Mit Cannabis-Biomüll erwischt: 80-Jähriger bleibt in Haft

Weiden. Ein 80-jähriger Angeklagter ist am Montag vor dem Landgericht Weiden zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Er hatte im Frühjahr 2023 den Biomüll einer abgeernteten Cannabis-Plantage von Thüringen nach Bayern transportiert.

Er will heim. Daraus wird vorerst nichts. Der 80-jährige Angeklagte vor der Urteilsverkündung. Foto: Christine Ascherl

Bei einer Kaffeepause an der Autobahnrastanlage Waldnaabtal bei Windischeschenbach war der Rentner aus Niederbayern eher zufällig kontrolliert worden, weil er falsch parkte. Schleierfahnder der Grenzpolizei Waldsassen fanden auf seinem Hänger Grünabfälle von Cannabis-Pflanzen. 613 Wurzelballen. Ein Sachverständiger rechnete den Ertrag auf 28 Kilogramm Marihuana hoch und damit das 118-fache der nicht geringen Menge.

Das brachte dem Niederbayern Anfang 2024 vor der Strafkammer des Landgerichts Weiden satte acht Jahre Haft ein. Diese Strafe wurde vom Bundesgerichtshof in der Revision einkassiert, weil unmittelbar nach dem Urteil das neue Konsumcannabisgesetz in Kraft trat. Der Strafrahmen ist jetzt niedriger.

Richterin: “Sie könnten mein Großvater sein”

Das Landgericht Weiden muss damit am Montag neu verhandeln. Die Strafkammer orientiert sich nach ganztägiger Verhandlung am unteren Rand des Strafrahmens für bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: fünf Jahre. Die Richterinnen Janina Leinhäupl und Franziska Kleber berücksichtigen dabei durchaus das Alter des Angeklagten. Richterin Janina Leinhäupl: “Sie könnten mein Großvater sein.”

Der an Rheuma leidende Angeklagte wird heuer 81. Ihm stehen noch drei Jahre im Gefängnis bevor, weil die zwei Jahre Untersuchungshaft angerechnet werden.

Haftbefehl bleibt bestehen

Die Nachsicht der Richterinnen geht nicht so weit, den Haftbefehl aufzuheben. Dann hätte der 80-Jährige die Wochen bis zum Haftantritt in Freiheit leben können. Das war sein dringender Wunsch. Seine 83-jährige Partnerin in Niederbayern ist krank und brauche seine Hilfe.

“Wir haben sehr mit uns gerungen. Menschlich können wir das nachvollziehen”, sagt Richterin Janina Leinhäupl. Trotzdem: Der Haftbefehl bleibt bestehen. Das Gericht schließt Fluchtgefahr nicht aus. Der 80-Jährige wird am Abend in Fußfesseln wieder zurück in die JVA gebracht.

An Gefangenenbefreiung aus JVA Straubing beteiligt

Warum so drakonische Strafen und Maßnahmen? Der freundliche ältere Herr hat eine erstaunlich große kriminelle Vergangenheit. Der Rentner hat über 30 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht. Weder Richterinnen, noch Staatsanwalt und Verteidiger waren schon auf der Welt, als er sein erstes Delikt beging: Mofa fahren ohne Führerschein 1961.

Es folgten weit spektakulärere Straftaten, darunter eine versuchte Gefangenenbefreiung eines Mithäftlings aus der JVA Straubing mit Schusswaffengebrauch. Das brachte dem Angeklagten 1971 neun Jahre wegen versuchten Mordes ein.

Im Gefängnis lernte er – neben drei Fremdsprachen und einem Fernstudium – Freunde fürs Leben kennen. Als er in den 2000er Jahren unverschuldet seinen Arbeitsplatz verlor, holte er als Drogenkurier für einen Knastkumpel ein Kilo Kokain aus den Niederlanden. Er saß weitere 4,5 Jahre – und es sollten nicht die letzten sein.

Im Ahrtal vom Hubschrauber gerettet

Die letzte Strafe verbüßte er bis 2019 in Rheinland-Pfalz, wo viel Freigang gewährt wurde. Der Angeklagte mietete deshalb eine Ferienwohnung im Ahrtal an, die er danach behielt und wechselweise in Rheinland-Pfalz und Bayern lebte. Als die Flut kam, verlor er seinen ganzen Hausrat. “Die gesamte Einrichtung, die ganze Kleidung – alles ist einfach zum Fenster rausgeschwommen”, erinnert er sich vor Gericht. Ein Hubschrauber der Polizei Wiesbaden rettete ihn vom Dach.

Die Flut war nach seiner Erzählung auch der Grund, warum er sich ab 2022 an einer Cannabis-Plantage in Thüringen beteiligte. Gegen Bezahlung half er alten Kameraden beim Aufbau der Zucht in einer alten Spinnerei. Er bestellte Materialien (“alles legal”) und sah sich ab und zu die Fortschritte an. Mindestens zwei Ernten wurden eingefahren, eine davon war ein “vollkommener Flop”. Schließlich habe er sich für das Wegfahren der Gartenabfälle anheuern lassen. Der Cannabis-Kompost sollte nach Niederbayern gebracht werden, weil er dort eine nicht bewachte Deponie kannte.

Staatsanwalt will höhere Strafe

Der Angeklagte redet seine Rolle klein und bringt damit Staatsanwalt Christoph May auf die Palme, der “keinen Bonus für Räuberpistolen” geben will. Ihm sind die fünf Jahre zu wenig. Zumindest mit dem Aufrechterhalten des Haftbefehls setzt er sich durch, zum Missfallen der Verteidiger Rouven Colbatz und Andreas Angerer. Eine Flucht sei schon aus gesundheitlichen Gründen für den Angeklagten und seine Frau nicht möglich, so die Verteidiger.

Rechtsmittel gibt es nicht mehr. Es besteht noch die Möglichkeit einer Haftbeschwerde zum Oberlandesgericht Nürnberg mit fraglichem Erfolg.

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1 Kommentare

Udo - 18.03.2025

In Fußfesseln? Einen 80-Jährigen? Justitia, wohin hast du geblickt?