Pelzig, Hartmut und Dr. Göbel – Barwasser hatte Neustadt voll im Griff

Neustadt/WN. Die ausverkaufte Neustädter Stadthalle feierte Frank Markus Barwasser. Der 62-jährige Würzburger, der vor allem als Erwin Pelzig zu einer Kultfigur des politischen Kabaretts geworden ist, begeisterte sein Publikum mit seinem abwechslungsreichen, intelligenten und unterhaltsamen neuen Programm „Der wunde Punkt“.

Peter Gattaut, Frank Markus Barwasser, Rainer Labitzke (von links). Foto: Peter Gattaut

In seinem ungebrochenen Wunsch, die Kompliziertheit der Welt verstehen zu wollen, machte sich der Kabarettist auf eine Reise durch die Welt der menschlichen Kränkungen. Ob als Pelzig, Dr. Göbel oder Hartmut, die Pointen saßen und die Zuschauer hatten ihre helle Freude daran.

Zitate wie „Wenn man plötzlich Andi Scheuer vermisst, weil es bei dem ja nur um Millionen ging und nicht wie jetzt gerade um Milliarden, dann sagt das ja was aus über die Zeit, in der man lebt“ oder „Ich musste mir nach einer Diskussion mit Verschwörung-Schwurblern, Trump und Putin-Anhänger gleich fünf Zeugen Jehovas nachhause einladen, um mich mal wieder in vernünftiger Gesellschaft zu fühlen“ charakterisierten Pelzigs derzeitige Weltanschauung.

Lustiges mit Tiefgang

Ein Statement als Corona-Virus und Anwalt der unter 30-Jährigen regte die Besucher zum Nachdenken an, der Streit mit seiner Zitat-Vorleserin, die daraufhin kurz den Dienst quittierte, brachte spielerisch eindrucksvoll die derzeitige Rolle der Frau in der Welt näher. Barwasser wirkte souverän, aufgeräumt und verstand es, das Publikum mit einzubeziehen. Die Momente als steifer Dr. Göbel mit dem etwas derben Hartmut entwickelten sich zu den Comedy-Highlights des Abends. Ein rundum gelungener unterhaltsamer Auftritt, der die Leute nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken animierte.

„Nur wer die Hosen voll hat, sucht den frischen Wind“

Interview von Peter Gattaut

Cord-Hut, rot-weiß kariertes Hemd, spitze politische Zunge und natürlich die unverwechselbare Bowle mit Würstchenwasser. Wie kamen Sie gerade auf diese außergewöhnliche Mixtur?

Barwasser: In meinem allerersten Soloprogramm war Pelzig ein Typus von insgesamt sieben dargestellten Figuren. Er war neben Dr. Göbel und Hartmut die prägnanteste Erscheinung und so war es naheliegend diese Rolle auszubauen. Doch nach 30 Jahren hat sich auch Erwin Pelzig sehr verändert. Das betrifft nicht nur das Outfit, sondern auch seine Art zu sprechen. Und das Klischee der äußeren Erscheinung über die Inhalte bis an die Schmerzgrenze zu brechen, sind Entwicklungen, die ich sehr gut finde. Das musste auch sein, sonst wäre mir das Ganze zu absehbar und langweilig geworden. Dass meine Ehe mit Pelzig so lange halten würde, hätte ich allerdings selbst nie gedacht.

Sie haben so viele prominente, aber auch ganz gewöhnliche Gäste interviewt. Bestimmt gibt es da ganz besondere Momente, an denen Sie sich immer wieder gerne zurückerinnern, hätten Sie ein paar Beispiele für uns?

Besonders in Erinnerung bleiben mir die Gespräche mit Roger Willemsen, der 2016 leider viel zu früh verstorben ist. Dialoge mit gegenseitigem Respekt, Distanz und immer mit Erkenntnisgewinn. Aufklärer Oswalt Kolle, Biathletin Magdalena Neuner oder die gottbegnadete Opernsängerin Waltraud Meier, die wie ich aus Würzburg stammt, waren ebenfalls unvergessliche Begegnungen. Mit Waltraud habe ich heute noch Kontakt. Ein für mich erinnerungswürdiges Interview führte ich auch mit Horst Seehofer, der genau wie ich einen Hang zur Ironie hat, was im Gegensatz zu mir bei einem Politiker nicht ungefährlich für ihn ist.

Die momentane politische Situation ist nach der Corona-Pandemie und dem derzeit wütenden Krieg alles andere als einfach. Freuen Sie sich manchmal auch, wie viel Stoff unsere Politiker doch immer wieder in dieser Zeit für ihr Kabarett-Programm liefern oder sind sie einfach manchmal nur sprachlos und entsetzt?

Ich bin nicht der Typ, der sich die Hände reibt, wenn einer in die Soße gelangt hat oder wenn alles schlecht läuft. Es wäre viel zu einfach, sich jetzt auf die Apokalypse zu setzen und zu rufen: Ich hab’s schon immer gewusst. Unsere Politik ist zurzeit extrem gefordert und oft auch überfordert. Wir spüren alle den Wendepunkt in Sachen Klimawandel und Energiekrise, das hat ein neues Bewusstsein geschaffen.

Die Umstände, die dazu geführt haben, sind bedrückend und einfach nur schrecklich, selbst die Angst vor atomarer Gefahr ist wieder ein Thema geworden. Ich mache politisches Kabarett, natürlich konfrontiere ich meine Gäste auch mit diesen Gegebenheiten, ich kann ja nicht auf der Bühne zwei Stunden „Heile Welt“ heucheln. Aber andererseits sollte unsereiner auch den Unterhaltungsanspruch nicht aufgeben.

Mal was ganz anderes – Nehmen wir mal an Ihnen würde eine gute Fee erscheinen und Sie hätten zwei Wünsche frei, wie würden diese aussehen? Und was bringt Frank Markus Barwasser so richtig auf die Palme?

Sollte die gute Fee wirklich einmal zu mir kommen, würde ich die beiden Frei-Wünsche zusammenfassen und sie bitten, dass die Generation meines sechsjährigen Sohnes gut durch die Zukunft kommt, dass sie Lösungen findet für die Probleme, die wir ihnen hinterlassen.

So richtig aufregen kann ich mich über den Quatsch und Mist, der von den sogenannten Verschwörungstheoretikern verbreitet und leider von zu vielen unkritisch übernommen wird. Und sollte Donald Trump wieder als Präsident zurückkehren…, nee, lieber nicht aufregen, bevor es so weit ist.

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