Schaden an mindestens 58 Gläubigern in Höhe von über 3,6 Millionen Euro

Weiden. Der zweite Verhandlungstag im Betrugsprozess gegen einen 42-Jährigen brachte die Dimension des Schadens ans Licht. Der Insolvenzverwalter war als Zeuge geladen und gab Auskunft.

20250606 Betrug Foto Martin Stangl
Die Vorführbeamten der Justiz gehen auf Nummer sicher: Der Angeklagte wird mit Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt. Für die Dauer der Verhandlung werden nur die Handfesseln abgenommen. Foto: Martin Stangl

Mindestens 58 Gläubiger wurden geschädigt. Einige davon waren sogar im Gerichtssaal und verfolgten die Aussagen des Insolvenzverwalters Florian Schott. Mit Spannung begann der zweite Verhandlungstag der 2. Strafkammer am Landgericht Weiden.

Ergebnis des Verständigungsgesprächs mitgeteilt

Zu Verhandlungsbeginn wurde der Öffentlichkeit das Ergebnis des Verständigungsgesprächs zwischen dem Strafverteidiger Oliver Plate, Vorsitzendem Richter Dr. Marco Heß und den Richtern Florian Bauer und Konrad Roth, den Schöffen und Staatsanwalt Matthias Bauer mitgeteilt. Das Ergebnis ist hier nachzulesen.
Der Angeklagte wurde nach Verlesung der Erklärung befragt, ob er dem Inhalt zustimmen würde. Das übernahm Verteidiger Oliver Plate und stimmte im Namen seines Mandanten im Wesentlichen zu, möchte aber im Nachgang dem Gericht noch ein differenziertes Geständnis schriftlich zukommen lassen.

58 Gläubiger und kaum Masse

Nachdem die Hürde des Geständnisses genommen war, rief das Gericht Insolvenzverwalter Florian Schott in den Zeugenstand. Dieser war zunächst Gutachter und wurde später zum Insolvenzverwalter bestellt. Sein Bericht über das Vermögen des Angeklagten war ernüchternd bis desaströs: Dem mutmaßlichen Schaden von 3,6 Millionen Euro steht eine Masse von etwa 30.000 Euro gegenüber.
Es gibt weder Privatvermögen noch Gegenstände wie Autos, Uhren oder Sonstiges, was zur Tilgung des immensen Schadens verwertet werden könnte. Auf einer Immobilie lastet eine Grundschuld, die kaum auf einen Massezuwachs Hoffnung macht.

Liquiditätslücke von mehr als 90 Prozent

Der Landkreisbürger wurde bereits vor Jahren einschlägig auffällig und auch wegen ähnlich gelagerter Delikte verurteilt. Schon früher wurde ein Vermögensarrest von über 500.000 Euro verhängt. Möglicherweise verdiente er seinen Lebensunterhalt deshalb als geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer in seinem eigenen Versicherungsmaklerbüro, das von einer nahen Verwandten verantwortlich betrieben wurde.
Die Frage des Gerichts, wer eigentlich die Geschädigten sind, beantwortete Florian Schott folgendermaßen: “Nach meinen Unterlagen gibt es derzeit 58 Geschädigte, die teilweise Privatanleger (Freunde, Bekannte und Geschäftspartner) und teilweise institutionelle Anleger (Vita Finanz GmbH, R+V Versicherung etc.) sind.”

Nach einer knappen Stunde Vernehmung schloss der Insolvenzverwalter seinen Bericht mit der für die 58 Gläubiger ernüchternden Feststellung: “Es gibt nach meinen Erkenntnissen eine Liquiditätslücke von mehr als 90 Prozent!”.

Verzicht auf psychologisches Gutachten

Bevor das Gericht das weitere Prozedere im Prozess wegen gewerbsmäßigen Betrugs erläuterte, regte der vorsitzende Richter die Erstellung psychologisches Gutachtens von Landgerichtsarzt Dr. Bruno Rieder an. Üblicherweise wird damit die Schuldfähigkeit oder -unfähigkeit attestiert. Im Namen seines Mandanten lehnte Strafverteidiger Oliver Plate ein derartiges Gutachten ab: “Mein Mandant bezeichnet sich selbst als voll schuldfähig!”

Der nächste Verhandlungstag ist der 27. Juni, bei dem weitere Zeugenvernehmungen auf dem Programm stehen.

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