acht Mitarbeiterinnen (5 in Teilzeit – 2 geringfügig verdienende und ein Azubi) für den reibungslosen Ablauf. Sie machen das „Herz“ des Gänsbürgerladens aus. Im Ort heißen sie liebevoll „Gänsedamen“ und sind laut Geschäftsführerin Petra Reil mit Herzblut bei der Sache. „Ihre Arbeitsleistung war und ist ein entscheidender Aspekt des Erfolgs“, stellt Steiner klar fest. Seit zwei Jahren ist mit Franziska Beimler auch eine Auszubildende als Einzelhandelskauffrau im Laden.
Petra Wirth, Manuela Hauser und Martina Pankotsch feiern „10-jähriges Gänsedamen – Jubiläum“. Schon wenige Jahre nach dem Start wurde das Projekt bundesweit wahrgenommen.

Gold – Dorfladen

2021: Aufnahme ins 5-Sterne-Dorfladennetzwerk – 2022: Auszeichnung als einer der zehn besten Dorfläden Bayerns – 2023: Krönung mit dem Titel „Gold-Dorfladen des Jahres“ auf der Grünen Woche in Berlin. Die Jury würdigte die Sortimentsvielfalt, die enge Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern, die Integrationsarbeit und die besondere Rolle als sozialer Treffpunkt.

Lobkowitzer – Sauerkraut für „Untertanen von Waldthurn“

Heute bietet der Gänsbürgerladen weit mehr als ein Standard-Sortiment . Über 35 regionale Direktvermarkter liefern ihre Produkte – vom neuen „Pfarrerbier“ über das „Naturparkland Genusskistl“ bis hin zu hausgemachten Spezialitäten. Paketshop, Lotto-Annahmestelle sind integriert. Sogar das fürstliche Sauerkraut der Lobkowitzer aus Tschechien für die „Untertanen von Waldthurn“, die eine besondere geschichtliche Verbindung zu Waldthurn haben, ist im Gänsbürger-Sortiment.

Blick in Vergangenheit

„Das waren noch Zeiten“, erklärte Petra Reil mit Blick in die 70er und 80er Jahre, wo man die Grundversorgung direkt vor der Haustüre hatte. 15 Lebensmittelgeschäfte, sieben Metzgereien, vier Bäckereien, 23 Gasthäuser, drei Tankstellen und eine Postfiliale war in der Marktgemeinde beheimatet. 1990 schloss das letzte Lebensmittelgeschäft in der Marktgemeinde. Der Laden ist inzwischen fester Bestandteil der Ortsentwicklung.
Er sichert die Grundversorgung – ein entscheidender Faktor, damit Familien, Senioren und Neubürger gerne in Waldthurn leben.
Er unterstützt die Sozialarbeit – etwa durch die Kooperation mit dem Reha-Zentrum Oberpfalz, wo Menschen im Rahmen einer Beschäftigungstherapie Aufgaben übernehmen können. Er trägt zum Umweltschutz bei – kurze Wege statt weite Einkaufsfahrten, starke Bindung an regionale Kreisläufe.

Wirtschaftlich stabil – HeimatUnternehmen

Heute, im Jahr 2025, blickt die Marktgemeinde Waldthurn stolz auf das zehnjährige Bestehen des Gänsbürgerladens. Täglich kommen über 240 Kunden.
Die Anteilseigner stehen geschlossen hinter ihrem Projekt. Der Laden ist wirtschaftlich stabil und unter dem Motto „Menschen machen ihre Heimat – innovativ, lebenswert und zukunftsfähig“ als sogenanntes „HeimatUnternehmen“ im Netzwerk des Bayr. Landwirtschaftsministerium (StMELF) engagiert und fest verankert.
Während andernorts Dorfläden schließen, zeigt Waldthurn, wie es funktionieren kann. Und so ist der Gänsbürgerladen längst mehr als ein Geschäft – er ist Symbol für das, was Dorfgemeinschaft im 21. Jahrhundert bedeutet: Miteinander Zukunft gestalten.

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