Razzia bei Pflegedienst: Zoll macht überraschende Zufallsfunde

Neustadt/WN. Im Januar 2023 waren Wohn- und Geschäftshäuser eines Pflegedienstes im Landkreis Neustadt/WN durchsucht worden. Dabei machte der Zoll interessante Zufallsfunde, wie eine Schnapsbrennanlage.

Foto: Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung

Der Hauptsachbearbeiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes Regensburg berichtete am Donnerstag bei einem Prozess in Regensburg über die Razzia. Rund 100 Mitarbeiter von Zoll und Polizei waren beteiligt, darunter Spezialeinheiten des Zolls. Hintergrund sei die zunehmende Radikalisierung des Beschuldigten in den letzten Jahren gewesen, begründet der Zollbeamte. „Aufgrund seiner Gesinnung als Reichsbürger bestand eine andere Sicherheitsstufe.“

Der 63-Jährige ist nach wie vor im Besitz von zwei Schusswaffen, deren Herausgabe er dem Landratsamt und der Polizei im Vorfeld verweigert hatte. Dazu kam, dass Listenhunde im Haushalt leben: zwei Cane Corso, von denen nur einer gemeldet war und die nötige Negativbescheinigung hat. Der Zugriff erfolgte am frühen Morgen und durch Spezialkräfte. Es sei daraufhin nicht mehr möglich gewesen, dem aufgebrachten Hausherrn die Durchsuchungsbeschlüsse zu eröffnen. „Er war sehr aggressiv, nannte uns Nazi-Schergen und Söldner-Truppe.“

Gold im Harmonium, Schnapsbrennerei im Wohnzimmer

Gegen den 63-Jährigen lag ein sogenannter Sitzungshaftbefehl vor. Sprich: Er hatte einige Monate zuvor als Angeklagter eine Gerichtsverhandlung versäumt. Man brachte ihn daher in die Justizvollzugsanstalt Weiden. Die Vorführung bei der Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Weiden habe im Eklat geendet. „Es war auch der Richterin nicht möglich, ihm die Beschlüsse zu eröffnen“, schildert der Zollbeamte. Gegen die Ehefrau lag ebenfalls ein Haftbefehl vor, weil eine Geldstrafe nicht bezahlt war. Die Summe wurde vor Ort beglichen, was der Frau die Haft ersparte.

Zurück zur Durchsuchung. Da auch ein Vollstreckungsbeamter dabei war, hatten die Beamten nach Wertgegenständen gefragt. Das wurde verneint. Die Durchsuchung geriet am Ende zu einer Art Schatzsuche. Im Kleiderschrank steckten zwischen Bettwäsche 20.000 Euro in bar. Im Harmonium fanden sich Goldmünzen. Alles in allem sei in „allen möglichen Verstecken“ Gold und Silber im Wert von rund 150.000 Euro aufgetaucht.

Ein weiterer Zufallsfund: eine illegale Brennanlage. „Er hat in illegaler Weise Schnaps gebrannt“, sagt der Zollbeamte. Das Zollfahndungsamt Nürnberg wurde eingeschaltet. Sachverständige entnahmen Proben. Eine zweite Anlage im Schuppen war nicht mehr funktionstüchtig. On top: In einer Tupperdose waren 30 Gramm Marihuana, die gingen an die Polizeiinspektion Eschenbach.

Die Waffen? Fehlanzeige. Die zwei halbautomatischen Pistolen blieben unauffindbar.

Seit Januar im Gefängnis

Wie geht es für Johann R. weiter? Im Mai wird ein Urteil des Landgerichts Regensburg erwartet. Dabei handelt es sich um ein Verfahren aus den Jahren 2015/2016. In der Anklage geht es um Vorenthalten von Arbeitsentgelt in 112 Fällen mit einer Schadenssumme von einer Million Euro. Gleichzeitig wird am Landgericht Weiden die Terminierung der Berufungsverhandlung erwartet. Hintergrund ist eine Verurteilung vor dem Amtsgericht Weiden im Februar 2023 wegen versuchter Nötigung, Erpressung und Beleidigung.

Irgendwann schließlich wird das zweite Pflegekräfte-Verfahren auf den 63-Jährigen zu rollen, wegen des er im Januar 2023 durchsucht worden war. Laut Zoll ist der Vorwurf ähnlich wie im aktuellen Prozess: Es bestehe der Verdacht des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen, weil Bereitschaftszeiten von Pflegekräften nicht bezahlt worden waren. Der Leiter des Hauptzollamtes Regensburg, Rene Matschke, sprach in einem Interview von einer möglichen Schadenssumme im sieben- bis achtstelligen Euro-Bereich.

Seit der Zoll-Razzia ist Johann R. in Haft, Begründung: Fluchtgefahr. Sein Wohnsitz ist in Swansea, Wales, gemeldet.

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