Prognose: Wie es nach dem Brexit weitergeht

Regensburg. Neun Monate nach dem Brexit-Referendum und eine Woche vor dem offiziellen Antrag auf EU-Austritt Großbritanniens besuchte der Britische Botschafter in Deutschland, Sir Sebastian Wood, am Mittwochabend den Jahresempfang der Wirtschaft in Regensburg. Wie es mit dem nachbarschaftlichen Handel weitergeht, darüber diskutierte der britische Top-Diplomat mit den 240 ostbayerischen Unternehmern und Wirtschaftsvertretern, die der Einladung von IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim und Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz in den Römerhof der IHK gefolgt waren.

Jahresempfang der Wirtschaft IHK Regensburg
Beim Jahresempfang der Wirtschaft (v. l.): IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes, Großbritanniens Botschafter in Deutschland Sir Sebastian Wood,  IHK-Präsident Gerhard Witzany, Handwerkskammer-Präsident Dr. Georg Haber und der stellv. Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger. Foto: altrofoto.de

Im Bezirk der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim unterhalten über 250 Unternehmen Wirtschaftskontakte zum Vereinigten Königreich. Noch ist Großbritannien für Bayerns Unternehmen das wichtigste EU-Ausfuhrland und der drittgrößte Handelspartner weltweit. Ob das so bleibt, bezweifeln die Unternehmen. „Als Wirtschaft fürchten wir die Folgen von beschränkten Wachstumschancen auf beiden Seiten des Kanals“, erklärte IHK-Präsident Gerhard Witzany. Handelshemmnisse brächten „mehr Bürokratie und Kosten verursacht durch Wartezeiten und Kontrollen an den Grenzen“. Keine EU, das bedeute keine Waren- und Dienstleistungsfreiheit, keine gleichen Normen, so Handwerkskammer-Präsident Dr. Georg Haber. „Doch soweit muss es nicht kommen, wenn die Wirtschaft zusammenhält, ihren wechselseitigen Nutzen und das gemeinsame Wirtschaften als ihre Stärke erkennt.“

Botschafter Wood legte den Unternehmen dar, dass seine Regierung „eine ausgeglichene und faire Lösung“ im Verhältnis mit der EU anstrebe. „Wir bleiben offen für Fachkräfte und wollen die EU-Bürger weiter bei uns willkommen heißen.“ Den deutschen Investoren und Geschäftspartner in Großbritannien stellt er ein „größtmögliches Freihandelsabkommen“ in Aussicht. Er hofft heute schon auf schnelle und erfolgreiche Verhandlungen. „Wir waren 40 Jahre lang in der EU und haben dieselben Normen.“

Kein „nein“ zu Europa

Freihandel und der europäische Binnenmarkt sichern in der Oberpfalz und in Niederbayern viele Arbeitsplätze. „Grenzüberschreitend zu denken, zu handeln und zu wirtschaften ist für viele von uns heute eine Selbstverständlichkeit“, erwiderte Witzany dem britischen Gast. Der Austritt Großbritanniens aus der EU schmerze ihn. Er sehe im Brexit jedoch kein „nein“ zu Europa. Die deutsch-britischen Beziehungen blieben „nah, vertrauensvoll und vielfältig“. Botschafter Wood bejahte Witzanys Einschätzung:

Wir verlassen die EU, aber wir verlassen nicht Europa.

Haber wünscht sich von der britischen Regierung, „dass für die Betriebe die nötige Transparenz geschaffen wird, um den gemeinsamen Markt weiter aufrecht zu erhalten und auszubauen.“ Die deutschen Unternehmen erhoffen sich nach dem EU-Austritt rasche Antworten auf Fragen zu Einfuhrzöllen, Visa-Angelegenheiten und Vertragssicherheit. Wood räumte ein, dass seine Regierung im Verhältnis zur EU nun vor einem „enormen institutionellen Wandel“ stehe. Er zeigte sich jedoch zuversichtlich, angesichts der guten Nachbarschaft. „Das macht mir Mut und wir werden unsere Beziehungen zueinander neu gestalten.“

* Diese Felder sind erforderlich.