Tom Zeller, Erbauer der Holzkugel: Seine Ideen von nachhaltigem Tourismus
Steinberger See im Landkreis Schwandorf. 180.000 Besucher steigen pro Jahr auf die Holzkugel. Unten flitzen Wakeboarder übers Wasser. Kinder kraxeln auf einem Klettersteig. Kaum einer weiß, wie es hier vor 40 Jahren aussah. Eine Mondlandschaft. Braunkohle-Abbau.
Die Industriewüste von einst hat sich in den Top-Tourismusmagnet der Oberpfalz verwandelt. Einer, der maßgeblich daran beteiligt ist, ist Tom Zeller, 55, Geschäftsführer der inMotion Park Seenland GmbH und der Chalet Resort Seenland GmbH. Mit Kim Kappenberger, der inzwischen ausgeschieden ist, hat er 2019 die Ergebnisholzkugel eröffnet, 2021 folgten 17 See-Chalets.
Mit Auslastung der Seechalets „sehr zufrieden“
Der Chef ist vor Ort zu finden. Auf der Terrasse eines der Seechalets mit Blick auf den Steinberger See. Hierher kommt Tom Zeller, wenn er Ruhe braucht. Aber ein bisschen Glück muss er haben. Die Häuschen direkt am See sind über den Sommer praktisch nonstop ausgebucht. Und auch mit der Auslastung der Chalets in zweiter Reihe ist Zeller zufrieden. „Faustregel ist, dass Unterkünfte im dritten Jahr zu 60 Prozent ausgelastet sein sollten. Wir hatten im ersten Jahr schon 65 Prozent.“
Die ersten Gäste kamen aus der Region. Neugierige. Aus dem benachbarten Klardorf, sogar aus Steinberg selbst. Inzwischen erholen sich hier Touristen aus ganz Deutschland. Sehr viele kommen aus Tschechien, aber auch aus anderen Ländern wie Großbritannien. Zeller ist selbst gern hier. Er liebt die Sonnenauf- und -untergänge. „Abends ist hier eine extreme Ruhe. Es ist ganz leise, nur das Wasser ist zu hören, Vögel und Wildgänse.“
Zweiter Bauabschnitt mit In-Out-Häusern
In einem zweiten Bauabschnitt werden noch heuer auf einer Wiese hinter den 17 Chalets acht weitere „In-Out-Häuser“ aufgestellt. „Man lebt drinnen und draußen.“ Über drehbare Elemente können sich die Nutzer Sauna, Whirlpool und überdachte Terrasse so einrichten, wie sie sich wohl fühlen. Das Konzept komme aus Österreich und käme dem Wunsch nach, mehr mit der Natur zu leben. Preislich werden die neuen Unterkünfte, in der vier Gäste Platz haben, in der Mitte zwischen den Chalets am Wasser und den Häusern in zweiter Reihe liegen. „Also ungefähr bei 300 Euro pro Nacht – je nach Saison.“
Nicht billig. Dafür hochwertig. Zeller beschäftigt sich leidenschaftlich mit der „Psychologie des Tourismus“. Seine Erkenntnis: Die Menschen sehnen sich nach Auszeiten, die Akkus müssen von Null auf 100 aufgeladen werden. Und zwar so schnell wie möglich: In drei bis sieben Tagen wollen sie komplett regeneriert sein. „Corona, Kriege, die Leute sind am Limit.“ Die Ansprüche seien daher hoch: „Man muss den Leuten extrem viel bieten.“
Nachhaltig und ökologisch: „Man will Urlaub ohne schlechtes Gewissen“
Wer mit Zeller ein Seechalet besichtigt, muss vorgehen wie die Spurensicherung bei der Kripo. „Nichts anfassen.“ Am Nachmittag reisen die nächsten Gäste an. Da darf kein Fingertapper sein. Die Holzhäuser sind hochwertig ausgestattet. Die Küchenzeilen hat der örtliche Schreiner eingebaut. Die hölzernen Designer-Lampen sind „handgefertigt“. Der Whirlpool – vom Feinsten. Sogar über die Zäune macht sich Zeller Gedanken. Ein Gitter oder Metallzaun – undenkbar. Totholzhecken trennen die Grundstücke voneinander. Anfangs wurden die Schnittgut-Wände misstrauisch beäugt. Inzwischen werden sie abfotografiert.
Ökologische Bauweise hat Zeller auch bei den Häusern am See umgesetzt. Sie stehen auf Ständern, der Untergrund ist nicht verdichtet. Hier brüten Enten, hausen Hasen. Den Feriengästen gefällt’s: „Man will Urlaub machen ohne schlechtes Gewissen.“ Der Trend gehe zum regenerativen Tourismus: Der Ort soll besser hinterlassen werden als vor der Ankunft.
Bis in die 80er Jahre Braunkohle-Abbau
Der Steinberger See war früher eine Grube für den Braunkohleabbau. Er wurde ab Mitte der 80er geflutet. Parallel liefen Rekultivierungsmaßnahmen. Es dauerte Jahre, bis sich aus der Industriewüste das Seengebiet mit dem Steinberger See als größtem See Ostbayerns entwickelte. Der Steinberger See war dabei von Beginn an für Tourismus vorgesehen. Anders als beispielsweise der daneben liegende Knappensee, der der Natur überlassen wurde.
Ähnliches gilt für den Freizeitsee Dießfurt im Landkreis Tirschenreuth bei Pressath. Dabei handelt es sich um ein früheres Kiesabbaugebiet. Als Nachnutzung ist – nach einigem Ringen zwischen Bergamt und Landratsamt – für das Westufer eine Freizeitnutzung festgelegt. Das Ostufer soll der Natur überlassen werden. Tom Zeller hat im Auftrag der Anliegergemeinden und des Landkreises Neustadt/WN eine Machbarkeitsstudie für nachhaltigen Tourismus entwickelt.
Investitionssumme für Freizeitsee Dießfurt: 30 Millionen Euro
Die Studie erstellte er als neutraler Berater. Aber Zeller macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Standort inzwischen so gut gefällt, dass er gern dabei wäre. „Mir gefällt es dort sehr“, sagt Zeller. Er steht nach wie vor in Kontakt mit den verantwortlichen Gemeinden. Noch sei alles offen. Kooperationen sind denkbar. Partner, Investoren und Banken müssen sich finden. Die Investitionssumme für das Gesamtprojekt berechnet Zeller immerhin auf stattliche 30 Millionen Euro. Auch eine Umsetzung in Teilen ist denkbar.
Zellers Konzept beinhaltet Beach (830.000 Euro Investitionssumme), Adventurepark (1,95 Millionen Euro), Familienhotel (14,4 Millionen Euro), Ferienhäuser (5,6 Millionen Euro), Markthalle mit Indoorspielplatz und Gastro (10,2 Millionen Euro), Parkplatz und Erschließung (2,8 Millionen Euro). Unvorstellbar? Wer konnte sich vor 2018 schon eine Riesenholzkugel mit 80-Meter-Rutsche vorstellen. Zeller sagt: „In meinem Kopf ist alles schon da.“
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