Niederbayer neuer Jahn-Trainer: Michael Wimmer dirigiert nach Schottland-Exkursion den Umbruch

Regensburg. Eine Auferstehung aus Ruinen soll Michael Wimmer nach Abstieg und Kaderumbruch beim SSV Jahn managen. Der 44-jährige Niederbayer mit Assi-Stationen in der Bundesliga steht für Einsatz, Mut und Intensität – hoffentlich länger als bei seinem Kurz-Abenteuer in Schottland.

Der neue Cheftrainer des SSV Jahn: Michael Wimmer kehrt von seiner Schottland-Exkursion zurück. Foto: SSV Jahn

Noch ist der Staub auf der Großbaustelle des SSV Jahn nach dem sang- und klanglosen Wiederabstieg aus der Zweiten Bundesliga und dem gravierenden Kaderumbruch nicht verraucht – 17 Profis und zwei Schlüsselbetreuer sagen leise servus (lesen sie auch: Jahn zurück in Liga 3: Der totale Umbruch).

Da betritt nach dem großen Kehraus ein neuer Architekt das leergefegte Jahn-Stadion: Michael Wimmer, 44, kehrt nach nur zwölf Spielen an der Seitenlinie von Motherwell FC aus Schottland zurück in die bayerische Heimat und betätigt sich als großer Baumeister in der Oberpfalz.

Von Dingolfing zum Club

Der gebürtige Dingolfinger hat die Hauptstadt der Oberpfalz bisher geschickt umschifft und wuchs in Nürnbergs Nachwuchs in die Fußballfußstapfen, die möglicherweise Spuren beim mittelfränkischen Jahn-Sportchef Achim Beierlorzer hinterließen – jetzt soll er mit ihm zusammen ein Kader-Whiteboard mit Namen füllen, die eine gute Rolle in der Dritten Liga spielen können.

Auf diesem Trümmerfeld muss Wimmer anschließend den Kraftakt vollbringen, aus vielen Einzelteilen ein geschmeidiges, mutiges Team zu formen. Der Heimkehrer unterschrieb einen zwei-Jahresvertrag bis Juni 2027. Im Fußballer-Poesiealbum heißt das dann: „Mehr als ein Job, ein Herzensprojekt in der Heimat.“ Hoffentlich hat das Bekenntnis eine längere Halbwertzeit als bei seiner letzten Station.

Der neue Cheftrainer des SSV Jahn: Michael Wimmer kehrt von seiner Schottland-Exkursion zurück. Foto: SSV Jahn

Emotionaler Heimkehrer mit Ambitionen

„Eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens“, gesteht Wimmer nach nur zwölf Spielen bei den Steelmen des Motherwell FC, einem Traditionsverein aus der Scottish Premiership. Zigarre und Schottenrock tauscht er gegen Kneitinger Helles und dampfende Bratwürste aus der historischen Wurstkuchl.

  • BBC Sport hebt in zwei Artikeln hervor, dass Wimmer die Entscheidung, Motherwell nach nur zwölf Spielen zu verlassen, als „extrem schwierig“ bezeichnet und sich ausdrücklich bei den Fans entschuldigt hat: „I am sorry to all the Motherwell fans; the support you have shown me has been outstanding, and I have loved learning about this wonderful club – Es tut mir leid für alle Motherwell-Fans; eure Unterstützung war großartig, und ich habe es geliebt, diesen wunderbaren Klub kennenzulernen.“
  • The Scottish Sun zitiert Wimmers Aussage als „one of the hardest decisions of my life“, eine der härtesten Entscheidungen seines Lebens.  Gleichzeitig hebt der Bericht hervor, dass Motherwell „widerstrebend ein Entschädigungspaket“ mit Regensburg ausgehandelt habe, um den Wechsel möglich zu machen.
  • Fan- und Expertenreaktionen auf Social-Media-Clips (etwa über YouTube-Reaktionen) schildern eine Mischung aus Verständnis („Family comes first“) und Skepsis („I don’t think he was great, I don’t think he was rubbish. I think, he was just ok.“

Einsatz, Mut, Intensität und Überzeugung

Familiäre Gründe hätten zu seiner Entscheidung, heim zu Frau und Sohn geführt. Doch allen Schuldgefühlen zum Trotz, ein Notnagel soll der Job beim Drittligisten an der Donau nicht sein: „Die Vorfreude ist groß“, sagt Wimmer, „mit der Mannschaft zu arbeiten, zusammenzuwachsen und sich hier beim SSV Jahn etwas aufzubauen.“ Seine Ambition:

Ich erwarte von meinen Mannschaften mit und gegen den Ball hohen Einsatz, Mut, Intensität und Überzeugung. Ich bin ein emotionaler und ehrgeiziger Mensch und will das auch von meinen Spielern sehen. Michael Wimmer

Mit Austria Wien schon mal auf Europa-Kurs

Schon in Nürnberg formte Wimmer von 2010 bis 2018 spätere Profis und lernte früh, dass Tempo und Emotionalität Spiele entscheiden können.  Da fühlt er sich von der Stimmung im Jahn-Stadion schon mal ganz dahoam: „Ich war in den vergangenen Jahren schon das ein oder andere Mal im Jahn-Stadion Regensburg zu Besuch. Mich haben dort die Atmosphäre und die Wucht begeistert, die Fans und Mannschaft zusammen erzeugt haben. Darauf freue ich mich.“

Als Co-Trainer in Augsburg und Stuttgart tastete er sich in die Bundesliga vor, übernahm 2022 sogar interimistisch beim VfB und führte 2023 Austria Wien auf Europapfade. All das belegt: Wo Wimmer anpackt, sprießen Talente – genau das, was Regensburg nach dem Ausverkauf braucht.

Zielstrebiger Talententwickler

Genau das Profil, das sich Sportchef Beierlorzer wünscht: „Michael passt mit Energie und Persönlichkeit hundertprozentig zu uns, er lebt Jahn-DNA.“ Niederbayerische Bodenständigkeit gepaart mit schottischer Zähigkeit – ein Mix, der die zuletzt müden Männer in Rot-Weiß so richtig auf Betriebstemperatur bringen soll.

„Seine Teams wollen mutig und mit hoher Intensität agieren und zielstrebigen Fußball zeigen“, beschreibt Beierlorzer Wimmers Ansatz. Seine Herangehensweise stelle den Menschen und die Mannschaft in den Mittelpunkt, weshalb er auch für die Weiterentwicklung junger Spieler stehe.

Als gebürtiger Niederbayer kennt er den SSV Jahn gut und identifiziert sich mit den Werten und der Spielidee. Er kann und wird unserem Verein viel geben können. Achim Beierlorzer

Der neue Cheftrainer des SSV Jahn: Michael Wimmer kehrt von seiner Schottland-Exkursion zurück. Foto: SSV Jahn

Mehr Braveheart als Hasenfuß?

Pessimisten werden einwenden: „Es kommt nichts Besseres nach.“ Als Zweckoptimisten wollen wir dem neuen Trainer Zeit für den Umbruch geben und postulieren: „Trostloser als chancenloser Letzter mit zwei Auswärtspunkte in der vergangenen Saison kann es eigentlich nicht mehr werden.“ Der erste Schritt in die richtige Richtung wäre da schon, die klassische Fangesang-Forderung zu erfüllen: „Wir wollen euch kämpfen sehen!“

Ein wenig mehr Braveheart als Hasenfuß und Wimmer kann das Jahn-Stadion wieder als Bastion befestigen, von der aus dann auch fußballerische Feldzüge in die anderen Stadien wieder zu einem Punkte-Raubzug werden können. Wichtiger als der sofortige Wiederaufstieg, der ohnehin von unkalkulierbaren externen Faktoren abhängig ist, wäre die Wiedergeburt der Monstermentalität – ein Funke, der auf das Publikum überspringt und endlich wieder Fußball-Leidenschaft entfacht.

Was nun, Herr Beierlorzer? Der Jahn-Sportchef steht nach dem totalen Umbruch vor einer Monsteraufgabe. Collage: jrh/Screenshot

„Servus & Danke“

  • Tim Handwerker – Rückkehrender Linksverteidiger, kam im Winter von Nürnberg, half sofort: „Für mich war es persönlich ein erfolgreiches halbes Jahr, weil ich wieder Fußball spielen konnte … Ich wünsche dem SSV Jahn alles Gute für die Zukunft.“
  • Bryan Hein – Aufstiegs-Flankengott 2024, lernte nun die Kehrseite der Medaille kennen: „Ich habe hier den sportlich schönsten Moment meiner Karriere erlebt – und nun auch den Abstieg. Trotzdem bin ich dankbar, Teil des SSV Jahn gewesen zu sein.“
  • Florian Ballas – Abwehrchef der Drittliga-Vorrunde, Wortführer in der Kabine: „Es war eine aufregende Zeit … Jetzt müssen wir alle die Saison reflektieren und verarbeiten.“
  • Rasim Bulic – Box-to-Box-Sechser mit viel Herz: „Es war eine sehr schöne und emotionale Zeit hier beim SSV Jahn.“
  • Eric Hottmann – Sturmtank und Kreuzbandriss-Comebacker: „Ich habe hier immer vollen Rückhalt gespürt – dafür bin ich sehr dankbar.“
  • Christian Viet – Allrounder, drei Jahre Dienst zwischen Acht und Außenbahn: „Trotz des Abstiegs blicke ich sehr positiv zurück, weil das Menschliche hier wunderbar war.“
  • Leon Cuk – Backup-Rechtsverteidiger, stets zuverlässig: „Auch wenn es sportlich für mich schwierig war, bin ich dankbar, hier gewesen zu sein.“
  • Alexander Bittroff – Routiniersäule, stieg mit 35 noch einmal auf: „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, in meinem Alter noch in die 2. Liga aufzusteigen.“
  • Sebastian Ernst – Ballverteiler mit kurzer, aber intensiver Regensburger Episode: „Ich blicke mit einem positiven Auge auf das Jahr zurück – danke an alle!“
  • Christian Schmidt – Eigengewächs, machte hier seine ersten Profi-Schritte: „Ich habe Freunde fürs Leben gefunden – man sieht sich immer zweimal.“
  • Noah Ganaus – Flügelfeger, verliebte sich in Stadt und Verein: „Der SSV Jahn ist ein Klub mit tollen Fans und tollen Menschen.“
  • Sargis Adamyan – Winter-Rückkehrer, blieb Torjäger im Herzen: „Als ich hier ankam, fühlte es sich an, als wäre ich nie weg gewesen.“
  • Jonas Bauer – Ur-Jahni, seit der U 13 dabei, Innenverteidiger mit Stallgeruch: „Der Verein ist mir sehr ans Herz gewachsen – der Abschied fällt schwer.“
  • Frederic Ananou – Verteidiger, kam, um sich in Liga 2 zu beweisen: „Nach jedem Tief kommt ein Hoch – ich werde die Zeit hier positiv in Erinnerung behalten.“
  • Elias Huth – Aufstiegstorschütze und Publikumsliebling: „Besonders das Aufstiegsjahr bleibt mir in sehr guter Erinnerung.“
  • Max Meyer – Eigengewächs fürs Mittelfeld, neun Jahre beim Jahn: „Ich bin sehr dankbar für die Zeit – wir werden sehen, was die Zukunft bringt.“
  • Anssi Suhonen – Kreativer Leih-Zehner mit feinem Fuß: (kein öffentliches Statement, verabschiedete sich intern still)
  • Christoph Rezler – Athletiktrainer, ein Jahr Muskel-Flüsterer: „Es war nicht immer einfach, aber es hat sehr viel Spaß gemacht.“
  • Tobias Rutzinger – Physiotherapeut, acht Jahre Heiler & Heimlicher Kapitän: „Ich bin dankbar für jeden Menschen im und um den Verein, den ich hier kennenlernen durfte.“

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