Sommerfestival 2025: „Paulusbrunn erwacht zum Leben“
Bärnau. Viele Oberpfälzer haben ihre familiären Wurzeln in Böhmen. Vor dem Zweiten Weltkrieg war es kein Problem, die Dörfer und Städte in der seit 1918 bestehenden Tschechoslowakei zu besuchen. Doch 1945 war durch den Eisernen Vorhang plötzlich Schluss. Die Sehnsucht nach der verlorenen Heimat blieb aber immer bestehen.

Viele Tschechen und Deutsche bezeichnen es als Wunder, dass Paulusbrunn (Pavlův Studenec) nahe Bärnau wieder problemlos zu besuchen ist. Vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Fall des Eisernen Vorhangs war es kaum möglich, den Friedhof zum Andenken an die dort begrabenen Familienmitglieder und die Häuserreste zu besuchen.
Nun gibt es sogar ein Fest, das zum Feiern und zum Austausch von Erinnerungen einlädt.
Sommerfest in Paulusbrunn am 12. und 13. Juli 2025
Die gewaltsamen Weltkriegs-Ereignisse des 20. Jahrhunderts haben die alten Nachbarn, Deutsche und Tschechen entzweit. Obwohl die Grenze vor mehr als 35 Jahren wieder geöffnet wurde, ist sie oftmals noch in den Köpfen der Menschen. Doch die Region Tachov und die angrenzende bayerische Region haben beschlossen, etwas dagegen zu tun und so wird dieses Jahr zum zweiten Mal das stille Sommerfestival „Paulusbrunn erwacht zum Leben“ stattfinden.
Das Sommerfest für die ganze Familie findet am Wochenende des 12. und 13. Juli im verschwundenen Dorf Paulusbrunn statt, das zu einem Ort der freundschaftlichen Begegnung zwischen beiden Nationen wird.
Ein Blick zurück in die Geschichte
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten in Paulusbrunn etwa 1.400 Menschen. Sie lebten in Siedlungen, Einöden und an Straßen, die über die Hänge nahe der Grenze zwischen der ehemaligen Tschechoslowakei und Deutschland verstreut waren. Es gab eine Schule, ein Postamt, eine Kirche, Geschäfte und ein Zollhaus. Die örtlichen Tanzveranstaltungen und Lokale waren berühmt und zogen Menschen von nah und fern an. Nach dem durch die Nazi-Maschinerie ausgelösten Zweiten Weltkrieg wurde die Bevölkerung allerdings vertrieben. Nach und nach verschwand das Dorf.
Heute stehen dort nur noch Ruinen, die mit alten Bäumen bewachsen sind, mehrere kleine Steindenkmäler, ein restaurierter Friedhof und ein tiefer Brunnen, der im Schatten der Brennnesseln leicht zu übersehen ist. Die Natur erobert die Landschaft zurück.
Dieses Schicksal teilen übrigens viele Orte im böhmischen Grenzgürtel wie beispielsweise Wosant (Bažantov), Purschau (Pořejov) oder Neulosimthal (Nový Losimtál bzw. Jedlina).
Die Geschichte wird beim Paulusbrunn-Fest lebendig
Am 12. und 13. Juli gibt es in Paulusbrunn die Möglichkeit, tief in die Geschichte des Ortes eintauchen. Das ehemalige Dorf kann beispielsweise mit einem erfahrenen Führer entdeckt werden. Es gibt auch die Möglichkeit zu Gesprächen mit den letzten noch lebenden Zeitzeugen.
Im Kinocafé werden historische Dokumentarfilme vorgeführt.
Bereits das erste Paulusbrunn-Fest war ein voller Erfolg
“Wir leben gemeinsam in der Region – Deutsche und Tschechen – daher ist die Geschichte unserer Region eine gemeinsame, und sie zu kennen, bedeutet vor allem, das Gedächtnis unserer Landschaft wachzurufen. Wir dürfen das Schicksal unserer Vorfahren nicht vergessen. Die Fehler der Vergangenheit dürfen wir keinesfalls wiederholen, sondern wir sollten aus ihnen lernen. Ich habe das Gefühl, dass unsere bayerischen Partner es genauso wie wir sehen. Von der Geschichte zu lernen, ist ein besonders guter Grund, um zusammenzukommen und gemeinsam eine gute Zeit zu verbringen.” so Matouš Horáček, Hauptorganisator und stellvertretender Vorsitzender des Bayerisch-tschechischen Vereins für Freundschaft und Zusammenarbeit.
Alfred Wolf, Vorsitzender des Vereins Via Carolina – Goldene Straße meint: “Schon das letzte Jahr hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich hier zu treffen und Paulusbrunn wieder mit Leben zu füllen. Für diese Initiative gebührt dem Bayerisch-tschechischen Verein für Freundschaft und Zusammenarbeit ein wirklich großes Dankeschön. Sie waren es, die die Idee hatten, und wir freuen uns, dabei zu sein”.
Aneta Sklenářová von der Pilsner Zweigstelle von Post Bellum ergänzt: “Ich wüsste nicht, dass in Tschechien etwas Vergleichbares stattfinden würde, wie hier in der Region Tachov. Es ist erstaunlich, wie wir im Rahmen der Reihe ‚Gedächtnis des Böhmischen Waldes‘ im Frühjahr und Sommer den Menschen an einzelnen Orten begegnen konnten. Die Geschichten, die wir hier durch die Ausstellung und die Dokumentarfilme vermitteln, sind zutiefst menschlich. Die Erzählungen von Zeitzeugen können komplexe Themen oft näher bringen, als eine bloße Aufzählung historischer Fakten”.
Ein Programm für die ganze Familie
Das Festival wäre sicher nicht derart abwechslungsreich, wenn nur historische Fakten im Fokus stehen würden. Deshalb geben sich die Organisatoren Mühe und bringen für die diesjährige Ausgabe ganz neue Aktionen mit. Neben dem Kinocafé, in dem ein ganztägiges Programm stattfinden wird, wird das Festivaldorf auch thematische Stände des Museums des Böhmischen Waldes in Tachov, der Naturschutzbehörde, der Stadt Tachov und anderer umfassen.
Nicht zu vergessen sind die Erfrischungen, die natürlich zur guten Laune der Besucher beitragen werden, wie es in Paulusbrunn schon immer Tradition war. Neben den Ständen wird es auch Workshops für Kinder und eine Kinderecke geben.
Das Programm am 12. und 13. Juli in Paulusbrunn
Alle Informationen sind auf der Website https://paulusbrunn.cbs-tbv.eu/ oder auf Facebook https://www.facebook.com/events/482050808294387 zu finden.
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