Nachts im Gericht: Rekordbesuch bei „Blickpunkt Justiz“
Weiden. "Warum ist der Saal so hoch?" "Warum sind die Strafen so milde?" "Was ist die höchste Strafe, die es gibt?" Matthias Bauer, Sprecher des Landgerichts Weiden, hatte es am Mittwoch mit einem aufmerksamen Publikum zu tun.
Matthias Bauer, Richter am Landgericht, bestritt einen Vortrag in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule: „Blickpunkt Justiz“. Beachtliche 50 Zuhörer waren in den Schwurgerichtssaal gekommen.
Wie es das Leben spielt, kam ausgerechnet der Richter zu spät: Die Verhandlung der 2. Strafkammer zog sich am Mittwoch bis 19.20 Uhr. Kaum war das Urteil verhängt (6 Jahre für Crystal-Einfuhr), eilte Bauer weiter zum Vortrag. Die Robe ließ er an – gleich ein schönes Anschauungsstück. Bei Richtern ist der Besatz am Kragen aus Samt, bei Anwälten aus Seide.
„Wir sind nicht lasch“
Um die Fragen zu beantworten: Der Schwurgerichtssaal ist deshalb so hoch, weil das Gebäude vor 57 Jahren gebaut wurde. Damals wollte man die Ehrwürdigkeit des hohen Gerichts wohl auch mit der Raumhöhe unterstreichen. Die härteste Strafe, die in Deutschland verhängt werden kann, ist „lebenslang“ bei Mord und Totschlag. Eine früheste Entlassung ist dann nach 15 Jahren möglich. Ist der Täter dauerhaft gefährlich, kann noch Sicherungsverwahrung draufgepackt werden: „Dann kann es sein, dass er sein ganzes Leben drinbleiben muss.“
Bleibt die Kritik an „milden“ Urteilen. Der Weidener Landgerichtssprecher widersprach. „Wir machen die Urteile nicht aus dem Bauch heraus. Es gibt ein Gesetz.“ Der Strafrahmen sei vorgegeben. Beispiel Diebstahl: Geldstrafe bis zu fünf Jahre. Je nach Schwere des Delikts müsse die Strafe in diesen Rahmen eingeordnet werden. „Und seien Sie versichert: Wir sind nicht lasch.“ Bauer berichtete aus der Verhandlung vom Mittwoch, in der 6 Jahre für einen fränkischen Drogendealer verhängt wurden. „Milde ist hier nicht angebracht.“ Crystal sei nach wie vor ein „Riesenproblem“, die Droge sei in Tschechien viel zu leicht und viel zu billig zu haben.
Dieselklagen flauen ab
Ein paar Zahlen hatte der Landgerichtssprecher auch parat: Das Landgericht (zuständig für WEN, NEW, TIR) verzeichnete 2022 exakt 564 Zivilklagen, die von vier Richtern bearbeitet wurden. „Vor zwei Jahren waren das aufgrund der Diesel-Klagen noch viel mehr.“ Die Kollegen am Amtsgericht (zuständig für WEN und NEW) beschäftigten sich mit 816 Zivilsachen.
Fünfstellig sind die Zahlen bei der Staatsanwaltschaft: Dort kamen im letzten Jahr 18.556 Strafverfahren auf den Tisch. Ein Großteil wird eingestellt oder per Strafbefehl erledigt. Die 19 größten Fälle landeten beim Landgericht (ab einer Straferwartung von vier Jahren). 953 Strafsachen wurden von Richtern des Amtsgerichts verhandelt. Auch interessant: 947 Familiensachen mussten entschieden werden. 766 Mal ging es um Abschiebehaft.
Im Gefängnis ist noch Platz
Die Mitarbeiter in den Geschäftsstellen und die Rechtspfleger sorgen dafür, dass bei der Justiz alles rund läuft. Sehr interessiert war das Publikum auch am Weidener Gefängnis: Die JVA am Almesbacher Weg hat 120 Haftplätze plus 10 im offenen Vollzug. Davon waren 2022 durchschnittlich 87 belegt.
Die rund 50 Gäste bekamen dann zu fortgeschrittener Stunde noch die Gelegenheit für Einblicke, die sonst nicht möglich sind. Sie besichtigten das Besprechungszimmer der Strafkammer. Sie saßen Probe in den kargen Arrestzellen, in denen in Verhandlungspausen die Angeklagten „geparkt“ werden. Wachtmeister Matthäus Adam erklärte die Videoanlage für Zivilverfahren. Sie macht es möglich, Anwälte und Mandaten auf der ganzen Welt zuzuschalten. Aber auch das Büro des Landgerichtspräsidenten stand den Besuchern offen – samt Sofa.
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