Sieg ohne Wert: Jahn verabschiedet sich mit Anstandsdreier bei Eintracht Braunschweig

Braunschweig. Trotz eines Blitztors von Braunschweig: Zum Schluss muss die Eintracht froh sein, gegen Jahn Regensburg nur mit 1:2 zu verlieren. Ein verschossener Elfer, ein Lattenschuss, mehrere gute Gelegenheiten. Der SSV hätte schwache Niedersachsen richtig blamieren können.

Einen Elfer verschossen und trotzdem den Siegtreffer erzielt: Jahn-Stürmer Prince Owusu. Bild: jrh

Es hilft alles nichts: Diesen Abstieg hat sich der SSV Jahn beim blutleeren 0:0 gegen Kaiserslautern, beim saftlosen 1:2 in Sandhausen und beim sang- und klanglosen 0:2 in Rostock „verdient“ – bei aller Wehmut über die wirklich unglücklichen Niederlagen in Heidenheim (4:5), Fürth (1:2) und beim FC St. Pauli (0:1).

Regensburg hatte es gegen Gegner auf Augenhöhe selbst in der Hand, mehr als nur den Relegationsplatz zu ergattern. Dass es zum Schluss trotz des Auswärtssiegs in Braunschweig nicht einmal dafür gereicht hat, muss man nach den Erfahrungen der vergangenen Saison der gesamten Vereinsführung vorwerfen.

Zu viel Steine, zu wenig Beine

Dass Geld keine Tore schießt, dass Spieler, die sofort einschlagen, selten am Transfermarkt herumlungern – alles richtig. Dennoch hätte das, was Präsident Hans Rothammer als Begründung für den Last-minute-Trainerwechsel angeführt hat, schon viel früher kommen müssen – als noch alles möglich war. Nämlich als der Jahn zur Winterpause auf einem vermeintlich sicheren Platz 12 stand – allerdings mit nur zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz und einem klaren Abwärtstrend.

„Lieber Steine als Beine“, lautete ein Motto des Ex-Sportchefs Christian Keller. Die helfen im Abstiegskampf freilich nur bedingt. Deshalb rang sich Rothammer doch noch zu einer Reaktion durch: „Es ist unsere Verantwortung alles zu tun, um den Abstieg zu verhindern.“ Ein, zwei Verpflichtungen im offensiven Mittelfeld und Sturm zur Winterpause hätten da aber mehr Optionen eröffnet, als die Panikattacke des Trainerwechsels drei Spieltage vor Schluss.

Der Jahn vergibt noch etliche Chancen: Hier ärger sich Ayguen Yildirim. Bild: jrh

Abstieg nur noch zweistellig abzuwenden

Nach dem 2:2 von Arminia Bielefeld gegen Paderborn ist der Klassenerhalt nur noch eine theoretische Größe. Bei 15 Toren Differenz müsste der Jahn aufstiegstrunkene Heidenheimer zweistellig deklassieren oder Bielefeld parallel bei der Fußballmacht Magdeburg, die im gesicherten Mittelfeld keine größeren Ambitionen mehr hegen, böse unter die Räder kommen. Anders gesagt: Faktisch ist heute Feierabend in der Zweiten Bundesliga – und das wohl auf lange Sicht.

Denn dass Sportchef Tobias Werner jetzt die besseren Jahn-Spieler von einer Vertragsverlängerung mit weniger Mitteln überzeugen kann, ist nur schwer vorstellbar. Also ein Neubeginn mit einem beträchtlichen Anteil an Nobodys – da wird auch der Klassenerhalt in Liga 3 kein Selbstläufer.

Kalte Dusche nach 90 Sekunden

Dabei deutet zu Beginn des Spiels nichts daraufhin, dass Regensburg überhaupt einen Beitrag zum eigenen Klassenerhalt leisten könnte. Im Gegenteil: Der SSV Jahn startet in sein letztes Endspiel bei Eintracht Braunschweig genauso so tollpatschig wie gegen den HSV. Scott Kennedy geht vermeintlich auf Nummer sicher und knallt unbedrängt eine missglückte Flanke ins Seitenaus.

Immanuel Pherai, vor dem Jahn Trainer Joe Enochs ebenso gewarnt hatte wie vor Anthony Ujah und Lion Lauberbach, lässt sich an der Strafraumkante auch vor drei Regensburgern nicht die Kugel nehmen und zieht ab – der trockene Flachschuss schlägt im linken Eck ein, 1:0 nach 90 Sekunden. Das nächste Debakel nach dem 1:5 gegen den HSV bahnt sich an.

Michael Schieles Defensivkonzept geht für Eintracht Braunschweig nicht wirklich auf. Bild: jrh

Schieles Ultra-Defensivkonzept

Stattdessen überrascht Michael Schieles Eintracht mit der Fortsetzung ihres übervorsichtigen Defensivkonzepts. Die Gäste aus Regensburg ziehen mit teilweise 70 Prozent Ballbesitz das Spiel immer mehr auf ihre Seite. Charalambos Makridis holt sich artistisch einen Ball aus der Luft, zieht volley ab und versenkt das Ding aus 18 Metern unhaltbar unterm rechten Torkreuz, 1:1 (21.).

Als dann auch noch Prince Owusu, der sich in einem Braunschweiger Strafraum-Trio festgelaufen hat, ziemlich unnötig zu Fall gebracht wird, scheint die Partie endgültig zu kippen. Der gefoulte Jahn-Stürmer muss einige Zeit auf die Ausführung des Strafstoßes warten und denkt sich dabei offensichtlich einen Knoten ins Gehirn – sein Flachschüsschen mittig-links kann Keeper Ron-Thorben Hoffmann sicher festhalten (30.) – der überhaupt erste verschossene Elfer des Princen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.

Dreimal Jonas Urbig

Nimmt also doch wieder alles den Lauf des ewigen Regensburger Slapstick-Geschicks? Im Gegenteil. Auch in Hälfte zwei gibt Regensburg noch mal Gas. Kurz nach Wiederanpfiff wird Owusu links in die Box geschickt, aus schwierigem Winkel zirkelt er die Kugel um Hoffmann herum ins lange Eck, 1:2 (48.). Es wäre gelogen, dass Braunschweig gar nichts zum Spiel beisteuert: Immerhin pariert die gewohnt reaktionsschnelle Torwartleihe aus Köln, Jonas Urbig, gegen Danilo Wiebe (58.), Pherai (82.) und Tarsis Bonga (85.) prächtig.

So richtig Gefahr strahlen die Gelb-Blauen aber nur selten aus. Ihre gefürchteten Konter bleiben meist im Mittelfeld hängen. Der Jahn dagegen verpasst die Vorentscheidung nach Andreas Albers Abseits-3:1, als Hoffmann Owusus Schuss vor seine Beine boxt (69.). Der eingewechselte Nicklas Shipnoski scheitert anschließend noch an der Querlatte (78.). Am letzten Auswärtsdreier ändert aber schließlich auch das überflüssige Gelb-Rot nach Sperren ohne Ball für Makridis (90.+4) nichts mehr.

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