Sensen-Workshop erweckt alte Traditionen
Kastl. Mit Schwung und Schliff – Der Sensen-Workshop in Senkendorf bringt alte Fertigkeiten zurück,

Ein lehrreicher Abend mit Hans Wopperer – und ein weiterer Mosaikstein auf dem Weg zum historischen Erntedankzug am 14. September in Kastl. Wer vor wenigen Tagen abends durch das kleine Senkendorf bei Kastl kam, hörte es schon von Weitem: rhythmisches Hämmern, dazwischen das metallische Schärfen eines Wetzsteins – und schließlich ein surrendes Geräusch, wenn eine gut geführte Sense durchs Gras schnitt.
Auf der Wiese hinter dem alten Stodl von Hans Wopperer fand ein Workshop statt, der in dieser Form in Kastl seit über 20 Jahren nicht mehr abgehalten wurde: ein Anfängerlehrgang im Sensen, wie man früher sagte. Organisiert wurde die Veranstaltung im Rahmen der Vorbereitungen zum historischen Erntedankzug am 14. September. Bürgermeister Hans Walter und Arno Stahl, Leiter des Festausschusses, hatten die Idee, einen kleinen Kurs zu ermöglichen – schließlich soll beim Festumzug das Leben auf dem Land wie früher gezeigt werden. Und dazu gehört eben auch: das Mähen mit der Sense, wie es jahrhundertelang zum bäuerlichen Alltag gehörte.
Ein Müller mit Handwerk, Herz und Humor
Geleitet wurde der Kurs von niemand Geringerem als dem “Senkendorfer Müller”, wie Hans Wopperer in der Gegend liebevoll genannt wird. Der 74-Jährige ist Landwirt und Müller aus Leidenschaft, betreibt noch heute eine kleine Mühle am Mühlbach nahe dem Rauhen Kulm und verkauft das selbstgemahlene Mehl im Hofladen der Tochter. „Ich bin halt ein Austragsbauer wie früher“, sagt er und schmunzelt. Für den Kurs hatte er alles perfekt vorbereitet: Dengelstöcke, teils über 100 Jahre alt, verschiedene Sensen, Wetzsteine, ein Eimer mit Wasser – und vor allem: jahrzehntelanges Wissen. Mit viel Geduld erklärte er, wie man das Sensenblatt richtig dengelt, warum man nicht zu fest und nicht zu zaghaft draufhauen sollte und wie man mit dem Wetzstein der Schneide den letzten, fast rasiermesserscharfen Schliff verleiht.
Vom Dengeln, Wetzen und dem richtigen Schwung
„Wenn die Sense nicht schneidet, dann rupft man das Gras nur ab – und plagt sich zum Grüppel“, sagt Wopperer in seiner unverblümten Art. In ruhigen, klaren Schritten zeigte er den Teilnehmern, worauf es ankommt: auf die richtige Körperhaltung, die korrekte Einstellung der Sense zur eigenen Körpergröße – und vor allem auf den berühmten „Schwung“. Denn Sensen ist nicht Kraft, sondern Gefühl, Rhythmus und Technik. „Die Alten konnten das“, erzählt er, „selbst die alte Nachbarin von nebenan hat früher ganze Böschungen sauber abgemäht – mit wenig Kraft, aber mit der richtigen Technik.“ So bekamen die Teilnehmer, darunter zwei Frauen und der jüngste Teilnehmer Jonas Zeitler aus Weha, einen lebendigen Eindruck davon, wie man mit der Sense richtig umgeht.
Zwischen Tradition und moderner Technik
Jonas Zeitler aus Weha erinnerte sich dabei an seinen verstorbenen Großvater, den „Kimmerl Sepp“, der das Dengel und das Mähen mit der Sense noch perfekt beherrscht hat. Heute liegen die Sensen, mehrere an der Zahl, auf dem Dachboden, wobei die eine oder andere wohl schon beide Weltkriege erlebt haben durfte, aber seit vielen Jahren nie mehr genutzt wurden – heute übernimmt die Arbeit meist die Motorsense oder das Kreiselmähwerk. „Wenn mir das schon eher jemand gezeigt hätte“, sagt er später, „hätte ich öfter mal die Sense genommen. Es ist eigentlich ganz einfach, wenn man weiß, wie’s geht.“ Dass das Mähen früher aber oft im Morgengrauen begann, damit das Gras noch die richtige Feuchtigkeit hatte, erzählte Wopperer ebenfalls – und damit auch, dass es harte, aber gemeinschaftliche Arbeit war. „Um drei Uhr früh aufstehen, raus auf die Wiese, um acht schon wieder fertig – und dann erst den Stall machen.“
Erntedankzug: Mit viel Liebe zum Detail
Der Kurs war nicht nur ein nostalgischer Ausflug in alte Zeiten, sondern ein wichtiger Baustein in der Vorbereitung auf den großen historischen Erntedankzug der Pfarrei Kastl. Mit viel Liebe zum Detail, großem ehrenamtlichem Engagement und einem wachsenden Gemeinschaftsgeist bereiten sich derzeit Vereine, Ortschaften und viele Einzelpersonen auf dieses außergewöhnliche Fest vor. Das Sensenmähen, die Themenwägen, alte Handwerkskunst und Brauchtum sollen nicht nur gezeigt, sondern gelebt werden – und da gehört auch dazu, dass man die alten Techniken wieder lernt.
Ein Abend voller Erinnerungen und neuer Begeisterung
Zum Schluss des Workshops kamen noch einige „Schaulustige“ vorbei, darunter Albert Schraml mit seiner Frau, die sich lebhaft an frühere Zeiten erinnerten. „Wenn wir als Kinder in die Schule gegangen sind, haben wir morgens überall das Dengeln gehört – das war ganz normal“, erzählten sie. „Schön war’s, aber wir sind froh, dass wir heute nicht mehr so arbeiten müssen.“ Die Freude und der Dank der Teilnehmer waren groß – ebenso wie das Gefühl, ein Stück altes Wissen nicht nur gezeigt, sondern weitergegeben zu haben. Und wer weiß – vielleicht klingt bald wieder öfter das Dengeln übers Land. Spätestens am 14. September, wenn der Erntedankzug durch Kastl zieht, wird wohl auch das leise Schwingen der Sense wieder zu hören sein.
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