Müllskandal in Tschechien: Grünen-Anfrage im Landtag – Unternehmen nimmt Stellung
Weiden/München. Die mögliche illegale Müllentsorgung durch eine Oberpfälzer Entsorgungsfirma in Tschechien bleibt ein heißes Eisen. Das Unternehmen weist alle Schuld von sich; die Staatsanwaltschaft rechnet dagegen mit "einem länger andauernden Ermittlungsverfahren". Und auch der Landtag befasst sich mit dem Müll-Skandal im Nachbarland.

Von nichts gewusst: Auf diesen Nenner lässt sich ein Schreiben bringen, in dem das Unternehmen mit Sitz in Weiden seine Kunden informiert. Der Unternehmer aus Weiden hat es OberpfalzECHO zur Verfügung gestellt.
Der Inhalt: “Die Firma recycelt am Standort in Wernberg-Köblitz unter anderem glasfaserverstärkte Kunststoffe aus dem Rückbau von Windkraftanlagen. Dabei ist die Firma als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb immer bedacht, ihre Stoffströme nur in hochwertige und zugelassene Verwertungswege zu bringen.” Ja, man habe glasfaserverstärkte Kunststoffe aus Windkraftanlagen an einen Betrieb in Tschechien geliefert. Aber man habe nichts von einer Umleitung dieser Stoffe auf die jetzt entdeckten Deponien gewusst.
Der Oberpfälzer Unternehmer beteuert in dem Schreiben, dass die Firma in Tschechien vor der Anlieferung der glasfaserverstärkten Kunststoffe besucht und überprüft wurde. Man habe selbst erst aus der Tagespresse erfahren, dass möglicherweise Abfälle auf Anlagen ohne ausreichende Genehmigungen gebracht worden seien. “Das war für unsere Firma zu keiner Zeit bekannt.”
Er verweist auf eine angebliche Stellungnahme der tschechischen Firma, in der diese die Verantwortung für die Umleitung der aus der Oberpfalz gelieferten Stoffe übernehme. Es existiere zudem eine “anwaltliche Erklärung”, dass die Oberpfälzer Firma die Stoffe korrekt deklariert habe. Der Unternehmer scheint optimistisch: “Wir gehen davon aus, dass das anhängige Verfahren kurzfristig eingestellt wird.”
Staatsanwälte beider Länder haben sich getroffen
Danach sieht es aktuell nicht aus. “Wir rechnen mit einem länger andauernden Verfahren”, sagt Oberstaatsanwalt Christian Härtl am Mittwoch. Er bestätigt auf Nachfrage, dass man sich letzte Woche mit den tschechischen Kollegen im Nachbarland getroffen habe, um die weitere Zusammenarbeit bei den Ermittlungen zu besprechen.
Die Weidener Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf “illegale Verbringung nicht gefährlicher Abfälle” (Paragraph 18 b des Abfallverbringungsgesetzes). Adressat war ein Betrieb in Ostrava, der die Stoffe nicht ordnungsgemäß entsorgte. Die Firma soll illegale Deponien mit hunderten Tonnen Müll angelegt haben. Dazu ermittelt die tschechische Staatsanwaltschaft.
Anfrage im Landtag
Unabhängig davon war der Müllskandal Thema im Landtag. Die Weidener Grünen-Abgeordnete Laura Weber und ihr Kollege Patrick Friedl hatten eine Anfrage zum Plenum gestellt. Diese wurde am Donnerstag beantwortet.
Die Frage war: “Ich frage die Staatsregierung,
- welche Kenntnisse sie zu den illegalen Mülldeponien in Tschechien und der Beteiligung eines bayerischen Unternehmens hat,
- wie das weitere Vorgehen auf bayerischer Seite zum formalen Rückholersuchen der tschechischen Regierung ist
- und wofür die 2,1 Millionen Euro staatliche Beihilfe aus einem Förderprogramm des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, die die betroffene Firma im Jahr 2023 erhalten hat, verwendet wurden?”
Rückführung hunderter Tonnen Müll “in Abwicklung”
Die Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz: Fünf Lkw, die in Jiříkov in Tschechien auf Intervention der Bürgermeisterin nicht mehr abgeladen wurden, sind inzwischen zurück bei der Oberpfälzer Entsorgungsfirma, von der die Verbringung nach Tschechien ausging. Die Rückholung wurde von Regierung der Oberpfalz in Abstimmung mit dem tschechischen Umweltministerium veranlasst.
Seit 5. Februar liegt ein weiteres Rückholersuchen des tschechischen Umweltministeriums vor. Es betrifft neben in Jiříkov bereits abgeladenen Abfällen unbekannter Herkunft weitere Abfälle, die nahe Brno/ Brünn lagern. “Insgesamt betrifft das weitere Rückholersuchen mehrere hundert Tonnen Abfälle. Die CZ-Behörden ordnen diese Abfälle gleichfalls grenzüberschreitenden Transporten zu, die durch die Oberpfälzer Entsorgungsfirma veranlasst worden seien.” Die Regierung der Oberpfalz habe die Firma zur Rückführung auch dieser Abfälle aufgefordert. Das befinde sich “noch in der weiteren Abwicklung”. Soweit das Umweltministerium.
Freistaat förderte Unternehmen mit 2,1 Millionen Euro
Nach Auskunft des bayerischen Wirtschaftsministeriums wurde die Oberpfälzer Entsorgungsfirma im Jahr 2023 mit Fördermitteln in Höhe von 2,1 Millionen Euro aus Mitteln der Bayerischen Regionalförderung (BRF) unterstützt. In der BRF können gewerbliche Investitionen gefördert werden. Bei der Oberpfälzer Entsorgungsfirma wurde die Neuerrichtung einer Betriebstätte, einschließlich der fest verbauten Anlage zur Verwertung von Batterien gefördert.
Nicht der erste Verdacht gegen Unternehmen
Wie aus der Antwort der Justizministeriums an den Grünen-Abgeordneten Patrick Friedl hervorgeht, waren es nicht das erste Mal, dass gegen das Entsorgungsunternehmen ein Verdacht vorliegt. Damals ging es um geschredderte Altreifen, die in einem Steinbruch in Tschechien gefunden wurden.
Die Antwort im Wortlaut:
“Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Weiden wurden dort im Jahr 2020 im Zusammenhang mit dem betreffenden Entsorgungsunternehmen Vorermittlungen wegen der Verbringung von insgesamt 260 Tonnen an geschredderten Reifen in einen Steinbruch in Kojetice (Tschechien) geführt. Ausgangspunkt war eine Erkenntnisanfrage der tschechischen Behörden zu diesem Unternehmen. Die tschechischen Ermittlungen richteten sich gegen ein dort ansässiges Unternehmen, das die zerkleinerten Reifen angefordert hatte.
Nachdem sich aus den Vorermittlungen nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Weiden keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Straftat seitens des Verantwortlichen des deutschen Entsorgungsunternehmens ergeben hatten, wurde von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen. Die Regierung der Oberpfalz war in die Prüfungen des Sachverhalts eingebunden.”
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