So verlief die Verhandlung um Steffi D.

Weiden. Seit gestern ist klar: Steffi D. findet sich nicht mit dem Urteil gegen sie ab. Sie und ihr Anwalt legen Revision ein. Rechtsanwalt Christoph Scharf hofft auf eine Strafe von höchstens vier Jahren. Alles zur Verhandlung und wie es für sie jetzt weiter geht.

Von Yvonne Sengenberger

An insgesamt fünf Verhandlungstagen wurde über den Fall Steffi D. (21) gesprochen. Im April soll die junge Frau ihr Neugeborenes auf einer Supermarkt-Toilette erstickt haben – eine verzweifelte Tat, wie sich im Laufe der Verhandlung heraus stellt. Deswegen hofft Rechtsanwalt Christoph Scharf auch auf ein milderes Urteil nach dem Revisionsverfahren – auch wenn viele in der Bevölkerung da ganz anderer Meinung sind.

“Es wird viel geredet. Auch im Ort, hinter vorgehaltener Hand”, berichtet der Anwalt. Dennoch wäre es im Ort eher ruhig. Steffi D.s Söhne würden jetzt erst einmal beim Opa aufwachsen. Sie selbst zähle die Tage, bis sie wieder zu ihren Kindern dürfe. “Die Untersuchungshaft wird auf die Strafe angerechnet.”

Das ist passiert:

Die junge Frau lebt mit ihren zwei kleinen Söhnen bei ihrem Vater. Auch ihre Oma wohnt dort. Am Vormittag des 25. April 2015 fährt die ganze Familie in einen Supermarkt in Neustadt/WN zum Großeinkauf. Schon in der Nacht zuvor hatte sie erste Wehen bemerkt. Während des Einkaufs muss sie zur Toilette. Dass die Geburt unmittelbar bevorstand, habe sie nicht bemerkt. Ihr zweijähriger Sohn ist mit auf der Kundentoilette.

Auf der Kundentoilette bringt sie das Kind zur Welt

Dort habe sich ihr Bauch verkrampft. Das Baby landet im WC-Becken. Steffi D. zerreißt die Nabelschnur mit ihren Händen. Dann “bettet” sie eigenen Aussagen zufolge den Säugling auf Papiertüchern in einem offenen Müllsack im Mülleimer. Später hätte sie das Kind abholen wollen. Die vielen Papiertücher habe sie dem Kind nicht in den Mund gestopft.

Mehreren Zeugen zufolge soll es auf der Toilette ausgesehen haben wie in einem “Schlachthaus”. Eine Angestellte reinigt die Toilette. Die Putzfrau entsorgt den Müllbeutel in dem das Baby liegt. Am vierten Verhandlungstag wird der Tag der Tat genau rekonstruiert.

Vater cholerisch – Ex will das sie “Es” wegmacht

Zwei Tage nach der Geburt begibt sich die Angeklagte ins Klinikum Weiden, wegen starker Blutungen. Ein Arzt schöpft Verdacht. Er glaubt nicht an einen Abgang, wie Steffi D. berichtet. Auf mehrmaliges Fragen antwortet die junge Frau aber immer wieder: “Ich habe kein Baby in Händen gehalten”.

Während der Verhandlung wird auch Steffi D.s schwierige Familiensituation und ihr Verhältnis zum Vater des Säuglings geschildert. Letzterer drängte sie immer wieder zu einer Abtreibung. “Hast du es schon weggemacht”, will er immer wieder von ihr wissen.

Ihr eigener Vater ist auch keine große Stütze. Er gibt selbst zu, oft cholerisch zu sein, beweist das sogar im Gerichtssaal. Auch sein Bruder und die Oma bestätigen das. Er habe der 21-Jährigen gedroht, sie vor die Tür zu setzen, sollte sie ein drittes Kind bekommen. Ihre Schwangerschaft verheimlicht die junge Frau deshalb vor ihrer Familie. Behauptet, der dicke Bauch käme von einer Zyste, die im Mai operiert werden würde. Wenige Tage vor der Tat, hatte sich Steffi D. sogar noch über eine Adoption informiert. Sie wollte ihr Kind anonym nach der Geburt abgeben.

Sechs Jahre Haft

Am Ende hat sie auf der Kundentoilette zwei Möglichkeiten. Mit Kind herauskommen und ihrem cholerischen Vater entgegentreten oder das Neugeborene entsorgen. So sieht es Oberstaatsanwalt Lehner bei der Urteilsverkündung. Sie habe sich für Letzteres entschieden, wenn auch in einer Drucksituation (der Vater hat immer wieder an die Tür geklopft) und in Panik. Richter, Staatsanwalt und Verteidiger sind sich einig: Das war kein grausamer Mord. Deshalb wird Steffi D. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen eines minder schweren Falles des Totschlags verurteilt.

* Diese Felder sind erforderlich.