Schutzengel retten über 70 Tiere vor dem sicheren Tod

Püchersreuth. Bei der ersten Jahreshauptversammlung des 2021 gegründeten Vereins „Rehkitzrettung NEW-WEN e.V.“ im Gasthof Miedl in Ilsenbach bei Püchersreuth präsentierte Vorsitzender Stefan Radies einen beeindruckenden Bericht.

Beeindruckenden Einsatz leisten die Mitglieder der Rehkitzrettung zum Schutz der Tiere. Der Verein wächst stetig. Foto: Claudia Prößl

Neben einer sehr erfolgreichen ersten aktiven Saison fanden auch zahlreiche Termine rund um die Gründung, Information, Schulungen und so weiter statt. Außerdem ehrte der noch junge Verein bereits einige besonders fleißige Helfer. Seit der Gründungsversammlung im Juni 2021 ist der Verein inzwischen auf bereits 119 Mitglieder gewachsen, darunter 94 Aktive und 21 Fördermitglieder. Die Verantwortlichen absolvierten zahlreiche Termine bei Banken, beim Amtsgericht, Notar, Finanzamt und Versicherungen und „wühlten“ sich durch alle erforderlichen Formulare.

Neue Fachberater gewonnen

Außerdem fanden seither neun Vorstandssitzungen, sieben Schulungen für Piloten, Spotter und Helfer sowie einige Infoveranstaltungen statt. Zu der bei der Gründungsversammlung gewählten Vorstandsmitglieder kamen noch drei Fachberater hinzu: Von Hans Balks Wissen als „Drohnenexperte“ und Erfahrung bei der Rehkitzrettung Tirschenreuth konnte der Verein sehr profitieren. Auch Thomas Radies als Landwirt und Franziska Käs – ebenfalls Landwirtin und Schreinerin – bringen große Expertise mit.

Vorsitzender Stefan Radies präsentiert stolz die beeindruckende Bilanz der ersten Rettungssaison: „Wir haben in nur circa sechs Wochen 165 Wiesen abgesucht. Das waren insgesamt 452 Hektar – das ist so groß wie 632 Fußballfelder. Die ehrenamtlichen Drohnenpiloten, Spotter und Träger waren meist frühmorgens unterwegs, insgesamt kamen so in diesem relativ kurzen Zeitraum 647,75 Helferstunden zusammen – wenn das eine Vollzeitkraft leisten müsste, wären es 16 komplette Arbeitswochen“.

Neue Drohnen für effektivere Einsätze

Bei all diesen Einsätzen rettete der Verein insgesamt 67 Kitze und auch 5 Hasen vor dem sicheren Mähtod. Das freute auch die Landwirte. Insgesamt sei die Zusammenarbeit mit Landwirten, Jagdpächtern und allen anderen Beteiligten wunderbar gelaufen. Sehr herausfordernd war dagegen die Disposition der Einsätze, das entsprechende Telefon habe in den relevanten Wochen quasi rund um die Uhr nicht stillgestanden – eine Mammutaufgabe.

Inzwischen sind nach Lieferschwierigkeiten endlich die bereits Anfang des Jahres bestellen weiteren beiden Wärmebilddrohnen eingetroffen und werden nun in Betrieb genommen, sodass man in der kommenden Saison noch mehr Aufträge bewältigen könne. Der Verein plant die feste Stationierung der jetzt vier Drohnensets in verschiedenen Bereichen des Einzugsbereichs (West – Mitte – Mitte – Ost), um die Fahrtzeiten zu verkürzen und die Einsätze möglichst effektiv planen zu können.

Ehrungen und positiver Kassenbericht

Zum Ende des spannenden Berichts ehrte Stefan Radies die fleißigsten Helfer mit einer Urkunde und Schokolade. Hier stand mit den meisten Einsatzstunden der Weidener Günter Götz ganz an der Spitze. Auch in den nächsten Monaten wird der Verein nicht untätig sein. So stehen unter anderem intensivere Schulungen für Drohnenpiloten, Infoveranstaltungen und eine Klausurtagung auf dem Programm.

Außerdem sollen zwei Pkw-Anhänger zum Materialtransport angeschafft werden. Schatzmeister Sebastian Vogel konnte über einen soliden Kassenstand berichten. Trotz der umfangreichen Erstanschaffungen wie Drohnen, weiterem Material, Versicherungen und weiteres sei der Verein finanziell gut aufgestellt.

Dies sei vor allem einigen großzügigen Spendern und Fördergebern sowie den Mitgliedsbeiträgen zu verdanken. Die Kassenprüfer Raphael Bittner und Markus Bachmeier bescheinigten eine sehr ordentliche Kassenführung, woraufhin man den Vorstand einstimmig entlastete.

Tod der hilflosen Rehkitze verhindern

Hintergrund: Rehkitze kommen im Frühjahr zur Welt. Die ersten Lebenswochen verbringen sie meist gut versteckt in hohem Gras, während die Mütter auf Futtersuche sind. In fast allen Wiesen sind Rehkitze versteckt, insbesondere in der Nähe von Wäldern. Bei Gefahren laufen sie nicht davon, sondern ducken sich instinktiv noch tiefer in die Wiese. Für den Schutz vor Fressfeinden ist das sinnvoll, denn sie verfügen noch über keinen Eigengeruch und werden so meist nicht gefunden.

Dieser Instinkt hat aber schreckliche Folgen, wenn die Landwirte dann das erste Mal mit ihren riesigen Maschinen mähen. Die Rehkitze werden „übermäht“ und sind entweder gleich tot oder sie sind schwerverletzt und sterben dann grausam. Im Gebiet des Landkreises NEW und der Stadt Weiden fallen der Wiesenmahd sicherlich hunderte Rehkitze in diesem kurzen Zeitraum im Jahr zum Opfer. Bei der zweiten Mahd besteht das Problem meist nicht mehr, weil die Rehe dann groß genug sind und selbst flüchten.

Um den Tod der Rehkitze zu verhindern, sind Landwirte verpflichtet, ihre Wiesen vor der Mahd abzusuchen oder andere geeignete Maßnahmen zu treffen. Obwohl das auch im wirtschaftlichen Interesse der Landwirte ist, da Tierkadaver das Gras als Futtermittel gefährlich verunreinigen, ist die Suche ohne viele Helfer und Drohnen mit Wärmebildkamera nicht effektiv und somit ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Die Wärmebilddrohnen erkennen den Temperaturunterschied der warmen Tierkörper im Vergleich zur kühleren Umgebung.

Der Verein wächst

Auch deshalb finden die Suchaktionen meist in den sehr frühen Morgenstunden statt. Die sogenannten „Spotter“ erkennen die Kitze auf dem Monitor und lotsen die „Träger“ per Funk zu den Tieren. Diese Helfer tragen die Rehkitze aus der Wiese und sichern sie in Körben bis nach dem Mähen. Im letzten Sommer gründete sich im Landkreis Neustadt an der Waldnaab und der Stadt Weiden der neue Verein: Als „Rehkitzrettung NEW-WEN e. V.“ fanden sich engagierter Tierschützer, Drohnenpiloten, Jäger, Landwirte und andere Naturfreunde zusammen, um Rehkitze und andere Wildtiere vor einem grausamen Tod zu bewahren.

Während andere Vereine mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben, scheinen die Initiatoren hier einen Nerv getroffen zu haben, denn der junge Verein zählt bereits über hundert Mitglieder, darunter auch Organisationen wie der Maschinenring, der Bauernverband, der Naturpark Nördlicher Oberpfälzer Wald, der Landkreis NEW und die Stadt Weiden.

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