Mit 7 Kilo “Crystal” über die A6 bei Waidhaus – Niederländer vor Gericht

Dieser Blondschopf aus den Niederlanden machte die Rechnung ohne die Bundespolizei Waidhaus. 6.000 Fahrzeuge fahren täglich aus Tschechien über die A6 in die Bundesrepublik Deutschland. Darunter am 18. Juli 2024 um 21.30 Uhr der 35-Jährige aus Holland in einem schwarzen Golf. Tarnung: Urlauber. Er trug einen Strohhut, darunter eine Art Hawaiihemd. Auf die obligatorische Nachfrage “Where do you come from? Where do you go?” gab er an, ein paar Tage in der Slowakei verbracht zu haben. “Holiday.”

Schon beim Öffnen des Kofferraums kam er dem Bundespolizisten nervös vor. “Das ist so ein Bauchgefühl.” Der Wischtest am Lenkrad ergab Drogenkontakt. Eine Zoll-Streife kam dazu. Einer der Zollbeamten ist gelernter Automechaniker. Er sah unters Auto und war sich sicher: “Da stimmt was nicht.” Der Auspuff war nicht serienmäßig verbaut. Als dann der Rauschgift-Hund geholt wurde, war’s mit dem Nervenkostüm des Holländers ganz vorbei. Die Zollbeamtin erinnert sich, wie er eine Chipstüte in der Hand immer wieder zerknüllte. Die Hündin schlug bei der Fahrzeugmitte an.

Ware von fragwürdiger Qualität: Lev-Methamphetamin und Streckmittel

Der Grund für seine Nervosität steckte unter dem Getränkehaltern der Mittelkonsole. Neun Päckchen mit kristalliner Substanz. Insgesamt 7,5 Kilo. “Crystal”, also Methamphetamin, sollte man meinen. Die Laboranalyse brachte ein überraschendes Ergebnis: Es handelte sich um 3,5 Kilo sogenanntes Lev-Methamphetamin, zehnmal weniger “wirksam” als Methamphetamin. Dazu 3,2 Kilo Streckmittel (Alaun-Salz) und 700 Gramm einer Mischung von Methamphetamin mit Lev-Methamphetamin.

Was soll das sein? Lev-Methamphetamin? Es kommt immer öfter vor, dass Drogenkuriere die “kleine Schwester von Crystal” im Gepäck haben. Es handelt sich dabei um eine Art Fehlprodukt bei der Herstellung von Methamphetamin. In der Medizin wird es bei ADHS in Medikamenten eingesetzt. Es sorgt für Euphorie und Wohlbefinden und schaltet Erschöpfung aus, hat aber Nebenwirkungen wie Angstzustände, Herzrasen und Schlaflosigkeit. Wichtigster Unterschied zu Methamphetamin: Es hat eine zehnmal geringere psychoaktive Wirksamkeit. Quelle: ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. August 2023 zum Thema der Strafbarkeit.

Drogenkurier glaubte an harte Droge

Der Niederländer wusste laut Staatsanwaltsschaft Weiden nicht, dass er praktisch “nur” Lev-Methamphetamin und Streckmittel schmuggelte. Vor einer hohen Haftstrafe bewahrt ihn das nicht. Es bleibt bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Diese liegt bei Methamphetamin-Base bei 5 Gramm, bei Lev-Methamphetamin bei 50 Gramm. Da ist er weit darüber.

Fraglich bleibt, ob die Käufer in den Niederlanden bewusst getäuscht werden sollten. Oder ob es sich um einen Fehler im Herstellungsprozess handelte und die Hintermänner in der Slowakei unabsichtlich minderwertige Ware verkauften.

Angeklagter schweigt

Der 35-Jährige gesteht zu Verhandlungsbeginn über eine Erklärung seiner Anwältin Christin Kiener die Einfuhr. Aber er beantwortet keine weiteren Fragen. Zu den unbekannten Hinterleuten in der Slowakei sagt er nichts, ebenso wenig zum Bestimmungsort in den Niederlanden. Die Verteidigerin führt eine siebenjährige Tochter ins Feld, um die sich der Angeklagte nach der Haft kümmern möchte. Erst jetzt, während der Untersuchungshaft in Weiden, habe er von seiner Vaterschaft erfahren.

Die Strafkammer am Landgericht Weiden verurteilt den 35-jährigen am Mittwoch zu sechs Jahren und drei Monaten Haft. Davon wird er einige Zeit im Bezirkskrankenhaus verbringen: Das Gericht ordnet die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Der Sachverständige, Landgerichtsarzt Dr. Bruno Rieder, sieht die Voraussetzungen dafür gegeben (u. a. Hang zum Missbrauch von Rauschmitteln, Aussicht auf Behandlungserfolg).