Sabine Lahm trainiert Meister-Sänger in Weiden

Weiden. Sabine Lahm ist nicht nur eine begnadete Sopranistin. Die Weidenerin begleitet auch talentierte Nachwuchssänger auf dem Weg zur Weltkarriere. Darunter auch einige Oberpfälzer: Ob Reger, das Essen oder der Zoigl der Stimme guttun? Im Interview spricht sie über ihren Meisterkurs bei den Max-Reger-Tagen.

Die Weidener Sängerin und Gesangspädagogin Sabine Lahm fördert bei ihrem 10. Meisterkurs im Rahmen der Max-Reger-Tage junge Gesangstalente. Bild: privat

Am Sonntag startete Ihr 10. Meisterkurs mit Gesang. Ein kleines Jubiläum also! Können Sie sich noch an die Anfänge erinnern?

Sabine Lahm: Ja, sehr gut sogar. Erstmal bin ich dem Team der Max-Reger-Tage und der Stadt Weiden sehr dankbar, dass ich bereits so früh in meiner Karriere in die Riege der Meisterklassendozenten aufgenommen wurde. Damals unterrichtete ich noch Nebenfach Gesang an der Hochschule für Musik und Theater München und hatte gar keine eigene Klasse.

Mein Kurs war an den Kurs „Liedgestaltung“ meines verehrten Kollegen Professor Kammerlander geknüpft und die Idee war, dass sich die SängerInnen ihren technischen Input für den eher interpretatorischen Liedunterricht bei mir holen. So ganz ging die Sache nicht auf, denn die oft sehr weit fortgeschrittenen Gesangsstudierenden vertrauten keinem No-Name, wie mir und so meldeten sich hauptsächlich meine ehemaligen Schüler an, die gerade zu Beginn ihres Studiums waren. Sie brachten den ein oder anderen Kommilitonen mit. So ging’s los.

Wie haben sich diese Kurse über die Jahre weiterentwickelt? Gibt es eine Art Eigendynamik?

Der Kurs hat sich parallel zu meiner pädagogischen „Karriere“ entwickelt. Das Niveau der Teilnehmenden steigerte sich wie meine pädagogische Entwicklung, und das ist sehr schön, weil es sich natürlich und frei entwickelt hat. Inzwischen kommen die Leute von überall her, und wir machen außer ein paar Posts auf Social Media keine Werbung. Mit Leonard Martynek habe ich einen tollen Korrepetitor und Team-Player an meiner Seite. Die tollen Arbeitsbedingungen in der Musikschule und im Alten Rathaus tun ihr Übriges dazu.

Im Laufe der Jahre kamen auch andere Meisterkurse dazu, aber der Kurs in Weiden ist der am ursprünglichsten gewachsene und wird immer etwas Besonderes bleiben. Durch die hervorragende Organisation, die außergewöhnlich schönen Räumlichkeiten mit ausreichend Übungsmöglichkeiten für die Teilnehmenden und dem Flair der Altstadt bieten wir einen idealen Boden für eine entwicklungsreiche Arbeitsatmosphäre. Das war mir von Anfang an wichtig: Die Kursteilnehmer sollen eine gute Zeit in Weiden haben und neben der intensiven Arbeit auch eine genussvolle Woche in unserer schönen Heimatstadt verleben.

Im Mittelpunkt steht diesmal die Erarbeitung des Repertoires von Werken Max Regers – und Zeitgenossen. Reger gilt ja nicht unbedingt als einfacher Komponist. Wie sehen Sie das?

Reger und Zeitgenossen steht von Anfang an im Mittelpunkt der Arbeit. Über die Jahre habe ich mir aber auch erlaubt, das aktuelle Vorsingrepertoire der Studierenden miteinzubeziehen. Ja, leicht ist es nicht, den Maxl an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen. Wobei es gerade bei seinen 250 Liedern wahre Schätze gibt. Immer tiefgründig, manchmal harmonisch verworren und meist nicht leicht zu durchschauen. Aber es ist wie im Leben: Da beginnt doch erst die Erotik …

Abschlusskonzert der Meisterkurse Liedgestaltung und Stimmtechnik 2015. Bild: privat

Was erwartet die Kursteilnehmerinnen und wie sind Sie bei der Auswahl der Stücke vorgegangen?

Leo und ich sind hoch motiviert und freuen uns riesig, die Meute mit reichlich Input versorgen zu dürfen. Die Kursteilnehmer erwartet eine sehr intensive Arbeit an Stimme, Klang und musikalischen Parametern. Der nächste Schritt ist dann, dass die stimmliche Sicherheit im Bewusstsein ankommt und sich die Türen für emotionale Durchlässigkeit und individuelle Präsenz öffnen. Da kann so eine Kurssituation natürlich nur Anstöße in die richtige Richtung geben.

Allerdings ist durch die Verdichtung der Arbeit und das tägliche Zusammensein oft schon erstaunliches passiert. Ich freue mich immer, wenn ich Prozesse in Gang bringen kann, die vielleicht noch gar nicht entdeckt wurden, oder schon eine Weile stagnieren. Das Repertoire darf von den Kursteilnehmenden frei gewählt werden. Wenn es gewünscht wird, berate ich gerne, denn die Auswahl eines passenden Repertoires, ist die grundlegende Voraussetzung für einen überzeugenden Auftritt.

Bei den Kursen sind diesmal auch zwei „Oberpfälzer Gewächse“ mit dabei. Wie schaut es allgemein mit dem Nachwuchs aus der Region aus?

Tatsächlich scheint die Oberpfalz ideale Wachstumsbedingungen für gute Sänger zu geben. Darunter richtige Stars der Szene. Früher etwa Elisabeth Schärtel und Marga Schiml, inzwischen Christa Mayer aus Sulzbach-Rosenberg. Allesamt Wagner-Sängerinnen mit großen Karrieren. Einige meiner ehemaligen Schüler am Augustinus-Gymnasium sind auch inzwischen erfolgreiche Profis. Alexander Hüttner, Anika Ram oder Julia Wagner zum Beispiel. Aber auch sonst höre ich immer wieder von Sängern, die ihre Wurzeln in der Oberpfalz haben.

Es scheint eine außergewöhnliche Häufung von sogenannten großen deutschen Stimmen zu geben. Diese Fachbezeichnung beschreibt Stimmen, die besonders für Werke von Wagner und Strauss geeignet sind. Womit das zu tun hat – dem Wetter, dem Reger, dem Essen oder dem Zoigl, kann ich nicht beantworten.

Sie haben diesmal auch eine Stipendiatin aus der Ukraine mit dabei. Wie kam es zu dieser Teilnahme?

In unserer Klasse an der Hochschule für Musik und Theater München studiert seit Herbst im 1. Semester Bachelor eine Studentin aus Kiew mit gerade mal 18 Jahren. Ihre Familie ist zum Teil noch in Lviv. Bei organisatorischen Gesprächen im Vorfeld des Meisterkurses entstand gemeinsam die Idee, ihr diesen Platz zur Verfügung zu stellen.

Alle tragen ihren Teil dazu bei – wir beiden Dozenten, die Weidener Max-Reger-Tage und sogar das Hotel Weile stellt kostenfrei ein Zimmer zur Verfügung. Herzlichen Dank an dieser Stelle für das unkomplizierte Zusammenwirken. Ein paar Tage Ablenkung in Verbindung mit der Konzentration auf das eigene Künstlersein ist so wertvoll in dieser schrecklichen Situation, die ich als eine der betreuenden Hauptfachlehrenden unmittelbar mitbekomme.

„Tatsächlich scheint die Oberpfalz ideale Wachstumsbedingungen für gute SängerInnen zu geben“, sagt Sopranistin Sabine Lahm im Interview mit OberpfalzECHO. Bild: privat

Meister-Musikerin Sabine Lahm

Studium Konzertgesang und Musiktheater Hochschule für Musik und Theater München

Mitglied der bayerischen Theaterakademie München mit zahlreichen Partien

Diplome beider Studienrichtungen mit Auszeichnung

Meisterklasse an der Universität Mozarteum Salzburg

Opernpartien sowohl im Repertoirebereich (Gräfin, Agathe, 1. Dame) als auch im modernen Musiktheater (u.a. Uraufführungen des A`Devantgarde-Festivals)

Aktive Konzert- und Oratorientätigkeit an renommierten Musikstätten

2010 – 2016: Lehrauftrag Gesang Hochschule für Musik und Theater München

2012: Fachtherapeutin Stimme nach 2-jähriger modularer Ausbildung

2013: Zertifikat Plus „Integrative Stimmtherapie nach Evemarie Haupt“

Entwicklung des Konzeptes „la vove sana“ (Themenschwerpunkt: Gesunderhaltung von Hochleistungsstimmen)

Meisterkurse bei renommierten Festivals

2014 bis 2018: Dozentin „Gesang“ an der Hochschule Franz Liszt in Weimar, ab 2015 Hauptfachgesangsklasse unter eigener Leitung

Supervisorin von Stimmtherapeuten, Stimmbildnern und Gesangspädagogen

Gewähltes Vorstandsmitglied des Bundes deutscher Gesangspädagogen (BDG) mit deutschlandweit über 1200 Mitgliedern

Ab 2019: Leitung des privaten Gesangsinstituts StimmART in München mit Schwerpunkt „Begleitung von Profi-Sängern“

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