Prozess nach Raubüberfall in Neuhaus: Verteidiger beharrt auf Versicherungsbetrug
Weiden/Neuhaus. Im Prozess nach dem Überfall auf einen Autohändler in Neuhaus geht es ans Eingemachte. Verteidiger Adam Zurawel will beweisen, dass der Raub fingiert war. Nebenklage-Anwalt Ulrich Weber widerspricht energisch: "Das sind erfundene Geschichten, wilde Fantasien und krude Verschwörungstheorien."
Adam Zurawel, Verteidiger des moldawischen Angeklagten (34), stellt acht Beweisanträge. Alle mit gleicher Stoßrichtung: Zweifel am Opfer zu säen. Er sieht „Anhaltspunkte“, dass der Autohändler (37) den Raubüberfall inszeniert habe, um Versicherungsleistungen zu kassieren. Die Hausratversicherung wurde sechs Wochen vor dem Überfall abgeschlossen.
Anonymer Hinweisgeber schwärzt Autohändler an
Bestärkt habe ihn ein anonymer Anruf eines Autohändlers nach dem ersten Verhandlungstag. Dieser teilte mit: „Der Autohändler verarsche die Strafverfolgungsbehörden, die Staatsanwaltschaft und das Gericht.“ Nach und vor dem Vorfall habe sich der Autohändler ausgiebig im „King’s Casino“ in Rozvadov amüsiert. „Mitnichten leide er unter irgendwelchen Depressionen“, habe ihm der Informant gesagt: „Er würde mit seinem Geld herumschmeißen und seine Großkotzigkeit offenbaren.“
Der Verteidiger will die Handydaten des Autohändlers einholen und damit beweisen, dass dieser sehr wohl ein betriebsbereites Smartphone zur Verfügung hatte. Der Notruf war erst eine Stunde später aus dem Haus eines Bekannten in Windischeschenbach abgesetzt worden, weil angeblich der Handy-Akku leer war. Zurawel behauptet: Der Überfallene wollte den Räubern Zeit zur Flucht verschaffen.
Nach Ansicht von Zurawel bestand akute Geldnot bei dem Autohändler. So hatte er ein gestohlenes Auto verkauft und sollte 30.000 Euro zurückerstatten. Der Verteidiger weist auf „konspirative WhatsApp-Kommunikation“ mit der russischstämmigen Ex-Frau hin. Darin sei von einem „Problem“ geschrieben worden, das er lösen werde.
Ermittlungen auf Versicherungsbetrug „haben nichts ergeben“
Oberstaatsanwalt Peter Frischholz sieht nichts Überraschendes in den Beweisanträgen. Das Ermittlungsverfahren gegen den Autohändler wegen des Verdachts auf Versicherungsbetrug sei eingestellt worden. „Es wurde in alle Richtungen ergebnisoffen ermittelt.“ Der Autohändler wurde sogar abgehört und observiert. Die Ermittlungen hätten nichts ergeben. „Alles, was die Verteidigung jetzt bringt, war von Anfang an in den Akten.“
Auch die Geldprobleme waren bekannt. Der angebliche anonyme Anruf kommt dem Oberstaatsanwalt „schon sehr seltsam“ vor: ein Autohändler, der anonym bleiben wolle und Interna aus dem Prozess kenne?
Nebenklagevertreter: „Wilde Fantasien“
„Das sind erfundene Geschichten, wilde Fantasien und krude Verschwörungstheorien“, sagt Nebenklage-Anwalt Ulrich Weber. Die meisten Fragen seien in der Hauptverhandlung schon geklärt worden, meint Nebenklagevertreter Dr. Gunther Haberl.
Auf Wunsch des Verteidigers wird die Versicherungsvertreterin als Zeugin gehört. Sie schildert, dass der Autohändler schon ab Herbst 2022 immer wieder nach einer Hausratversicherung gefragt haben. Bei zufälligen Begegnungen in der Gastwirtschaft oder beim Bäcker. Er müsse das jetzt endlich mal erledigen. „Ich sagte: Da musst du schon ins Büro kommen.“ Im Januar kam es dann zum Vertrag. Ein alltägliches Prozedere. Die Wertsachen-Deckung wurde aufgestockt, das sei selten, aber nicht ungewöhnlich.
Nach dem Überfall kam er mit seiner Schwester ins Versicherungsbüro: „Er war aufgelöst. Total fertig.“ Der Verteidiger will wissen, ob sie da nicht stutzig wurde. Sie sagt: „Es gibt Schadensfälle, da schließt man heute eine Vollkasko ab und morgen verunfallt derjenige: Sowas passiert.“
* Diese Felder sind erforderlich.