[Update] Drei Freisprüche im Prozess nach Straßenraub – Fünf Jahre für einen Täter
Weiden. Das Landgericht Weiden hat im Prozess wegen Straßenraub gegen drei irakische Angeklagte auf Freispruch erkannt. Der Vierte im Bunde (17) muss dagegen wegen räuberischer Erpressung fünf Jahre in Jugendhaft. Der Äthiopier war zweifelsfrei identifiziert worden.
[Update 22. November 2024] Dass auch die Familie der irakischen Angeklagten etwas mit den Überfällen zu tun haben, gilt als gesichert. So war beispielsweise die Krankenversicherungskarte des ersten Überfallopfers vom Stadtmühlweg im Haushalt der Brüder gefunden worden. Unstrittig ist auch, dass sich die zwei Brüder (19 und 21) im Februar in der Bahnhofstraße einen Landsmann vornahmen.
Aber: Wer was wann getan hat? Vorsitzender Richter Peter Werner vermied es, einen Freispruch erster Klasse auszusprechen. Aber: „Ein Hellseher, wer sich hier für einen der Varianten entscheiden kann.“ Der 21-Jährige wurde wegen Körperverletzung zumindest verwarnt. Mit den Freisprüchen folgte das Gericht den Verteidigern Johannes Zintl, Philipp Pruy, Rouven Colbatz und Stephan Schütz.
Der 19-Jährige und der 34-Jährige bekommen für die erlittenen zehn Monate Untersuchungshaft Entschädigung (75 Euro pro Tag). Bei beiden liegt die Summe bei je rund 20.000 Euro. Für Staatsanwalt Matthias Bauer behielt sich Revision zum Bundesgerichtshof vor. Er hatte fast zwei Stunden plädiert. Er sah in den Abweichungen bei den Zeugenaussagen nur „Unschärfen in Randbereichen“. Für einen von der Verteidigung in letzter Minute präsentierten Entlastungszeugen kündigte er ein Verfahren wegen Falschaussage an.
Anfang 2024 drei Raubdelikte und Schlägerei
Verhandelt wurden drei Raubdelikte, die sich im Januar und Februar 2024 in der Innenstadt zugetragen hatten. Im ersten Fall waren einem Weidener nachts im Stadtmühlweg das Portemonnaie und das Handy abgenommen worden, nach seiner Aussage maskiert und mit vorgehaltenem Messer.
Im zweiten Fall waren zwei Freunde in der Frauenrichter Straße von zwei jungen Männern beraubt worden, einer davon war der Äthiopier, der als Mitschüler der Berufsschule bekannt war. Im dritten Fall ging es um die Attacke auf einen Landsmann. Der irakische Staatsangehörige war früher ein guter Freund der Brüder, jetzt ist man sich feindlich gesinnt. In Zusammenhang steht auch eine Schlägerei vor dem NOC Anfang 2024.
Die Vorgeschichte: Urteil hatte sich abgezeichnet
Das Urteil hatte sich abgezeichnet: Schon am Dienstag hatte es Applaus von Familienangehörigen gegeben. Das Landgericht hob am vorletzten Verhandlungstag auch den Haftbefehl gegen den dritten von vier Angeklagten auf.
„Die Kammer ist nicht mehr von einem dringenden Tatverdacht überzeugt“, begründete Vorsitzender Richter Peter Werner. Damit waren schon während des Prozesses drei von vier Angeklagten aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Es handelt sich dabei um ein Brüderpaar (18 und 23) und einen 34-jährigen Verwandten, alles irakische Staatsangehörige.
Opfer ist sich „ziemlich sicher“
Die Staatsanwaltschaft tat sich tatsächlich schwer mit der Beweisführung. Das lag zum einen daran, dass es sich um drei Raubdelikte mit jeweils mehreren Beteiligten handelt. Es war schwer zuzuordnen, wer was getan hat.
Das Opfer in der Frauenrichter Straße sagte beispielsweise aus, sich „zu 40 Prozent sicher“ zu sein, dass der 18-Jährige ihn überfallen hat. Gegenüber dem Sachbearbeiter der Kripo war er sich unmittelbar nach der Tat bei einer Lichtbildvorlage „ziemlich sicher“ gewesen. Der Täter versteckte sein Gesicht hinter einem weiß karierten Schlauchschal; nur die Augenpartie war zu sehen.
Verteidiger: Zu viele Ungereimtheiten
Bei den zwei weiteren Überfällen im Stadtmühlweg und in der Bahnhofstraße gab es wieder andere Ungereimtheiten. So hatte das Opfer vom Stadtmühlweg gesagt, zuvor 500 Euro abgehoben zu haben. Das stimmte aber laut Volksbank nicht. Dass die Brüder mit dem Raub zu tun haben, beweist die Tatsache, dass man bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung die Krankenkassenkarte dieses Opfers fand.
Erkannt hatte der Geschädigte keinen der Täter: Einer habe ihn mit dem Messer bedroht, der andere nach Wertsachen abgetastet, der Dritte stand daneben. Die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Werner machte schon früh keinen Hehl daraus, dass ihr die Beweislage zu dünn ist. Selbst der Kripobeamte bezeichnete die Spurenlage am Tatort um 1 Uhr nachts als „fragwürdig“: „Es war schneebedeckt, man hat aber keine Fußspuren gesehen.“
Kripobeamter: Zeuge machte „eingeschüchterten Eindruck“
Unklarheiten gab es aus Sicht des Gerichts auch beim Überfall in der Bahnhofstraße. Beisitzender Richter Florian Bauer: „Nicht einmal Tatort ist immer gleich angegeben. Und es gab noch ganz andere Baustellen im Laufe der Vernehmungen.“ Staatsanwalt Matthias Bauer sah das anders: Die Unterschiede in den Aussagen seien aus seiner Sicht erklärbar. Außer „man will sich dem nicht öffnen“.
Der Kripo berichtete das Opfer, ebenfalls ein 18-jähriger Iraker, dass ihm von den Tätern das Handy aus der Hand genommen und gegen ein Schaufenster geschlagen wurde. Er sei in Richtung Bahnhof weggelaufen. Dort hätten ihn dann vier Täter bei der Alten Post gestellt, geschlagen und ihm ein Messer gezeigt. Er benannte die beiden Brüder als Täter. Auf den Kriminalbeamten machte der Zeuge „einen sehr eingeschüchterten Eindruck“.
Der einzige Angeklagte, der nach der Raub-Serie verurteilt wurde, ist damit der afrikanische Beteiligte (17). Er war in der Frauenrichter Straße dabei, war aber nicht maskiert. Ein Opfer kannte ihn von der Berufsschule. Der 17-Jährige war zudem geständig.
* Diese Felder sind erforderlich.