Pflegedienst stolpert über Abrechnungen – Zu Haft auf Bewährung verurteilt

Weiden. Das Amtsgericht hat ein Ehepaar aus dem Landkreis Neustadt/WN wegen Abrechnungsbetrugs verurteilt. Der 51-Jährige und die 47-Jährige führten einen ambulanten Pflegedienst, der die Intensivpflege von Beatmungspatienten anbot. Dafür setzten sie Pflegekräfte ein, denen eine erforderliche Zusatzqualifikation fehlte.

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Das Justizgebäude in Weiden. Foto: OberpfalzECHO

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Matthias Biehler verhängte dafür ein Jahr Haft auf Bewährung. Sie müssen zudem 160.000 Euro an die AOK zurückzahlen. Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hatte 31 Fälle und einen Schaden von über 420.000 Euro umfasst.

Anklage deutlich reduziert

Grund für den deutlich eingedampften Umfang: Etliche der etwa ein Dutzend eingesetzten Pfleger hatten laut Geschäftsführer eine “strukturierte Unterweisung” durch eine Kollegin erhalten. Nach Aussage des 51-Jährigen begleitete die Pflegedienstleiterin die Mitarbeiter die ersten zwei bis drei Wochen in den Dienst und zeigte ihnen ihre Aufgaben. Die Aufgaben-Liste sei bei den jährlichen Prüfungen durch den Medizinischen Dienst kontrolliert worden.

Außerdem ist es laut Richter Biehler nicht so, als ob die drei Pflegebedürftigen, um die es geht, unversorgt geblieben wären: “Man muss sehen, dass ja eine Leistung erbracht wurde.” Der ambulante Pflegedienst kam täglich ins Haus und kümmerte sich um die Beatmungspatienten. Abgerechnet wurde der Stundensatz für Intensivpflege von 27,50 Euro. Das summiert sich bei den Patienten über die Jahre 2016 bis 2019 auf die angeklagten 420.000 Euro.

Die Anklage vertrat am Dienstag eine Oberstaatsanwältin der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg. Hier ist die bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) angesiedelt, gegründet 2020.

Hunderte Ermittlungsverfahren “landauf, landab”

Die Verteidigung hatte eine Kanzlei für Medizinstrafrecht aus Koblenz übernommen. Dr. Th. Alexander Peters hat seit 25 Jahren in hunderten von Abrechnungsverfahren Mandanten aus dem Gesundheitswesens vertreten, darunter auch viele Pflegedienste: “landauf, landab”.

Die Zahl der Strafverfahren ist in den letzten Jahren regelrecht nach oben geschnalzt. In Bayern ermitteln seit 2024 drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften, in München I, Nürnberg-Fürth und Hof. Hintergrund der Intensivierung der Strafverfolgung sind nach Auskunft von Peters einige Gesetzesänderungen, die Abrechnungsbetrug stoppen sollen. Krankenkassen, Medizinischer Dienst und Staatsanwaltschaften arbeiten dabei eng zusammen.

Laut Peters führten in der Vergangenheit tausende von Ermittlungsverfahren in vielen Fällen zu Verurteilungen mit zum Teil hohen Freiheits- und (oder) Geldstrafen. Für das Ehepaar ging der Prozess am Dienstag glimpflich aus. Zum Schöffengericht wird üblicherweise bei einer Straferwartung von 2 bis 4 Jahren angeklagt.

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