[Update] Urteil nach Raubüberfall in Neuhaus: Landgericht verhängt 9 Jahre Haft

Weiden/Neuhaus. Das Landgericht Weiden hat einen Moldawier (34) wegen des Raubüberfalls auf einen Autohändler in Neuhaus zu 9 Jahren Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 10 Jahre gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

Rio Raub Landgericht Weiden
Oberstaatsanwalt Peter Frischholz. Foto: Christine Ascherl

[Update 19.15 Uhr] Die 1. Strafkammer mit den Richtern Peter Werner und Vera Höcht bleibt knapp unter der Forderung von Oberstaatsanwalt Peter Frischholz (10 Jahre). Das Gericht folgt damit nicht der Theorie des Verteidigers, der bis zuletzt auf einem Versicherungsbetrug des Autohändlers beharrte. Neben 9 Jahren Haft ordnete das Gericht die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 80.000 Euro an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision zum Bundesgerichtshof ist möglich.

Die Strafkammer ist laut Richter Werner überzeugt durch die Zeugenaussagen der Opfer, die widerspruchsfrei und detailliert das Geschehen geschildert hatten: so, wie es „nur das Leben schreibt“. Er bezeichnete es als ungewöhnlich, dass trotz DNA am Tatort kein Geständnis erfolgt sei. Damit steht fest: Die Verteidigungsstrategie, den Autohändler zum Täter machen zu wollen, ist nicht aufgegangen.

Der Prozess hatte drei Verhandlungstage gedauert, obwohl die Beweisaufnahme überschaubar war. Einziger Beweis war eine DNA-Spur des Angeklagten. Sie war auf der Innenseite des Klebebandes sichergestellt worden, mit dem der Mund der überfallenen Lebensgefährtin des Autohändlers zugeklebt war. Während des Prozesses schwieg der 34-jährige Moldawier, der aufgrund der DNA-Fahndung ein Jahr nach der Tat in Belgien festgenommen werden konnte. Seine einzigen Worte im „letzten Wort“: „Ich bin unschuldig.“

Ab 16 Uhr war plädiert worden: Aus Sicht von Oberstaatsanwalt Frischholz hat sich der Überfall wie angeklagt ereignet. Der Autohändler und seine Frau seien am Abend des 6. März 2023 beim Füttern der Schafe im Gewerbegebiet Neuhaus überfallen worden. Beide wurden mit Klebeband gefesselt und in das Wohnhaus gezerrt. Die Täter drohten, der Frau etwas anzutun. Der Autohändler habe daraufhin den Safe geöffnet. Die Täter flohen nach Überzeugung des Staatsanwalts mit Wertgegenständen (Rolex, Gold, Schmuck) und Bargeld im Wert von rund 87.000 Euro.

„Geschädigter müsste schon ein Spitzen-Schauspieler sein“

Der dritte Verhandlungstag zog sich bis in den Abend. Verteidiger Adam Zurawel hatte über ein Dutzend Beweisanträge gestellt. Er wollte beweisen, dass es sich um einen fingierten Überfall handelte. Hintergrund: Der Autohändler hatte die Wertgegenstände erst sechs Wochen zuvor gegen Diebstahl versichert. Diese Version sei von Polizei und Staatsanwaltschaft geprüft worden, versichert Oberstaatsanwalt Frischholz. „Gefunden hat man nichts.“

Vielmehr spreche eine Vielzahl von Punkten dagegen: „Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass es hier zu einem Überfall gekommen ist. Der Autohändler ist Opfer und nicht Täter.“ Der Tatort sei voller Spuren eines Überfalls: fremde Fußspuren vor dem Tresor; Erde auf dem Fensterbrett, durch das die Geschädigte ins Haus gehoben wurde; die DNA des Angeklagten auf dem Klebeband der Frau.

Übereinstimmend schilderten die ersten Zeugen, dass der Autohändler nach dem Überfall „völlig durch den Wind“ war. Die Versicherungsmaklerin habe bestätigt, dass schon monatelang über die geplante Hausratversicherung gesprochen worden war. Möge er Schulden haben, möge er Problem mit Kunden haben: „Er ist Autohändler. Da gibt es Mängel. Da gibt es mal ein Auto, das aus einer falschen Quelle kommt“, sagt der Staatsanwalt.

Staatsanwalt fordert 10 Jahre

Frischholz erinnert sich an die dramatischen Aussagen der Geschädigten vor Gericht, die sehr mitgenommen wirkten. Das Paar habe glaubhaft dargestellt, dass in seinem Leben nichts mehr ist, wie es war. „Sie müssten schon Spitzen-Schauspieler sein, das alles vorzuspielen. Für mich undenkbar.“ Die DNA des Angeklagten findet sich an der Innenseite des Klebebandes, mit dem der Mund der Frau zugeklebt war. Der Staatsanwalt hat keinen Zweifel, dass der Moldawier Mittäter dieses Überfalls war. Mit einem Geständnis hätte er sich mehrere Jahre Gefängnis sparen können. Er plädiert auf 10 Jahre wegen schweren Raubes.

Nebenklage: „Verleumderische und ehrabschneidende Mär“

Anwalt Ulrich Weber vertritt im Prozess den Autohändler als Nebenkläger. Weber hatte im Verlauf des Tages energisch gegen „die verleumderische und ehrabschneidende Mär des Verteidigers“ protestiert. Selbst bei intensiven Ermittlungen sei gegen den Autohändler nichts gefunden worden. Anwalt Gunther Haberl, der die Partnerin des Autohändlers vertritt, wirft dem Angeklagten vor, in keinster Weise zur Aufklärung beigetragen zu haben: „Kein Geständnis, keine Mittäter benannt.“ Beide fordern ebenfalls 10 Jahre.

Verteidiger bleibt dabei: „Es war ein gestellter Raubüberfall“

Verteidiger Adam Zurawel hat Zweifel. Es habe einen dringenden Verdacht auf Versicherungsbetrug gegeben, die Kripo habe intensiv ermittelt. „Es bestehen begründete Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten. Das reicht für einen Freispruch.“ Er sei überzeugt, dass es sich um einen gestellten Raubüberfall handelte. „Ein Autohändler ist ein Schauspieler. Er muss jede Schrottlaube unter die Leute bringen, als wäre es ein Porsche.“ Bis zuletzt habe er gehofft, dass der Autohändler und seine Partnerin ein Geständnis ablegen würden, weil sie „nicht wollen, dass dieser moldawische junge Mann unschuldig ins Gefängnis geht“.

Der Angeklagte habe bis zu seiner Festnahme als Tagelöhner in Belgien gearbeitet. Seine Mutter, die in Italien lebt, habe ihn unterstützen müssen. In Moldawien hat er Frau und Kinder (9 und 2), die er neun Monate nicht gesehen hat. Wenn er doch so große Beute gemacht habe, dann hätte er doch „eine Safari, eine Weltreise“ machen können. Zurawel fordert Freispruch.

* Diese Felder sind erforderlich.