Raumkonzepte in tschechischen Schelmenromanen analysiert

Pressath. Karl-Heinz Gmehling präsentierte lebhaft seine Dissertation über Fluchtbewegungen in Werken von Ota Filip und Jan Faktor vor interessiertem Publikum.

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Dr. Karl-Heinz Gmehling berichtet beim Kulturkreis Pressath über seine Doktorarbeit an der tschechischen Universität Ústí nad Labem im Fachgebiet Interkulturelle Germanistik. Foto: Heiner Brückner

Dr. Karl-Heinz Gmehling stellte seine Doktorarbeit unter dem Titel „Konstellationen der Flucht in ausgewählten Werken von Ota Filip und Jan Faktor“ lebhaft und charmant vor. Die Veranstaltung, organisiert vom Kulturkreis, lockte zahlreiche Literaturinteressierte in die Gaststube. Die Zuhörer verfolgten gespannt Gmehlings Ausführungen über die Prager Stadtromane „Café Slavia“ von Ota Filip und „Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensackbimbams von Prag“ von Jan Faktor.

Einblick in tschechische Schelmenromane

Üblicherweise dient eine Lesung der Promotion eines neuen Buches. Die Besucher der Lesung in Pressath erlebten jedoch eine fesselnde Darstellung, die weit entfernt von einer monotonen akademischen Vorlesung war. Gmehling, der ursprünglich das Thema „Heimat“ untersuchen wollte, fokussierte sich schließlich auf die Darstellung der Migration und Fluchtbewegungen der beiden tschechischen Autoren, die auf Deutsch schrieben.

Ota Filip, der 1974 zwangsweise aus der ČSSR ausgewandert war, präsentiert Prag und insbesondere Orte wie die Karlsbrücke und das Künstlercafé Slavia als zentrale Schauplätze in seinen Erzählungen. „Im Schatten des Zufalls wohnt stets eine Gemeinsamkeit“, so eines der mitschwingenden Motive in Filips Werken.

Jan Faktor wiederum, der seine jüdische Vergangenheit verbarg und nach der Heirat die Möglichkeit zur Emigration nach Ost-Berlin fand, zeichnet in einem seiner Romane die Lebenszentren rund um die Wohnung der Mutter seines Protagonisten nach.

Menschliche Bewegungen im Raum der Literatur

Nicht nur die Werke selbst, sondern auch die analytische Präsentation durch Gmehling offenbarten neue Perspektiven. Die Untersuchung legt nahe, dass die Erforschung menschlicher Bewegungen in den Geschichten, beginnend im innersten Raum des eigenen Körpers bis hin zu den äußersten Bereichen internationaler Dynamik, bisher vernachlässigte Aspekte der Literaturrezeption freilegt. Diese Ansätze werden im Kontext von Migration und Flucht plötzlich ebenso bedeutend wie die historischen Hintergründe der Erzählungen.

Gmehlings akademischer Werdegang ist ebenso vielfältig wie seine literaturwissenschaftliche Expertise. Nachdem er zunächst Elektrotechnik, Mathematik und Sport in München studiert hatte und als Lehrer arbeitete, führte ihn sein Weg über ein vierjähriges Engagement in Litauen zu den Baltischen Regionalstudien und schließlich zum interkulturellen Germanistikstudium.

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