Rupprecht im Echo-Interview (2): Koalitionsfrage, Schuldenbremse und Investitionsstau

Weiden. Was würde eine unionsgeführte Regierung anders machen? Der Weidener Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht über die Absage an die Grünen, den positiven Druck der Schuldenbremse und warum Forschung in den USA zu mehr Wachstum führt als bei uns.

Albert Rupprecht und Dr. Benjamin Zeitler. Foto D. Nachtigall

Beim Deutschlandtag der Jungen Union in Weiherhammer übten einige Delegierte Kritik an der strikten Koalitionsabsage Markus Söders an die Grünen, die der Union nur noch die Option auf eine GroKo ermöglicht. Halten Sie das für sinnvoll?

Rupprecht: Wenn Merz Kanzler werden sollte, in welcher Koalition auch immer, wird es darum gehen, einen gemeinsamen Aufschlag mit der Wirtschaft hinzubekommen, indem wir uns auf zehn Punkte verständigen, sodass die Unternehmer sagen, „damit können wir uns identifizieren, jawohl, wir stehen zum Standort Deutschland“.

„Die Grünen sind uns in zentralen Punkten so diametral entgegengesetzt, dass das nicht gelingen kann.“ Albert Rupprecht

Etwa in der Migrationspolitik: Wenn man mit Frau Göring-Eckert spricht, sieht die das vollkommen anders als wir. Sie ist der Auffassung, Deutschland sei ein wohlhabendes Land, die Integration von Millionen Menschen sei ganz einfach zu bewältigen. Wenn wir das aber nicht schaffen, besteht die Gefahr, dass unser Land auseinanderbricht. Wenn wir nur an die Regierung kommen, um uns mit einer Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners durchzumogeln, wird das ein Chaos wie bei der Ampel. Wir brauchen deshalb einen klaren Auftrag, einen Koalitionspartner, der das mitträgt.

Warum sollte das mit der SPD besser gelingen?

Rupprecht: In der ersten Großen Koalition, die ich ab 2005 bewusst miterlebt habe, waren wir zusammen mit geerdeten Sozialdemokraten wie Ludwig Stiegler, die von der Praxis eine Ahnung hatten. Der konnte vor seinen Leuten auch vom Leder ziehen, er ist ja ein brillanter Redner. Im Innenverhältnis konnte man aber vernünftig reden. Wenn ich heute die Jusos höre, von denen einige im Bundestag sitzen, die leben auf einem anderen Planeten. Das hat mit meinem Wahlkreis nichts zu tun. Die reden nur von woken Themen, die die Leute bei uns überhaupt nicht beschäftigen. Aber mal angenommen, wir bekommen ein Spitzenergebnis, und die SPD landet bei 12 Prozent, habe ich die Hoffnung, dass wir es mit vernünftigen, direkt gewählten Mandatsträgern, zu tun bekommen.

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Manfred Weber und Albert Rupprecht. Foto: privat

Die Herausforderungen sind gewaltig: Allein das 2-Prozent-Ziel der Nato, das US-Präsident Trump nicht nur einfordern, sondern erhöhen wird, hat die bisherige Bundesregierung nur durch eine Querfinanzierung mit dem 100-Milliarden-Paket zur Zeitenwende hinbekommen, wofür es nicht gedacht war. Die Bundeswehr auf Vordermann zu bekommen, wird noch mehrere solcher Pakete erfordern. Dazu kommt ein schwer bezifferbarer Investitionsstau bei der Infrastruktur, Straßen und Brücken sowie Bahnstrecken. Sie wollen die Bildung verbessern, wozu zahllose Schul-Sanierungen und -Neubauten fällig werden. Wie soll das alles mit der Schuldenbremse gelingen?

Rupprecht: Ich war während der Groko hauptverantwortlich für die Forschungspolitik, dem Bereich mit dem viertgrößten Haushaltsposten. Wir haben Meilensteine gesetzt mit einem Volumen von 180 Milliarden Euro. Die Welt hat auf Deutschland geschaut, auch wenn natürlich die wesentlich größeren USA substanziell mehr in diesen Bereich investieren, und Großbritannien uns mit seinen gewachsenen Strukturen der Eliteuniversitäten und Forschungseinrichtungen voraus ist.

Aber man hat unsere Aufholjagd bewundert. Warum haben wir dann aber nicht in gleichem Maß wie die angelsächsischen Länder daraus eine entsprechende wirtschaftliche Dynamik generiert? Albert Rupprecht

Weil bei und die vorherrschende Kultur ist, dass ein Forscher forscht und sonst nichts. In den USA fragen sich die Wissenschaftler: Wer greift unsere Forschungsergebnisse auf? Ein anderes Beispiel: Der Digitalpakt Schule war auch eines meiner Kinder. Dafür wurden erst 6, dann 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Viele Schulen haben das Geld inzwischen bekommen. Und hat das einen massiven digitalen Schub ausgelöst? Die Verbesserungen sind eher unwesentlich. Wenn den finanziellen Mitteln nicht entsprechende Anreize an die Seite gestellt werden, entfalten sie keine Wirkung. Ich muss dem Wissenschaftsbetrieb auch fordern, Ergebnisse zu liefern.

Im Gespräch: MdL Stephan Oetzinger und MdB Albert Rupprecht. Foto: Dagmar Nachtigall

Beantwortet das die Frage nach der Schuldenbremse?

Rupprecht: Dazu komme ich mit meiner Schlussfolgerung. Nach 22 Jahren Bundestag ist mein Resümee, mehr Geld ist gut, aber eine Anreizstruktur ist zwingend erforderlich. Wenn Edmund Stoiber gemerkt hat, dass ein Ministerium bei seinem Milliarden-Programm „Bayern 2020“ nicht geliefert hat, hat er es eingefordert. Wenn aber Merkel gemerkt hat, wir kommen mit unseren Bildungsprogrammen nicht weiter, weil sich die Ministerien gegenseitig blockieren, hat sie abgewunken: „Warum soll ich mich mit der SPD abärgern?“, war ihre Haltung.

Deshalb bin ich überzeugt, dass wir mit der Schuldenbremse, die einen größeren Druck erzeugt, mehr Wirkung erzielen. Albert Rupprecht

Wie soll die Schuldenbremse die Gesamtzahl unerledigter Projekte bezahlen?

Rupprecht: Wenn wir den Innovationsschub ohne immer neue Schulden nicht hinbekommen, scheitert die Politik insgesamt. Auf einer Meta-Ebene gilt das auch für die gescheiterte Ampel: Kanzler Scholz hatte eine schwierige Rolle zwischen zwei gegensätzlichen Partnern in einer komplizierten weltpolitischen Konstellation. Für mich ist er aber erst ab dem Zeitpunkt gescheitert, als er die FDP rausgeschmissen hat. Er hätte sich wie Schröder bei der Agenda 2010 hinstellen und sagen müssen, „das ist mein Programm, ich gehe ins Risiko, ich stehe für diese Themen“. Stattdessen will er einfach so weiter machen wie bisher.

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