Und plötzlich ist man Bürgermeister…

Letzau. Vor kurzem hat er seine erste Trauung hinter sich gebracht. Es wird wohl auch die letzte sein. Karl Völkl vertritt seit der konstituierenden Gemeinderatssitzung die erkrankte Bürgermeisterin. Buchstäblich ein Sprung ins kalte Wasser.

Von Gabi Eichl

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Karl Völkl musste von heute auf morgen Bürgermeister spielen. Der 56-Jährige kann in Kürze einen Spagat beenden zwischen einem fordernden Ehrenamt und einem nicht minder anstrengenden Hauptberuf.

Der Letzauer hatte sich nicht als Bürgermeister zur Wahl gestellt und musste dennoch im Mai wie die zum ersten Mal gewählten Männer und Frauen an der Spitze der Gemeinde von heute auf morgen die Amtsgeschäfte übernehmen.

Marianne Rauh hatte gerade eben die Wahl gewonnen, als sie schwer erkrankte. Sie leitete noch die erste Sitzung des Gemeinderates und musste sich dann für Monate zurückziehen. Mit Beginn des neuen Jahres wird sie jedoch wieder übernehmen.

Nachrücker für den kürzlich verstorbenen Max Eger

Karl Völkl hat als Zweiter Bürgermeister in dem vergangenen guten halben Jahr das Schwimmen in dem Becken namens Rathaus gelernt. Dabei säße Völkl nicht einmal mehr im Gemeinderat. Er war auf der Liste zugunsten Jüngerer nach hinten gerückt.

Aber der kürzlich verstorbene Max Eger entschied gleich nach der Wahl, das Amt nicht anzutreten, weshalb Völkl als erster Nachrücker doch wieder seinen Sitz in dem Gremium einnehmen durfte.

Jederzeit in Kontakt mit Bürgermeisterin Marianne Rauh

Völkl sagt im Gespräch mit OberpfalzECHO, ihm sei in den vergangenen Monaten zum ersten Mal klar geworden, wieviel Arbeit die Leitung einer Gemeinde mache. Und die Gemeinde Theisseil wird ehrenamtlich geführt. Für Völkl, der als Projektleiter bei Hermann Maschinenbau viel in Norddeutschland tätig ist und dort Millionenprojekte betreut, bedeutete das einen permanenten Spagat.

Die Führungsposition in der Baufirma hatte jedoch ein Gutes: Völkl weiß, wie man ein Team leitet. Wenigstens das. Sehr viele andere Dinge musste er sich aneignen. Die Leitung einer Trauung unter Corona-Bedingungen war dabei eine der leichteren Aufgaben.

Eine große Hilfe sei ihm die erkrankte Bürgermeisterin gewesen, mit der er in unablässigem Kontakt stand. Rauh sei daher auch über jeden noch so kleinen Schritt informiert.

Stundenlanges Pendeln zwischen Wilhelmshaven und Letzau

Völkl hatte versucht, seinem Arbeitgeber gewisse Zugeständnisse wegen seines unerwarteten Ehrenamts im Letzauer Gemeindehaus abzuringen, und dieser zeigte sich auch großzügig in punkto flexible Arbeitszeit, aber die viele Stunden lange Pendelei mit der Bahn zwischen Letzau und Wilhelmshaven blieb ihm auch in der Vertretungszeit nicht erspart.

An Bürgermeisterversammlungen etwa, die üblicherweise nachmittags stattfinden, konnte er unter diesen Bedingungen nicht teilnehmen.

Aber das positive Feedback freut einen dann natürlich schon.“

So schwierig und belastend die Situation gewesen sei, so sehr seien ihm aber immer wieder die Erfahrungen aus seinem Hauptberuf zugute gekommen, sagt Völkl. Es sei grundsätzlich nichts Neues für ihn gewesen, Personal zu führen. Ob es nun eine Mannschaft sei, die ein Brückenbauwerk saniere oder ein Kindergartenteam. Neu gewesen sei ihm die Verwaltungsarbeit gewesen, aber da hätten die Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft sehr geholfen.

Üblicherweise komme er gegen halb sieben Uhr abends nach Hause, in der Vertretungszeit habe er dann nur schnell gegessen und dann bis gegen elf Uhr nachts weitergearbeitet. „Aber das positive Feedback freut einen dann natürlich schon.“ Zusammen mit dem Kindergartenteam etwa habe er kleinere Probleme in Windeseile gelöst, einfach um die Dinge vom Tisch zu haben, so wie er es aus seinem Büro gewöhnt sei.

Gemeinderatssitzungen ähneln Teambesprechungen

Der 56-Jährige hat sich als gelernter Elektro-Installateur hochgearbeitet. Heute würde man für seinen Beruf ein Maschinenbau-Studium voraussetzen. In den von ihm geleiteten Gemeinderatssitzungen wurde deutlich, dass er regelmäßig größere Teams anleitet. Er erklärte die Tagesordnungspunkte ausführlich, ließ aber auch bisweilen lange Diskussionen zu, die er als Projektleiter vermutlich schneller abgewürgt haben dürfte.

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