Stoppok: Unangepasst mit Lust am Live-Spiel

Windischeschenbach. Kultmusiker Stoppok tritt am 8. November im Schafferhof mit Teil II seiner „Teufelsküche“-Tour auf und verspricht ein musikalisches Erlebnis. Im Interview teilt er Einblicke in seine Musik und die Bedeutung seines aktuellen Albums.

Die Bandbesetzung auf der Tour vom 30.10. - 17.11. (v.l.): Stoppok, Reggie Worthy (Bass), Sebastian „Sebel“ Niehoff (Hammondorgel & Gitarre) und Leo Lazar (neuer Schlagzeuger). Foto: Reinhard Franke

Gastbeitrag von Reinhard Franke

In der malerischen Kulisse von Windischeschenbach bereitet sich der Schafferhof auf ein musikalisches Highlight vor, das Fans und Freunde handgemachter Musik nicht verpassen sollten. Der renommierte Kultmusiker Stoppok wird am 8. November die Bühne des Schafferhofs betreten, um Teil II seiner beliebten „Teufelsküche“-Tour zu präsentieren. Dieses Konzert verspricht, ein unvergessliches Erlebnis zu werden, das die Zuhörer mit auf eine Reise durch Stoppoks einzigartige musikalische Landschaft nimmt. Der Duisburger Musiker Philipp Eisenblätter hat kürzlich sein neuen Album „Rom“ veröffentlicht, das von Stoppok produziert wurde. Er wird auf der Tour mit Stoppok den Song „Mach Musik draus“ performen.

STOPPOK. Foto Sebastian Niehoff

Stoppok ist sich immer treu geblieben und hat sich nie von der Musikindustrie verbiegen lassen. Ein bestes Beispiel dafür sind die 1990er-Jahre, in denen er mit „Ärger“ und „Dumpfbacke“ zwei Hits landete. Die Plattenfirma war zu allen Schandtaten bereit, doch damit hatten die Firmenbosse nicht gerechnet: Stoppok veröffentlichte als Nächstes nämlich ein Instrumentalalbum. Bis heute macht der sympathische Musiker sein Ding und das überaus erfolgreich. Am 8. November kommt er mit Teil II seiner „Teufelsküche“-Tour nach Windischeschenbach (Schafferhof). Im Interview mit unserer Zeitung spricht der 68-Jährige über sein aktuelles Album „Teufelsküche“, die Tour und die Lust am Live Spielen.

Ein Interview, das Einblicke gewährt

Um die Vorfreude auf das Konzert zu steigern, führte der Journalist Reinhard Franke ein exklusives Interview mit Stoppok. In diesem Gespräch gibt der Musiker Einblicke in die Entstehung seiner Songs, seine Inspirationen und was das Publikum bei der „Teufelsküche“-Tour erwarten kann. Franke, bekannt für seine tiefgründigen Fragen, schafft es, eine neue Seite von Stoppok zu enthüllen, die selbst langjährige Fans überraschen dürfte.

Stoppok, wie blicken Sie auf den ersten Schwung der Teufelsküche-Tour zurück? Das waren immerhin 16 Konzerte.

Stoppok: Mit großer Freude! Das war ein grandioser erster Teil der Tour. Die Band grooved extrem gut zusammen und das Erstaunliche war, dass die neuen Songs vom Album „Teufelsküche“ beim Publikum schon so präsent waren und abgefeiert wurden.

Was wird beim zweiten Teil der Tour anders sein?

Wir werden wahrscheinlich noch ein bis zwei Songs vom letzten Album in das Programm packen und es wird noch einen Tacken mehr abgehen, weil die Band immer besser eingespielt ist. Wir spielen ja im Sommer noch einige Festivals.

Kam die Unterbrechung Ende März zur Unzeit? Man hatte das Gefühl Sie hätten die Klassenfahrt gerne weiter genossen.

Das war schon ok. Wir haben quasi auf dem Höhepunkt aufgehört und freuen uns deshalb umso mehr auf den zweiten Teil.

Warum heißt das aktuelle Album „Teufelsküche“?

Es ist der erste Song, den ich für das Album geschrieben habe. Und für mich war „In Teufelsküche brennt noch Licht“ eine magische Zeile. Du suchst einen Titel und denkst dir ‚Welcher Song bietet was?‘ „Teufelsküche“ passt auch irgendwie zur aktuellen Zeit. Wir fühlen uns doch alle wie in „Teufelsküche“. (lacht)

Wann sind Sie schon mal in Teufels Küche gekommen?

Bei meinem Infarkt vielleicht. Da war ich kurz vor der Teufelsküche. Ich hatte kurz reingeschaut, aber die Tür gleich wieder zugemacht. Da hatte ich total Schwein gehabt. Ich habe es aber nicht so dramatisch empfunden, wie sich das dann dargestellt hat. Eigentlich verläuft mein Leben außerhalb der „Teufelsküche“. Ich habe meinen Weg frühzeitig mit allen Konsequenten selbst gewählt und hatte nie schlimme Überraschungen.

Machen Sie jetzt etwas anders als vor Ihrem Infarkt?

Ich mache inzwischen jeden Tag Sport, das habe ich früher eher selten gemacht. Das gehört jetzt zu meinem Standardprogramm und ist gerade wenn ich auf Tour bin nötig um durchzuhalten und schützt nebenbei natürlich auch vor Virenattacken. Gerade wenn man im Winter in kleinen Clubs spielt, muss man gefeit sein vor den kleinen Rackern.

Ist der Song „Vom Tod kein Wort“ auch aufgrund Ihres Infarkts entstanden?

Nein, mindestens ein Jahr davor. Da könnte man jetzt spekulieren, von wegen Vorahnung und so. (lacht) Ich hab mir aber schon immer viel Gedanken über den Tod gemacht. Mein Vater starb als ich zwölf Jahre alt war, das war natürlich prägend und ich musste mich frühzeitig mit dem Tod auseinandersetzen. Ich glaube mittlerweile, wenn man stirbt, ist es einfach dunkel und Feierabend. Das ist für die meisten Leute schwer zu ertragen und deswegen denken sie sich irgendwelche Geschichten aus, wie es dann sein würde. Ich habe überhaupt keine Angst vor dem Tod. Womit sich die Leute in ihrem Leben unter Druck setzen, ist unter dem Gesichtspunkt, lächerlich. Wobei wir wieder bei der Komödie wären.

Stoppoks Antwort auf den Teufelskreisverkehr bleibt der positive Blick auf die göttliche Komödie des Lebens. So steht es im Pressetext. Was ist die göttliche Komödie des Lebens?

Der Mensch an sich. Denn er inszeniert die Komödie und ist der Hauptdarsteller. Wie wichtig sich die meisten Menschen nehmen, ist immer wieder belustigend bis erschreckend. Gerade unter Künstlern ist das eine weit verbreitete Krankheit. Nur, weil andere Menschen einen toll finden, sollte man sich nicht gleich wie der neue Messias aufspielen. Von Politikern will ich da gar nicht erst reden.

Aber wäre es kein Traum für Sie, mal ein Stadion zu füllen?

Nein. Ich habe sowas immer torpediert. Ich kokettiere damit nicht, sondern mache das ganz bewusst. Mir bringt das nichts. Mein größtes Publikum hatte ich kurz vor der Grenzöffnung 1989 in Ost-Berlin. Es kamen 120.000 Menschen. Aufgrund der politischen Lage waren alle wach. Ich hatte damals das Gefühl, ich bin in einem kleinen Club. Auch die Zuschauer ganz hinten wollten wissen, was wir auf der Bühne zu sagen haben. Eine spezielle Situation, die man so nicht mehr vorfindet. Ich finde mittlerweile das es ab 2.000 Menschen im Publikum schon langweilig wird. Da kriegst du nur noch stereotype Reaktionen und musst als Künstler ganz anders reagieren. Du kannst nicht mehr du sein und musst die Masse bewegen. Das bringt mir persönlich keinen Spaß.

Haben Sie schon immer so gedacht?

Ja. Ich habe mir früher als 15-Jähriger vorgestellt, dass ich in einem kleinen, ausverkauften Club spiele, es heiß ist, ich auf der Bühne sitze, Musik mache und wir alle Spaß haben. So ist es gekommen. Ich wollte mir nie zehn Häuser und zwanzig Ferraris kaufen. Ich habe mir auch nie vorgestellt, mit ausgebreiteten Armen vor 50.000 Menschen zu stehen.

Das 2020er-Album „Jubel“ erreichte Platz vier in den Charts. Welche Erwartungen hatten Sie vor der Veröffentlichung von „Teufelsküche“?

Die Charts sind keine echte Messlatte mehr, nur eine Momentaufnahme der ersten Woche nach der Veröffentlichung. Da spielen viele Faktoren mit rein. Mir ist es lieber ich verkaufe über das Jahr verteilt viele Alben und nicht nur in der ersten Woche.

Worauf sind Sie in Ihrem Leben besonders stolz?

Stolz ist vielleicht etwas hochgegriffen, aber ich feiere es ab, das ich schon seit fast 50 Jahren von und mit der Musik lebe und immer noch maximalen Spaß daran habe. Ich habe als Straßenmusiker angefangen und mich immer selber finanziert. Vor allem aber auch, dass ich es so hinbekommen habe, das mein Publikum immer wieder neue Sachen akzeptiert und sich darauf freut. Es gibt viele Künstler, bei denen die Zuschauer nur deren Hits hören wollen. Wenn es dann nur einer war, ist es besonders finster. (lacht) Außerdem bin ich sehr glücklich über meine totale Unabhängigkeit. Mir schreibt niemand vor, was ich wie zu singen habe und auf Schecks von Plattenfirmen kann ich verzichten.

Wollte man Sie schon mal ködern?

Kam immer wieder vor. In den 1990er-Jahren bin ich auch zwei bis drei Mal darauf eingegangen, weil da mein Ego gesagt hat, du mußt auch eine große Nummer werden. Wenn es aber an die Umsetzung, bzw. die Konsequenzen ging, hat mein Gefühl sich durchgesetzt und die Bremse gezogen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Nervt es Sie eigentlich, dass die Fans das Konzert oft nur durch das Handy verfolgen?

Bei meinen Konzerten ist das nicht so schlimm. Mein Publikum ist intelligent und gefühlvoll genug, um zu merken das dadurch der tolle Moment kaputt geht. Mein Standartspruch ist immer: „Wenn ich es geil finden würde, gefilmt zu werden, wäre ich Schauspieler geworden und dann würde ich heute Abend nicht hier auf der Bühne sitzen.“ Das versteht jeder. Wenn aber zwischendurch jemand ein Foto oder einen kleinen Clip macht, ist das zu verkraften und nicht dramatisch, solange es die anderen Zuschauer nicht nervt.

Sie sind auch bei Instagram aktiv. Wenn man Sie aber kennt, weiß man, dass Sie kein Social-Media-Fan sind. Oder?

Aber ja, aber nein, um Vicky Pollard aus der Serie Little Britain zu zitieren. Einerseits ist es natürlich toll, dass man selbstbestimmt kontakt zu seinem Publikum halten kann, andererseits muß man aufpassen das man nicht zum Sklaven der Algorithmen wird. Ich wurschtel‘ mich da so durch und wenn es mir zuviel wird, oder ich das Gefühl habe das es mich vom Musik machen abhält, hole ich mir jemanden dazu, der zeitweilig die Sache übernimmt.

Die neue Platte sollte eigentlich ein reines Duett-Album werden. Die erste Single „Wer du wirklich bist“ ist ein schönes Duett mit Cäthe. Wie kam es dazu?

In der Corona-Zeit hatte ich die Idee eine reine Duett-Platte zu machen, mit lauter Coverversionen alter Songs, die weniger bekannt sind, aber tolle Texte haben. Anstoß war der Song: „Im Wartesaal zum großen Glück“ von Walter Andreas Schwarz, der deutsche ESC Beitrag von 1956, meinem Geburtsjahr. Ein unfassbar toller Text. Bei einigen Songs kam mir immer wieder eine zweite Stimme in den Sinn. Außer Cäthe waren dann noch Olli Schulz, Hannes Ringlstetter und Fortuna Ehrenfeld am Start. Am Ende ließ mir aber der besagte ESC Beitrag keine Ruhe und den hatte ich dann, als einzigen Coversong auf dem Album, mit Alin Coen versucht und ich finde das er mit Alins Stimme großartig geworden ist.

Wie verbindend kann Musik in der aktuellen Zeit mit den vielen Problemen für Sie noch sein?

Musik, beziehungsweise Kunst generell ist und bleibt ein wichtiges Element und kann gerade in angespannten Situationen ein Vermittler zwischen den unterschiedlichsten Positionen sein. Darüber können Dinge sichtbar/hörbar gemacht werden und Menschen auf der Gefühlsebene erreicht werden.

Willkommen in Stoppoks Kosmos, war zu lesen. Beschreiben Sie mal Ihren Kosmos.

Das bezieht sich darauf, das ich nie an eine bestimmte Bewegung angedockt war. Es gibt Künstler, die aus einer Zeit- und Generations-Schiene und einer Jugendbewegung kommen und in diesem Zusammenhang wahrgenommen werden. Ich war nie auf eine Generation festgenagelt, habe mir immer meinen eigenen Kosmos geschaffen. Zu meinen Konzerten kommen 20-, aber auch 60-Jährige, die mich jetzt erst entdecken. Das ist schon sehr außergewöhnlich in diesem ganzen Driss, in dem die Marketingspezialisten versuchen Künstler in eine trendy Form zu pressen. Wenn ich cool war, dann immer durch Zufall.

Inwieweit ist es für Sie noch wichtig, auf der Bühne politische Statements zu setzen?

Wichtiger denn je. Das Publikum will und muss erfahren wo ein Künstler steht und was er für eine Haltung hat. Gerade in Zeiten von Fake News und digitaler Propaganda, die meist dazu dient unserer Demokratie zu schaden. Ganz klar gilt für mich, dass wir keine Partei die mit demokratischen Mitteln, die Demokratie abschaffen will an den Start kriegen dürfen. Dagegen müssen wir uns wehren, sonst ist der Arsch ab. Wir brauchen weiterhin unabhängige Kultur und die Möglichkeit über alles zu reden. Und wir dürfen uns auch nicht gegeneinander aufhetzen lassen, wie es einige Oppositionsführer immer wieder versuchen, um Profit daraus zu schlagen.

„Klugscheißeralarm“ ist irgendwie eine Ergänzung zu Ihrem Hit „Dumpfbacke“. Ganz bewusst?

Nö. Das hat sich so ergeben. Nach 30 Jahren darf man sich auch mal selber zitieren. Das Thema Dumpfbacken / Klugscheißer ist ja zeitlos und sehr ergiebig. Gerade heutzutage quillt das Netz über, von Kommentaren von irgendwelchen Klugscheißern, die ihr Halbwissen meinen breittreten zu müssen. Auf Wikipedia steht zum Beispiel, dass ich den Kleinkunstpreis der Stadt Rheine bekommen habe. Doch ich habe den nie erhalten. Diesen Preis gibt es gar nicht und ich war auch noch nie in Rheine. (lacht) Seit Jahren versuchen wir das rauszukriegen, es ist uns bisher nicht gelungen. Von daher „Klugscheißeralarm“, weil viele oft sagen, sie hätten es dort gelesen.

Was wünschen Sie sich noch?

Da ich total glücklich bin mit dem was ich mache, wünsche ich mir dass das noch viele Jahre so weitergeht und die Kreativität mich nicht im Stich lässt.

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