Überraschung bei Prozess gegen Einbrecher: Anwalt gibt Beute zurück
Weiden. Ungewöhnlicher Vorgang beim Prozess gegen einen Einbrecher (46) vor dem Landgericht Weiden: Sein Berliner Verteidiger hat einen Koffer mit Beute dabei. Anwalt Oliver Scheffler übergibt Schmuck und Designertaschen an ein Weidener Ehepaar.

Seit Montag steht der mutmaßliche Profidieb vor dem Landgericht Weiden (“Porsche Cayenne und Audi SQ7: Mutmaßlicher Autodieb vor Landgericht”). Ihm wird vorgeworfen, in Nordbayern Luxusautos und Wertsachen im Gesamtwert von über 300.000 Euro entwendet zu haben. In Weiden beraubte der 46-Jährige ein Ehepaar. Den Geschäftsleuten wurden ein Porsche Cayenne sowie Bargeld (18.000 Euro), Schmuck und Designerhandtaschen im Wert von 45.000 bzw. 35.000 Euro gestohlen.
Der Verteidiger aus Berlin sorgt zum Prozessauftakt für eine ungewöhnliche Überraschung: Er hat einen Rollkoffer im Gerichtssaal dabei. Inhalt: Teile der Beute. In Gefrierbeuteln glitzert Schmuck, eine Louis-Vuitton-Tasche ist zu erkennen. Die bestohlene Weidenerin (55) identifiziert die Gegenstände im Koffer als ihren Besitz, allerdings fehle vieles. Die Kripo Weiden befasst sich jetzt erneut mit dem Fall. Zwei Kommissare holten gegen Mittag die Beutestücke für die Spurensicherung ab.
“Jeder Schmuckstück erzählt eine Geschichte”
Zuvor hatte die 55-Jährige als Zeugin ausgesagt. Der Einbruch nimmt sie noch immer sichtlich mit. Sie erklärt, wieviel ihr die Wertgegenstände bedeuten. “Jedes Teil erzählt eine Geschichte. Kein Mensch kann mir das zurückgeben.” Über viele Jahre habe sie die Schmuckstücke und Designertaschen gesammelt. Es sind Geschenke dabei, beispielsweise die ersten Ohrringe, die ihr der Vater geschenkt habe. Vieles habe sie auf Reisen gekauft. “Ich habe hart dafür gearbeitet”, sagt die ehemalige Krankenschwester. Und fragt den Angeklagten: “Wie kann man seine eigene Familie vom Geld anderer erklären?”
Sie fühle sich nicht mehr sicher in den eigenen vier Wänden. Als sich der Einbrecher in passablem Deutsch bei ihr entschuldigt, appelliert die Frau eindringlich an ihn: “Für mich ist wichtig, dass Sie das nie wieder machen. Dass das kein anderer Mensch das mehr erleben muss.”
Täter stiegen über Nottreppe ein
Ihr Ehemann (61) berichtet, dass die Täter eine Nottreppe für den Einbruch nutzten, die aufgrund einer Baustelle eingerichtet war. Das Haus – ein Wohn- und Geschäftshaus – befand sich damals im Umbau. Das Paar war am Vorabend von einer Reise zum Hochzeitstag zurückgekehrt und schlief tief und fest, als die Einbrecher die Wohnung durchsuchten.
Erst nach dem Aufstehen gegen 7 Uhr bemerkte der 61-Jährige unerwartete Kälte in der Wohnung: Neben der Terrassentür war eine Fensterscheibe geöffnet. “Erst da habe ich bemerkt, dass alles weg war.” Aufgrund der Umbaumaßnahmen waren die Wertgegenstände im Gästezimmer gelagert: Schmuck, Handtaschen, ein Safe mit Fahrzeugbriefen und Zweitschlüsseln sowie Bargeld.
Der 61-Jährige hatte den Eindruck, dass in der Wohnung nicht groß gekramt wurde. “Es war schon fast so, als ob jemand nicht suchen musste.” Bis heute ist unklar, wie die Täter auf das Ehepaar kamen. Vage im Verdacht hatte der Geschäftsmann eine Zugehfrau, die just am Tag nach dem Einbruch kündigte. Festklopfen ließ sich der Verdacht nicht.
“Auf Bestellung” gestohlen
Im Anschluss an den morgigen Hauptverhandlungstermin ist eine Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft und Polizeibeamten des K2 vorgesehen.
Ein wenig ließ sich der Pole schon am Montag in die Karten schauen. Er gab an, “auf Bestellung” Autos gestohlen zu haben.
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