Polizei informiert über Festnahme: Mörder hatte Helfer

Regensburg. Polizeivizepräsident Thomas Schöniger und Kriminaldirektor Michael Danninger informieren am Dienstagmittag über die Festnahme von Rachid C. Der flüchtige Mörder saß mit seiner Schwester in einem Auto. Der Bart war ab.

Der flüchtige Mörder Rachid C. wurde am Montagabend in Farébersviller, 100 Kilometer nördlich von Straßburg (Bild), festgenommen. Foto: Christine Ascherl

“Die intensive Fahndung nach Rachid C. hat in unter 100 Stunden zum Erfolg geführt”, so Schöniger. Der 40-Jährige sei am Montag gegen 18.10 Uhr in Farébersviller (Frankreich) festgenommen worden. Der Festnahmeort liegt rund 30 Kilometer südwestlich von Saarbrücken entfernt, 100 Kilometer nördlich von Straßburg. Das sind etwa 5 Autostunden von Regensburg entfernt. Farébersviller (deutsch Pfarrebersweiler) ist ein 5000-Einwohner-Ort im Departement Moselle.

Schöniger blickte auf die letzten Tage zurück. Am Donnerstag sei der wegen Mordes zu lebenslang verurteilte Rachid C. gegen 10 Uhr von zwei Würzburger Polizeivollzugsbeamten aus der JVA Würzburg abgeholt. Er sollte zur Hauptverhandlung am Amtsgericht Regensburg vorgeführt werden. Anlass war ein Strafverfahren gegen Rachid C. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in der JVA Straubing in 2021. Nach der Tat war er damals in das Gefängnis nach Würzburg verlegt worden.

Keine Fußfesseln

Bei Abholung sei Rachid C. an den Händen gefesselt worden, Fußfesseln waren nicht angelegt. “Die Handfessseln waren nach momentanen Informationen bis zum Beginn der Verhandlung angelegt”, so Schöniger. Dann habe die Richterin zu Verhandlungsbeginn die Abnahme gestattet, woraufhin die Handschellen entfernt worden seien. In einer Verhandlungspause kurz vor den Plädoyers habe der Anwalt um ein Beratungsgespräch gebeten.

Schöniger schildert den Ablauf, wie er sich nach bisherigen Erkenntnissen darstellt: Die Vorführbeamten brachten Rachid C. und seinen Verteidiger gegen 14 Uhr in ein Anwaltszimmer im Erdgeschoss. Zur Wahrung des Anwaltsgeheimnisses sind dabei üblicherweise keine Beamten anwesend. Die Beamten erkannten laut Schöniger, dass der Raum ein Fenster hat. Sie entschieden sich dazu, dass einer die Tür bewacht, der andere Beamte machte sich auf den Weg nach draußen, um vor dem Fenster zu wachen. “Rachid C. nutzte die Situation aus, aus dem Fenster zu springen und loszusprinten.” Augenzeugen berichten von extremer Geschwindigkeit.

Der Verteidiger (Moritz Schmitt-Fricke aus Mainz) habe die Tür geöffnet und die Flucht mitgeteilt. Der Beamte sprang daraufhin ebenfalls aus dem Fenster und nahm die Verfolgung auf. Der zweite Beamte war noch im Gebäude. Die Verfolgung gelang von der Augustenstraße über die Kumpfmühler Straße bis zur Margaretenstraße, wo der Flüchtige seine Verfolger abschütteln konnte. Mantrailing-Hunde konnten die Spur aufnehmen und bis in Bahnhofsnähe weiterverfolgen, dort verlief sich die Spur.

Die Polizei leitete sofort eine Großfahndung ein, koordiniert von der PI Regensburg Süd. Man habe zur Fahndung alle verfügbaren Streifen zusammengezogen. Jede bekam das Fahndungsfoto aufs Handy. Das LKA leitete eine bundesweite Steuerung ein und leitete die Fahndung in das benachbarte Ausland weiter.

Angehörige in Frankreich

Schöniger: “Gestern führten die Ermittlungen zum Erfolg.” Bundesweit und international wurden nach der Flucht mögliche Anlaufadressen des Algeriers überprüft. Es habe bereits früh Hinweise auf eine Flucht nach Frankreich gegeben. “Wir wussten, dass dort Angehörige leben.” Es begannen verdeckte Ermittlungen und Telefonüberwachungen. In der Folge konnte ein Auto, besetzt mit Angehörigen von Rachid C., auf einer Autobahn in Baden-Württemberg lokalisiert werden. Baden-württembergische Spezialkräfte wurden darauf angesetzt. Sie übergaben mit dem Grenzübertritt die operativen Maßnahmen an französische Spezialeinheiten. Die Ermittler tauschten sich “in Echtzeit” aus.

Die französischen Ermittler blieben dran. Sie behielten die Familie im Visier. Der Coup gelang dann am Montag. Die Zielfahnder vermuteten in einem verdächtigen Fahrzeug in Straßburg neben Angehörigen auch die Zielperson selbst. Als gesichert war, dass im Wagen tatsächlich Rachid C. neben einer seiner Schwestern saß, erfolgte gegen 18.10 Uhr der Zugriff im kleinen Ort Farébersviller. Der Festnahmeort liegt etwa 100 Kilometer nördlich von Straßburg, nahe der deutschen Grenze.

“Die Ermittlungen sind damit noch nicht abgeschlossen”, sagte der Polizeivizepräsident. Vieles lasse eine geplante Flucht vermuten. Die Indizien deuten darauf hin, dass der Flüchtige ein oder mehrere Helfer gehabt hatte. Bei der Festnahme zeigte sich, dass Rachid C. sein Aussehen – besonders seine langen Haare und den Bart – verändert hatte. Er leistete bei der Festnahme keinen Widerstand.

Irre Suche: Sogar ICE nach Hannover gestoppt

“Wir wurden in den letzten Tagen oft mit der Frage konfrontiert, wie die Flucht überhaupt gelingen konnte.” Polizeivizepräsident Schöniger versprach, dass der Vorfall in Zusammenarbeit mit der Polizei Unterfranken und den Justizbehörden gründlich nachbereitet werde. Die Wiederergreifung und der Schutz der Bevölkerung hatte in den letzten Tagen oberste Priorität.

Die Flucht an sich sei nicht strafbewehrt, aber es sei zu prüfen, ob andere Delikte von Rachid C. wie Körperverletzung und Sachbeschädigung begangen wurden. “Der Fluchtweg wird rekonstruiert.” Auch vermeintliche Fluchthelfer stehen im Visier der Strafverfolger. “Strafvereitelung kommt hier in Betracht.”

Nach Auskunft von Kriminaldirektor Michael Danninger wurden im Rahmen der Fahndung 161 Hinweise überprüft. So ging am Samstag ein Hinweis auf eine Sichtung in einem ICE nach Hannover ein. “Der Zug wurde gestoppt.” Ein Fehlschlag. Auch die Hinweise auf Schwandorf führten ins Leere. Er dankte der Polizeiinspektion Regensburg Süd, Kripo, den baden-württembergischen und französischen Kollegen für das außerordentliche Engagement.

Rachid C. noch in Frankreich

Aktuell ist Rachid C. in Frankreich inhaftiert. Eine Überstellung ins Bundesgebiet sei in Bearbeitung.

Aus diesem Fenster des Amtsgerichts Regensburg sprang Rachid C.  Foto: Christine Ascherl
Aus diesem Fenster des Amtsgerichts Regensburg sprang Rachid C. Foto: Christine Ascherl
Nach Prozess im Amtsgericht Regensburg gelingt dem 2011 wegen Mordes an Frieda Hoose in Nürnberg verurteilten Algerier Rachid Chouakri die Flucht aus dem Anwaltszimmer im Erdgeschoss; hier Täter auf der Flucht durch Vorgarten in der Margarethenstraße am 05.01. um 14:49 Uhr. Foto: Christine Ascherl
Nach Prozess im Amtsgericht Regensburg gelingt dem 2011 wegen Mordes an Frieda Hoose in Nürnberg verurteilten Algerier Rachid Chouakri die Flucht aus dem Anwaltszimmer im Erdgeschoss; hier Täter auf der Flucht durch Vorgarten in der Margarethenstraße am 05.01. um 14:49 Uhr. Foto: Christine Ascherl
Nach Prozess im Amtsgericht Regensburg gelingt dem 2011 wegen Mordes an Frieda Hoose in Nürnberg verurteilten Algerier Rachid Chouakri die Flucht aus dem Anwaltszimmer im Erdgeschoss; hier Täter auf der Flucht durch Vorgarten in der Margarethenstraße am 05.01. um 14:49 Uhr. Foto: Christine Ascherl
Nach Prozess im Amtsgericht Regensburg gelingt dem 2011 wegen Mordes an Frieda Hoose in Nürnberg verurteilten Algerier Rachid Chouakri die Flucht aus dem Anwaltszimmer im Erdgeschoss; hier Täter auf der Flucht durch Vorgarten in der Margarethenstraße am 05.01. um 14:49 Uhr. Foto: Christine Ascherl
Nach Prozess im Amtsgericht Regensburg gelingt dem 2011 wegen Mordes an Frieda Hoose in Nürnberg verurteilten Algerier Rachid Chouakri die Flucht aus dem Anwaltszimmer im Erdgeschoss; hier Täter auf der Flucht durch Vorgarten in der Margarethenstraße am 05.01. um 14:49 Uhr. Foto: Christine Ascherl
Nach Prozess im Amtsgericht Regensburg gelingt dem 2011 wegen Mordes an Frieda Hoose in Nürnberg verurteilten Algerier Rachid Chouakri die Flucht aus dem Anwaltszimmer im Erdgeschoss; hier Täter auf der Flucht durch Vorgarten in der Margarethenstraße am 05.01. um 14:49 Uhr. Foto: Christine Ascherl
Foto: Christine Ascherl

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