Sexuelle Absichten? 53-Jähriger spricht Kinder an – Prozess am Landgericht

Weiden. Erst in Amberg, dann in Weiden. Einem jetzt 53-Jährigen wird vorgeworfen, sich notorisch Kindern unter 14 Jahren in sexueller Absicht zu nähern. Seit Donnerstag steht er vor der Jugendschutzkammer am Landgericht Weiden.

Ein 53-Jähriger muss sich seit Donnerstag wegen versuchten sexuellen Missbrauchs vor dem Landgericht Weiden verantworten, rechts der Persisch-Übersetzer, links Rechtsanwalt Johannes Zintl. Foto: Christine Ascherl

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, im Winter 2024/2025 in Weiden vier Mädchen und Buben angesprochen zu haben, um sie sexuell zu missbrauchen. Die Kinder unter 14 Jahren ergriffen die Flucht, es kam zu keinen Übergriffen. Die Taten ereigneten sich immer nachmittags im Stadtteil Stockenhut/Lerchenfeld. Angeklagt sind versuchter schwerer sexueller Missbrauch und Verstoß gegen Weisungen.

Bereits zwei Jahre zuvor – im Dezember 2022 – war der afghanische Staatsangehörige vom Amtsgericht Amberg wegen ähnlicher Delikte verurteilt worden. Damals hatte er eine Achtjährige angefasst und sich vor ihr entblößt. Zudem hatte man ihn des Abrufens kinderpornografischer Inhalte überführt.

Das Landgericht Amberg ergriff damals Vorsichtsmaßnahmen: So wurde der Angeschuldigte unter Führungsaufsicht gestellt. Er wurde zudem als HEADS-Proband eingestuft. HEADS ist eine bayerische Sexualstraftäter-Datei (die Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter), initiiert vom Innenministerium. Die Datei soll den Informationsaustausch zwischen Justiz, Polizei und Vollzug bei rückfallgefährdeten Sexualstraftätern verbessern.

Vorwurf: Kuss-Versuche bei Elf- und Zwölfjährigen

Dem Angeklagten hatte man 2022 die Weisung erteilt, sich von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten. Dagegen verstieß er. Konkret enthält die aktuelle Antragsschrift vier Fälle: Im Dezember 2024 ging der 53-Jährige einem Mädchen in der Schweigerstraße hinterher. Er sprach die Zwölfjährige an, fragte sie nach ihrer Handynummer und forderte sie zu sexuellen Handlungen auf. Als er sie an den Händen festhielt, soll sie laut um Hilfe geschrien haben. Eine Jugendliche kam ihr zu Hilfe.

Acht Tage später Fall 2: In diesem Fall habe der Mann versucht, in der Frauenrichter Straße eine Elfjährige an der Hand zu nehmen. Sie riss sich los. Wiederum zehn Tage später – am Neujahrstag 2025 – habe sich der 53-Jährige in der Stockerhutstraße erneut an ein Mädchen herangemacht, so die Staatsanwältin. Als er versuchte, die Elfjährige zu küssen, rannte sie weg. Eine Viertelstunde später ereignete sich der vierte Vorfall in der gleichen Straße. Diesmal habe es einen Jungen (9) getroffen, der ebenfalls beim Kuss-Versuch die Flucht ergriff.

Geburtsdatum? „Weiß ich nicht“

Die Verhandlung gestaltet sich von Anfang an schwierig. Schon bei Anklageverlesung durch Staatsanwältin Sofie Huber unterbricht der Angeklagte seinen Übersetzer immer wieder. Man hat den Eindruck, er kann nicht folgen.

Auch die Feststellung der Personalien holpert. Richterin Vera Höcht fragt nach dem Geburtsdatum. „Das weiß ich nicht.“ Auf Vorhalt sagt er: „Das kann stimmen.“ Familienstand? „Was ist das?“ Nach einer Erklärung gibt er an, verheiratet zu sein und acht Kinder zu haben. Seit etwa drei Jahren wohnt er in Deutschland. Er war erst in Amberg, dann Bayreuth, dann in der Gemeinschaftsunterkunft in Weiden untergebracht. Dem Vernehmen nach lebt er inzwischen getrennt von der Familie.

Angeklagter streitet alles ab

Ein Verständigungsgespräch scheitert. Sehr gerne würde Staatsanwältin Sofie Huber den jungen Opfern die Vernehmung vor Gericht ersparen. Die Staatsanwaltschaft wäre im Fall eines Geständnisses mit 2 Jahren 10 Monaten Haft einverstanden. Daraus wird nichts: Der Angeklagte streitet alles ab.

„Ich habe das nicht gemacht“, lässt er übersetzen. Ja, es könne schon sein, dass er dort auf den Straßen unterwegs war und die Kinder ihn gesehen hätten. „Ich habe ein markantes Gesicht.“ Vielleicht habe er auch mal „Hallo“ gesagt, ein Mädchen an der Schulter berührt. „Das war sehr dumm von mir. Manchmal weiß ich nicht, was ich mache.“

Premiere am Landgericht: Die Jugendschutzkammer am Landgericht Weiden ist mit Carolin Ammon und Vera Höcht erstmals ausschließlich mit weiblichen Berufsrichterinnen besetzt. Foto: Christine Ascherl

Unbekanntes Mädchen half der Zwölfjährigen

Und so muss die Jugendschutzkammer des Landgerichts – erstmals ausschließlich mit Berufsrichterinnen besetzt – tatsächlich alle vier Kinder anhören. Richterin Vera Höcht macht das einfühlsam. Und die Teenies sind tapfer. Eine Zwölfjährige erzählt, wie sie zwischen Vormittags- und Nachmittagsunterricht in der Pestalozzischule eine Freundin beim JuZ abholen wollte. Der Unbekannte kam ihr entgegen. „Ich hatte da schon ein unwohles Gefühl.“

Sie kehrte Richtung Schule um. „Als ich schneller ging, ging er auch schneller.“ Der Fremde habe sie am Handgelenk gepackt, „dass es weh getan hat“. Er habe sie zu sich hingezogen und gefragt, ob sie ihn küssen wolle. „Ich habe geschrien.“

Da trat eine bis heute unbekannte Helferin auf den Plan: Ein anderes Mädchen eilte ihr zu Hilfe. Sie schubste den 53-Jährigen weg, rief „Lass das!“ und nahm die Zwölfjährige bei der Hand. Gemeinsam gingen die beiden zur Schule zurück. „Sie hat auf mich aufgepasst.“ Bis heute weiß man nicht, wer diese Jugendliche war.

„Wie ging’s dir danach?“, will Richterin Vera Höcht wissen. Das Mädchen sagt: „Ich hatte nur noch Angst. Ich bin damit schwer klargekommen.“

Die Verhandlung wird am Montag, 9 Uhr, fortgesetzt.

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