Hinter Gittern weiter gedealt: Acht Jahre für die Hauptangeklagten

Weiden. Das Landgericht Weiden verhängt am Montag insgesamt 26,5 Jahre Haft. Verurteilt werden drei Drogenhändler aus Nittenau und Weiden sowie zwei Beihelfer. Sie verkauften alles: Heroin, Kokain, Crystal, Marihuana, Ecstasy. Der Umsatz von 250.000 Euro wird eingezogen.

Der 38-jährige Hauptangeklagte aus Weiden dealte nicht nur aus der Forensik des Bezirksklinikums Regensburg heraus. Er machte danach im Gefängnis weiter. Mithilfe eines eingeschmuggelten Handys orderte der Mann (38) “Spice” für die Mitinsassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) und Heroin für sich selbst. Kommentar von Staatsanwalt Christoph-Alexander May: “Sie haben in der Zeit mehr telefoniert als ich.”

Angeklagter will zum vierten Mal Therapie

Der Prozess stellt den Sinn des Maßregelvollzugs (Unterbringung nach Paragraph 64 in einer Entziehungsanstalt) infrage. Beispiel: der Haupttäter aus Weiden. Er wird in wenigen Tagen 39 Jahre alt. 18 davon hat er hinter Gittern verbracht: entweder im Gefängnis oder in der Forensik. Dreimal ist bei ihm schon Therapie statt Strafe angeordnet worden (Paragraph 64). Jedes Mal wurde er während der Lockerungen rückfällig, bis man ihn rauswarf. Die Drogenscreenings schlugen auf Heroin an; in seinem Zimmer fand man Spritzen.

Mehr noch: Er verkaufte aus dem Bezirkskrankenhaus Regensburg heraus Heroin, bot es anderen Patienten an. Vorsitzender Richter Peter Werner: “Man sieht daran seine hartnäckige Missachtung der Rechtsordnung, die einer entsprechenden Antwort bedarf.” Die Antwort des Gerichts: acht Jahre Haft für 43 Fälle des Drogenhandels; ein Nein zur Therapie. “Jetzt ist es auch mal gut.” Auch Landgerichtsarzt Dr. Bruno Rieder sah keine Erfolgsaussichten.

Baby im Schwurgerichtssaal

Anders bei zwei weiteren Angeklagten: Für den zweiten Haupttäter (Nittenau, 27 Jahre) wurden acht Jahre Haft verhängt und die Unterbringung angeordnet. Bei den zahlreichen Angehörigen im Schwurgerichtssaal begann sofort die Rechnerei: Ein Jahr ist er schon in U-Haft; zwei Jahre kommt er in den Vorwegvollzug in eine JVA; dann folgen zwei Jahre Therapie im BKH. Zur Halbstrafe kann der 27-Jährige ein freier Mann sein. Ohnehin waren am Montag etliche Freundinnen und Familienmitglieder im Zuhörerraum. Inklusive eines Babys, das im Buggy in den Schwurgerichtssaal geschoben wurde.

Die Erste Strafkammer mit den Richtern Peter Werner und Matthias Bauer verhängte weiterhin fünf Jahre gegen den dritten Komplizen (32). Auch er darf in die Unterbringung. Die Beihelfer – ein kleiner Bruder (21) und die Freundin (35) eines der Drahtzieher – wurden mit vier bzw. 1.5 Jahre Haft geahndet, letzteres auf Bewährung.

Richter Werner hob das “rhetorisch brillante Plädoyer” des Staatsanwalts hervor. May kam immer wieder auf die “absurde Situation” zurück, dass die Taten aus staatlicher Obhut heraus geschahen. “Das ist so extrem. Da fehlen mir fast die Worte.” Er rechnet den Wertersatz auf insgesamt rund 250.000 Euro hoch. Soviel wurde innerhalb eines Jahres mit den Drogen umgesetzt. Der Staat zieht dieses Geld ein, er hat damit einen “Titel”.

Anwalt sieht Fehler in Polizeiarbeit

Von der ursprünglichen Anklage fielen zwei wesentliche Teile weg. Zum einen konnte die “bandenmäßige” Begehung nicht bewiesen werden. Zum anderen wusste die Staatsanwaltschaft zwar aus Vernehmungen von einem Kilo Heroin, das auf dem Gelände des BKH Regensburg vergraben gewesen sein soll. Letztlich waren die beiden zugehörigen Zeugen – zwei Kunden – aber zu widersprüchlich. Verteidiger Rouven Colbatz sah hier “suboptimale” Polizeiarbeit. “Wo war das verbuddelt? Im Garten von Haus 6? Das wurde nie ermittelt. Da wurde nie nachgefragt.”

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Revision ist noch möglich.

* Diese Felder sind erforderlich.