Puppenmuseum in Eslarn schließt seine Türen
Eslarn. Das Puppenmuseum hat nach 35 Jahren geschlossen, nachdem das Haus verkauft und zu einer Wohnung umgebaut wurde. Die Sammlung bestand aus über 3000 Puppen aus aller Welt, konnte aber nicht anderweitig untergebracht werden.

Laut den Überlieferungen reicht die Entstehung des Hauses bis ins Jahr 1948 zurück. In diesem Jahr baute der Turn- und Sportverein am Ortsteil “Bühl” einen Sportplatz und ein Sportheim, in dem Wirtin Anneliese Rewitzer auch gegen Mitternacht noch ein warmes Essen aus der Küche zauberte. Nach dem Verkauf des alten Sportheims 1989 durch die Marktgemeinde an die Familie Linsmeier und dem Bau des neuen Sportzentrum 1990 zogen in den folgenden Jahrzehnten weit über 3000 Puppen ins ehemalige “Sportheim” ein.
Die kleinen und großen Spielpuppen stammten aus verschiedenen Ländern. Um die Puppenkinder im alten Sportheim kümmerte sich die leidenschaftliche Sammlerin Betty Linsmeier, die mit Hausnamen “Stefferl Betty” genannt wurde. Für eine passende Einrichtung mit Vitrinen sorgte der handwerklich geschickte bereits verstorbene Ehemann. Das ehemalige Sportheim entwickelte sich zu einem sehenswerten Puppenmuseum. Große Freude bereiteten der Puppen-Mutti unter anderem die Exemplare aus der Türkei, Kanada, aus den europäischen, afrikanischen und asiatischen Kontinenten, aber vor allem die ehemaligen Spielgefährten ihrer Kinder.
Als Kind musste sich die Puppenmutter mit einem kahl wirkende Holz, ihr erstes puppenähnliche Spielzeug, begnügen. “Werktags zierte ich das Holzscheit mit einer roten und blauen Wolle und an festlichen Sonntagen mit einer weißen Wolle.” Die Figuren aus Plastik und Holz waren für die Puppen-Oma keine leblosen Gegenstände, die man achtlos in die Ecke stellt, sondern liebgewordene “Geschöpfe” mit einer speziellen Geschichte.
Puppen mit Geschichten
Gerne erzählte die Puppenmutter Anekdoten über ihre Lieblinge. In einem Fall war es nur ein unscheinbarer kleiner Puppenfuß, der aus dem Sperrmüll spitzte. Aufgrund des vorhandenen Loches im Plastikkopf verpasste Betty Linsmeier dem Exemplar einfach eine Perücke. Ein anderes Exemplar wurde von Bekannten aus dem Main geangelt und gelangte im Eslarner Puppenmuseum ans “sichere Ufer”.
Das Museum bereicherten aber auch Barbie-Puppen, Schlümpfe, Teddybären und Puppenküchen. Versorgt mit neuen Puppenfiguren wurde Linsmeier von ihren fünf Kindern, ihren Schwestern, Verwandten und Bekannten, die seltene Stücke aus dem Urlaub oder von Flohmärkten mitbrachten. Stolz war die Puppen-Mutter auf ihre Kleinste, die lediglich einen Zentimeter misst und aus einem Nudelpaket stammte. Die größte Puppe mit dem Namen “Jutta” und dem stattlichen Maß von 1,80 Metern erhielt sie von ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter aus dem Saarland, die nach Eslarn gezogen waren.
Regelrecht ins Schwärmen kam Linsmeier bei zwei seltenen thailändischen Tempeltänzerinnen und einer Märchengestalt, die sich vom Rotkäppchen zur Großmutter und zum bösen Wolf verwandeln kann. Eine andere dirigiert mit beiden Händen den Hochzeitsmarsch, eine Porzellanpuppe zeigt sich in einem eleganten Kostüm, eine Holz- und Stoffpuppe in schlichten Kleidern. Andere präsentieren sich in einem schmucken Hosenanzug, einer Tracht, einem flotten Strandkleid oder im hübschen Ballkleid.
Viele der kleinen Hauptdarsteller sind in ihrer typischen Landestracht oder auf einer Schaukel eine wahre Augenweide. Diese aussagekräftige Verwandlung zu landestypischen Personen ermöglicht ein umfangreicher Kleiderschrank. “Bei mir sind alle Puppen gleich schön, aber die Schildkrötenpuppe mit dem Abbild von Papst Benedikt XVI., von der es nur 1000 Stück gibt, ist sicherlich eine der wertvollsten und schönsten”, stellte Linsmeier vor Jahren fest. Das Interesse an der Puppenmutti weckte sogar das Bayerische Fernsehen und die schreibende Zunft.
Nachlassendes Interesse
Nach dem Tod von Christian (2007) und Betty Linsmeier im Jahr 2024 übernahm Sohn Max das mit rund 3000 Puppen gefüllte Museum. Nach dem nachlassenden Interesse der Besucher bahnte sich bereits die Schließung an und nach dem Verkauf an einen Privatmann aus Nürnberg kam das endgültig Aus. Der neue Besitzer wohnt seit vier Jahren mit seiner pflegebedürftigen Mutter in Eslarn und plante nach dem Ankauf einen Umbau des Museums in Eigenregie zu einer Wohnung. “Die Preise für eine Wohnung sind in Nürnberg und Umgebung sehr hoch”, stellte der Rentner fest. Vergeblich versuchte er die Puppenkinder in anderen Puppenmuseen unterzubringen. “Jeder winkte ab und teilte mit, dass keine Kapazitäten mehr vorhanden seien.”
Der traurige letzte Gang
Auch die Gemeinde und Max Linsmeier hatten aufgrund fehlender Räumlichkeiten keine Verwendung. “Durch die feuchten Räume hatte die Puppen schon einen muffigen Geruch angenommen”, fügte Linsmeier an. Auch der Versuch einige schönen Exemplare vor dem Anwesen als Geschenk zu präsentieren schlug fehl. Letztendlich blieb die Sperrmüllabfuhr. Lediglich eine Vitrine mit besonders schönen Sammlerstücken, unter anderen Puppen mit Porzellanköpfen, ist geblieben.
Der nostalgisch eingestellte neue Bewohner sammelte früher Kaminuhren, hatte rund 100 Stück davon und gab nach einem starken Wertverfall die Sammelleidenschaft auf. “Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Marktöffnung in Richtung Osten wurde der Markt von derartigen Sammlerstücken regelrecht überschwemmt.” Da er ein Nostalgiker blieb, möchte er das große Schild “Puppenmuseum” am Haus restaurieren und zur Erinnerung an das Puppenmuseum an der Außenmauer belassen.
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