Nicht alles ist erlaubt: Wann Hass im Internet zur Geldstrafe führt
Weiden. "Erschießen, aufhängen, Gliedmaßen abschneiden": Was ist erlaubt in den Kommentarspalten und Chatforen - und was nicht? Bei der Kripo Weiden beschäftigt sich das Kommissariat 5 mit politisch motivierter Kriminalität. Dazu gehören auch Hass-Postings.
“Das K5 hat inzwischen fast täglich mit Hasskriminalität zu tun”, berichtet Leiterin Nicole Götz. Die Zahlen sind stark gestiegen. Kommissar Thomas Völkl hat Beispiele aus der täglichen Arbeit dabei. “Früher wurde so jemand erschossen und gut.” “Unsere Goldstücke bei der Arbeit!!! Kugel zwischen die Augen!!!” Oder jüngst unter einem Foto des deutschen Basketballers Dennis Schröder: “Eine Kuh, die im Pferdestall geboren ist, wird auch nicht zum Pferd.”
Beleidigen, Abwerten, Anstacheln, Bedrohen: Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen in Volksverhetzung, Beleidigung, Bedrohung und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. Den Nutzern müsse klar sein: “Das Internet ist kein rechtsfreier Raum”, sagt Völkl. Der Hass bleibt nicht ungeahndet. Die Staatsanwaltschaft Weiden bestraft Postings dieser Art in der Regel mit einer Geldstrafe von etwa 30 Tagessätzen, also einem Monatslohn.
Beispiel: “Der grüne Schrei” – Geldstrafen für 39 Nutzer
Gegebenenfalls muss auch der verantwortliche Administrator dafür geradestehen. Ein Beispiel aus der Region ist der Facebook-Kanal “Der grüne Schrei”, der zu Spitzenzeiten rund 4.000 Mitglieder zählte. Seit der Corona-Pandemie ergoss sich hier Hass auf Politiker, engagierte Frauen, Flüchtlinge. Das Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte erstattete Anzeige. Letztlich stellte die Kripo 42 Nutzer fest, die strafbare Inhalte gepostet hatten. 39 – also fast alle – konnten ermittelt werden. Drei fielen weg, weil sie im Ausland lebten. Der Rest zahlte Geldstrafen.
Administrator Helmut Bauer aus Eslarn stand in der Folge vor Gericht. Die strafbaren Postings stammten zwar nicht von ihm. Aber er wäre verpflichtet gewesen, solche Kommentare zu löschen. Dass er sie bemerkt hatte, war unstrittig: Er hatte selbst permanent gepostet.
Häufigste Plattform: Facebook
Teilweise sind die Schreiber einfach zu identifizieren. “Viele verschleiern ihre Identität gar nicht”, sagt Völkl. “Sie haben überhaupt kein Unrechtsbewusstsein.” Der Hass-Poster ist meist der Durchschnittsbürger “Ü40”. Oft fallen gegenüber der Kripo Sätze wie “Das wird man doch noch sagen dürfen” oder “Das habe ich so nicht gemeint”. Seit Corona hat sich bei vielen “die Grenze des Sagbaren enorm erweitert”.
“Vielen ist nicht klar, dass sie hier nicht vor einer kleinen Gruppe von Freunden stehen. Sondern vor einem gefüllten Fußballstadion.” Häufigste Plattform ist Facebook, die Kripo ermittelt aber auch bei Einträgen in WhatsApp-Gruppen. Bei welcher Mitgliederzahl eine Öffentlichkeit besteht, ist nicht eindeutig festgelegt. 20 beste Freunde in einer WhatsApp-Gruppe sind nicht gleichzustellen mit 20 Usern aus verschiedenen Bundesländern in einem Spiele-Chat, in den jeder schnell Zugang bekommt.
Fälle an “Respect” melden
Dem Präventionsbeamten Dieter Melzner wäre es ein Anliegen, dass es gar nicht erst soweit kommt. Er rät dazu, Zorn, Ekel und Wut nicht einfach freien Lauf zu lassen. Sondern zu bedenken, was mit einem Eintrag ausgelöst werden könnte. “Lieber eine Nacht drüber schlafen. Und mit drei Bier im Gesicht gar nichts reinschreiben.”
Er rät Geschädigten oder anderen aufmerksamen Internetnutzern zur Strafanzeige. In Deutschland gibt es dazu Respect, die Meldestelle im Netz gegen Hetze. Dort wird der Inhalt geprüft und über Bundes- und Landeskriminalamt an die zuständige Kripo gegeben. Bei Respect gingen seit 2017 rund 100.000 Meldungen ein, ein Viertel davon landete bei der Polizei.
Am Ende will Ermittler Völkl noch etwas klarstellen: “Uns geht es nicht darum, den Leuten in die Köpfe zu schauen. Wir wollen den Rahmen für ein gesellschaftliches Miteinander abstecken.” Der Kommissar erinnert an den erschossenen CDU-Politiker Walter Lübcke als prominentes Beispiel. “Es reicht einer, der sich durch ein solches Klima anstacheln lässt und zur Tat schreitet.”
Hasskriminalität
liegt vor, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf
- Nationalität,
- ethnische Zugehörigkeit,
- Hautfarbe,
- Religionszugehörigkeit,
- sozialen Status,
- physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung,
- Geschlecht/geschlechtliche Identität,
- sexuelle Orientierung,
- äußeres Erscheinungsbild begangen werden.
Straftaten der Hasskriminalität können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche seitens des Täters einer der genannten gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.
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