[Update] Fensterwurf: Psychiater hält Entlassung für vertretbar – Urteil verschoben

Weiden. Geht von der Mutter (32), die ihre Kinder aus dem Fenster warf, eine Gefahr für die Allgemeinheit aus? Sind von ihr weitere schwere Taten zu erwarten? Psychiater Dr. Bruno Rieder gab seine Bewertung ab.

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Foto: Martin Stangl

Landgerichtsarzt Rieder hält Bewährung für vertretbar. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kann aus seiner Sicht ausgesetzt werden. Die zweifellos vorliegende Schizophrenie sei inzwischen durch Medikamente abgeklungen. Die Symptome sind weg. “Richtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung sehe ich nicht mehr.”

“Wie groß ist Wahrscheinlichkeit, dass diese Person erneut Straftaten begeht?”, fragte Vorsitzender Richter Josef Weidensteiner. Der Psychiater hält die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres versuchtes Tötungsdelikt für “sehr, sehr niedrig”.

Gute Prognose, aber Kontrolle nötig

2021, nach der Tat, war der Zustand der Frau deutlich schlechter. Das Klinikpersonal notierte bizarres Verhalten: Die Patientin wischte mit Klopapier den Boden, sah den Teufel neben sich, putzte sich die Zähne mit Erde. Im Dezember 2021 entschied das Landgericht Weiden auf Paragraf 63, Unterbringung in der Psychiatrie.

Inzwischen sind anderthalb Jahre in der Forensik vergangen. Eine “beträchtliche Zeit”, so Rieder. Die Ausgangspersönlichkeit sei medikamentös wieder hergestellt. Der Symptom-Rückgang sei positiv, beruhe aber allein auf Medikamentengabe. Man müsse Sorge tragen und kontrollieren, dass regelmäßig Depot-Spritzen gegeben werden, betonte Rieder.

Zweites Problem: Für eine Entlassung ist nichts vorbereitet. Die syrische Frau hat kein soziales Umfeld, keine Wohnung außerhalb. Sie bräuchte ein Betreuungssystem. Ambulant betreutes Wohnen hielt er für vorstellbar. “Es könnte schon klappen.” Einen Umgang mit den Kindern hält er ohnehin nur für möglich, wenn sie die psychiatrische Behandlung auch durchzieht. “Ansonsten verwirkt sie ihre Elternrechte.”

Zweifel an Krankheitsverständnis

Positiv erwähnte Rieder ihre Deutschkenntnisse, die sich stark verbessert haben. Ein echtes Verständnis für die eigene Krankheit sah er aber nicht bei ihr. Leitender Oberstaatsanwalt Bernhard Voit stieß sich genau an dieser fehlenden Einsichtsfähigkeit, die laut Bundesgerichtshof unabdingbar sei.

Für problematisch hielt Rieder, dass die Frau zum Ehemann zurückkehren will.

Richter Weidensteiner verschob am Donnerstag um 18.30 Uhr die eigentlich noch geplanten Plädoyers und ein Urteil. Mit einem Schnellschuss sei niemandem geholfen. Der BGH stelle bekannterweise sehr hohe Anforderungen an eine Unterbringung nach Paragraph 63. “Wir wollen nicht, dass dieser Fall an einem anderen bayerischen Gericht noch einmal verhandelt werden muss.” Nächster Verhandlungstermin ist der 3. April.

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