Überfall auf Senioren in Kohlberg: Brüder vor Landgericht Weiden
Weiden/Kohlberg. Seit Montag müssen sich zwei Brüder (21 und 31) aus Tschechien vor der 1. Strafkammer am Landgericht Weiden verantworten. Sie sollen im März 2024 ein Ehepaar in Kohlberg ausgeraubt haben. Der 85-jährige Hausherr wurde dabei "in brutalster Weise" mit einem Schlagring niedergeschlagen, so Staatsanwältin Anja Panzer.
Der 85-jährige Kohlberger schildert am Montag vor der 1. Strafkammer mit den Richtern Peter Werner und Florian Bauer den Überfall am helllichten Vormittag im März 2024. Er war mit seiner Frau im Waschkeller, als die beiden oben Geräusche hörten. Man dachte an einen Besuch der Tochter. Der Senior ging allein nach oben.
Er habe zunächst auf der Terrasse nachgesehen. Dort wunderte er sich kurz über eine Flasche Cola auf dem Tisch, ein in der Familie unübliches Getränk. Dann sah er einen Mann im Garten laufen und dachte vage an einen „Vertreter für Photovoltaik-Anlagen“, wie sie im Ort unterwegs waren.
Mit Schlagring auf Kopf geschlagen
Der 85-Jährige ging durch den Garten in Richtung Haustür, als er von einem Unbekannten von hinten gepackt und zum Holzschuppen gezogen wurde. „Er schlug immer wieder auf mich ein“, erinnert sich der 85-Jährige. Der Schlagring traf seinen Kopf, selbst dann noch, als der Mann am Boden lag. Der Täter scheint dabei auf seiner Hand gestanden zu haben, die heute noch nicht wieder ausgeheilt ist. In wenigen Tagen muss der 85-Jährige noch einmal operiert werden. Durch die Schläge auf das Ohr hört er zudem nicht mehr gut. Richter Werner muss sehr laut mit ihm sprechen.
Ein Unfallchirurg des Klinikums Weiden hielt damals den Zustand des Verletzten fest: Der 85-Jährige hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, eine Risswunde am Ohr, eine Kopfplatzwunde, Abschürfungen im Gesicht, Hämatome, Prellungen von Hand und Hüfte. Er musste drei Tage stationär behandelt werden.
Aus dem Haus fehlt Schmuckschatulle
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Brüder auch im Haus waren. Sie sollen über die offene Terrassentür eingedrungen sein. Nach dem Überfall vermisste die Familie eine Schmuckschatulle aus dem Schlafzimmerschrank. Darin bewahrte die Ehefrau seit vielen Jahren ihre wenigen Kostbarkeiten auf. Unter anderem hatte sie von ihren Kindern zum 80. Geburtstag eine Perlenkette mit passenden Ohrringen geschenkt bekommen. Sie trug sie zu besonderen Anlässen, wie etwa Weihnachten.
Bis heute fehlt von dieser weinroten Lederschatulle jede Spur. Die Polizei hatte damals sogar im Weiher in Kohlberg nach dem Beweisstück getaucht. Die Versicherung erstattete einen Wert von etwa 2.000 Euro. Zudem musste die Terrassentür repariert werden (2.300 Euro).
Die Brüder bestreiten, überhaupt im Haus gewesen zu sein. Sie werden von den Anwältinnen Dr. Simone Bayer und Christin Kiener vertreten. Über ihre Verteidigerinnen lassen sie erklären, dass der Einbruchsversuch gescheitert sei. Sie hätten das Haus nie betreten. Die Körperverletzung sei nicht geplant gewesen; die Attacke mit dem Schlagring sei aus dem Schock heraus erfolgt. Ein Messer, das der Ältere in einem Holster am Gürtel trug, kam nicht zum Einsatz. Beide standen zur Tatzeit unter dem Einfluss von Cannabis.
Die flüchtigen Brüder waren von einer Streife der Polizeiinspektion Neustadt/WN etwa einen Kilometer entfernt bei Hannersgrün festgenommen worden. Der Ältere hatte einen Autoschlüssel dabei, ein Fluchtwagen wurde aber nie gefunden. Der 31-Jährige behauptete gegenüber einem Kriminalbeamten, man sei mit dem Zug gefahren. „Er hätte Tickets in der Geldbörse, da waren aber keine drin.“
„Die haben den Papa ganz schlimm geschlagen“
Die Tochter (62) des überfallenen Ehepaars erinnert sich als Zeugin an den „schrecklichen Anruf“ ihrer Mutter an besagtem Vormittag: „Sie rief: Komm schnell, es ist etwas Schreckliches passiert. Da waren Männer da, die haben den Papa ganz schlimm geschlagen. Überall ist Blut.“ Die Mutter hatte den Vater aus dem Waschkeller nach oben geschickt, weil sie dachte, die Tochter wäre gekommen. Als sich oben nichts mehr rührte, sah sie nach und fand ihren Mann blutend vor dem Haus liegen.
Die Tochter beschreibt den Zustand der Eltern nach dem Überfall. „Was nicht ohne ist, ist diese Angst“, sagt die Tochter. Seit über 60 Jahren leben ihre Eltern in dem Einfamilienhaus in der Kohlberger Wohnsiedlung. Sie hätten sich immer sicher und geborgen gefühlt – bis zum Überfall. Therapeutische Hilfe habe man nicht genutzt: „Das haben wir in der Familie geschafft.“
Nach Aussage der Ehefrau gibt es keine andere Erklärung für das Verschwinden der Schmuckschatulle als den ungebetenen Besuch im März. Eine Schachtel mit Modeschmuck daneben hatten die Täter liegen lassen. „Die wussten, was gut ist.“ Sie hat den Anblick ihres blutenden Mannes nie vergessen. „Ich habe geschrien wie verrückt.“ 67 Jahre sind die beiden verheiratet.
Fortsetzung des Prozesses ist am Dienstag, 9 Uhr, am Landgericht Weiden.
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