Noch 2 Spiele in Liga 2: Schon vor Köln Game over für Party-Crasher SSV Jahn
Köln. Wenn du in der ganzen Zweitliga-Saison auswärts nur einen Punkt holst, rechnet man beim Tabellenführer, der einen Riesenschritt Richtung Bundesliga machen kann, nicht mit einem Kantersieg. Trotzdem gefällt sich der SSV Jahn beim Keller-Club Köln als Party-Crasher.

Ein Punkt als Tabellenletzter auswärts bei einem Aufstiegsaspiranten ist eigentlich ein Grund zum Feiern. Vielleicht nicht mit Sekt, aber zumindest mit einer ehrlichen Bratwurst im Bus. Wenn. Ja, wenn da nicht dieses elend finale „aber“ wäre.
Der SSV Jahn war nach dem verrückten 5:0 der Preußen aus Münster am Freitagabend beim Tabellendritten Magdeburg bereits rechnerisch abgestiegen. Der 1:1-Endstand in Köln besiegelt, was sich monatelang schleichend ankündigte – wie eine versäumte Steuererklärung oder ein tropfender Wasserhahn. Und am Ende regnet es dann durch. Auf dem Rasen, im Herzen, in der Tabelle.
Der Anfang: Pressschlag gegen die Realität
Die Partie beginnt wie erwartet: Der 1. FC Köln macht Tempo, Druck, Krawall. Schon nach 120 Sekunden muss Jahn-Keeper Julian Pollersbeck als Torwart-Alchemist einen abgefälschten Ball mit den Fingerspitzen um den Pfosten drehen. Und dann kommt Eric Martel (3.), der aus der Kategorie „Mittelfeldschlachter mit Schuss“ locker ein frühes 1:0 hätte markieren können – wenn er denn richtig gezielt hätte.
Aber auch der Jahn ist gleich da. Nicht nur körperlich anwesend, sondern richtig lebendig, auf Betriebstemperatur. Sebastian Ernst prüft Marvin Schwäbe mit einem Schuss aus 15 Metern (19.), Bryan Hein zwingt Kölns Hexer zwischen den Pfosten mit einem zweiten Versuch in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zur Ecke (45.+2). So viel offensive Gegenwart hat man auswärts seit dem Oktoberfest nicht mehr gesehen.
Zwischen Ärger und Anarchie: Die Elfmeterfrage
Dazwischen eine Szene, die ein Symbol dieser Saison sein könnte: Christian Kühlwetter zieht an der rechten Strafraumecke ab – der Ball geht aus nächster Nähe gegen die zurückgezogene Hand von Dejan Ljubicic (36.). Kein Elfer, sagt der Schiri. Weil Flo Ballas zuvor wohl um ein Mückenbein im Abseits steht. Der VAR tuschelt lange mit dem Schiri, dann winken beide ab. Der Jahn winkt müde zurück.
So ist das eben, wenn du ganz unten stehst: Der Ball springt dir nicht in den Lauf, sondern ins Gesicht. Der Vollständigkeit und Fairness halber sei aber auch protokolliert: Unmittelbar zuvor benutzt Kühlwetter bei seiner Balleroberung am eigenen 16er wesentlich aktiver den Oberarm. Auch das lässt der Schiri laufen.
Köln trifft, Jahn lebt
Nach der Pause schlägt dann doch die Kölner Klasse zu. Luca Waldschmidt – der in dieser Szene kurz wie ein Champions-League-Spielmacher glänzt – serviert gefühlvollen an den zweiten Pfosten. Tim Lemperle köpft Ziegele weg und lässt Pollersbeck ins Leere laufen (59.). Es sieht ganz wie das 1:0 einer Mannschaft aus, die jetzt doch aufsteigen will.
Aber: Der Jahn lässt nicht los. Nicht aus Hoffnung – sondern aus Trotz. Anssi Suhonen, nach kurioser Vorlage vom Schiedsrichter, flankt präzise, Noah Ganaus scheitert erst mit dem Kopf, steht dann aber goldrichtig – und wird sein eigener Abstauber, 1:1, Minute 75. Wer glaubt, der Jahn hat sich aufgegeben, kennt seine Biografie nicht.
Das Ende: Ein Punkt wie eine Pointe
Köln rennt jetzt verzweifelt, aber kopflos an, Pollersbeck fängt Flanken ab, blockt Köpfe und zementiert die letzte Zeile dieses Kapitels. Nachspielzeit. Ecke. Kopfball. Und wieder ist da dieser Torwart, der in dieser deprimierenden Saison sein Können aufspart für die Spiele, die keinen mehr retten kann. 1:1. Punktgewinn? Ja. Trost? Nein. Der Jahn steigt ab.
Zweiter Auswärtspunkt der Saison. Ein Tor in Köln. Und ein Ergebnis, das niemandem reicht. Der FC verliert die Tabellenführung an den HSV, der Jahn die Rechenschieberillusion. Was bleibt? Ein stolzer, trauriger Abend. Und die Gewissheit, dass der Fußball manchmal gnädig spielt – und am Ende doch sein eiskaltes Script durchzieht.
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