Nach acht Jahren Ermittlungen wegen Betrugs: Prozess gegen Immobilienmakler (44)

Weiden. Die Geschädigten haben lange auf diesen Moment gewartet: Noch heuer könnte der Prozess gegen einen Immobilienmakler (44) aus Weiden beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm zwölf Fälle des Betrugs vor. Schadenssumme laut Anklage: 740.000 Euro.

Justiz Amtsgericht Stau vor der Justiz: Am Dienstag wurde gegen eine Einbrecherbande verhandelt, die im Mai 2023 in Moosbach unterwegs war. Foto: Christine Ascherl
Heißer Herbst am Landgericht: Es stehen mehrere große Prozesse an. Foto: Christine Ascherl

Endlich, möchte man sagen. Denn: Nach Erkenntnis der Ermittler betrügt der 44-Jährige mindestens seit dem Jahr 2014 andere Menschen. Damals war er Hauptsponsor des Eishockeyvereins “Blue Devils” in Weiden. Seine Masche: Er schloss Lebensversicherungen auf Spieler ab, kassierte die Provisionen und lebte davon auf großem Fuß. Auf einen einzigen Stürmer liefen damals zwölf Versicherungen. Als nicht eingezahlt wurde, flog der Schummel auf.

Ein Urteil in dieser Sache fiel im Prozess 2022: Es gab 1 Jahr und 9 Monate Haft – ohne Bewährung. Der damalige Richter des Amtsgerichts Weiden begründete dies mit dem fehlenden Unrechtsbewusstsein des selbstbewussten Maklers. Das Urteil ist bis heute nicht rechtskräftig. Der Weidener legte mit seinem Anwalt Oliver Plate Berufung ein. Diese ist noch nicht verhandelt. Zuständig ist das Landgericht Weiden.

Staatsanwaltschaft: Schon vor sechs Jahren 1,5 Millionen Schulden

Der Weidener fuhr währenddessen weiter in schicken Wagen durch die Stadt. Um seinen – laut Anklagebehörde – “exzessiven Lebensstil” zu erhalten, habe er sich betrügerische Einnahmenquellen verschafft, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Dabei habe sich der Schuldenstand 2016 schon auf eine halbe Million Euro belaufen. 2018 hätten die Verbindlichkeiten 1,5 Millionen Euro erreicht. Trotzdem lebte er weiter auf großem Fuß.

Angeklagt sind zwölf mutmaßliche Betrugsfälle, die sich zwischen 2017 und 2021 ereignet haben sollen. Im Kern soll die Vorgehensweise immer ähnlich gewesen sein: Der Makler vermittelte Privatpersonen, die ein Haus bauen wollten, Kredite. Dann spiegelte er ihnen beispielsweise vor, diese Kredite durch bessere ablösen zu können. Die Geschädigten müssten ihm dafür nur die Summen überweisen. Das Geld steckte er laut Staatsanwaltschaft für sich selbst ein. In den meisten Fällen zahlte er am Ende einen kleinen Teil zurück, manchmal gar nichts.

Beispiel: Ein Ehepaar wollte eine Wohnung in Speichersdorf kaufen. Es nahm bei einer Bank einen Kredit über 134.000 Euro auf 25 Jahre Laufzeit auf. Der Angeklagte machte dem Paar vor, die Laufzeit auf 15 Jahre verkürzen zu können, wenn es weitere Verbraucherkredite über 100.000 Euro aufnähme. Die Eheleute taten dies und überwiesen 97.000 Euro an den 44-Jährigen. Die ist er ihnen – bis auf 3.000 Euro – laut Anklage bis heute schuldig.

Hauptgeschädigter ist der frühere Kompagnon

Größter Batzen der Anklageschrift ist der Schaden bei seinem früheren Kompagnon der Agentur in Weiden. Diesem soll er vorgemacht haben, 333.000 Euro in “Nato-Häuser” investieren zu wollen. Es wurden vier Darlehensverträge geschlossen. Laut Ermittlungsergebnis steckte er das Geld selbst ein. Seinem Partner soll er erzählt haben, der Verkäufer der “Nato-Häuser” habe ihn geneppt.

Und so weiter – und so fort. In der Anklage heben sich zwei Fälle des mutmaßlichen Betrugs an Sportvereinen ab. Einer betrifft die SpVgg SV. 2019 war ein Sponsoring über 64.000 Euro auf zwei Jahre vereinbart. Der Angeklagte soll nur sporadisch etwa 29.000 Euro gezahlt haben. Zweiter Fall ist ein Werbevertrag mit den “Ice Tigers” aus Nürnberg. Der Werbevertrag über zwei Jahre hatte ein Volumen von 35.000 Euro, es sollen nur 3.800 geflossen sein.

Staatsanwaltschaft beantragt erfolglos Haftbefehl

Die Anklage wurde schon im Juni 2023 erhoben. Nach Auskunft von Landgerichtssprecher Matthias Bauer ist im Juli 2023 eine zweite Anklage dazugekommen. Sie enthält den Fall einer Frau, der der Angeklagte rund 80.000 Euro abgeknöpft haben soll.

Der Angeklagte befindet sich auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft war im Frühjahr 2024 mit einem Antrag auf Haftbefehl gescheitert. Die Ermittler sahen Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Nach der Haftvorführung am Amtsgericht musste die Kripo den 44-Jährigen aber wieder laufen lassen. Der Haftrichter hob den vorläufigen Haftbefehl auf. Anwalt Plate verbuchte dies damals als Erfolg: “Der dringende Tatverdacht gegen meinen Mandanten hat sich nicht bestätigt.”

Prozessbeginn: Möglicherweise noch in diesem Jahr

Das Hauptverfahren ist nach Auskunft des Landgerichtssprechers eröffnet. Einem Prozessbeginn stünde damit nichts mehr im Weg. Laut Bauer fanden Erörterungsgespräche mit dem Verteidiger des Maklers statt. Dies ist möglich, beispielsweise, um den Prozessablauf zu erörtern. Über den Inhalt darf er keine Auskunft geben. Ein Termin für die Hauptverhandlung sei noch nicht festgelegt.

Zur Verhandlung stehen im Herbst allerdings einige größere Fälle an: darunter mehrere Raubüberfälle (Handy-Messer-Raub in Weiden, Schmuckgeschäft Pressath, “Rio”-Raub Grafenwöhr, Gebrauchtwagenhändler in Neuhaus). Die Tatverdächtigen in diesen Fällen befinden sich allesamt in Haft, sie werden daher vorrangig verhandelt. Es könnte Ende des Jahres werden, bis auch der Immobilienmakler an der Reihe ist.

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