Ursula Barrois, das „soziale Gewissen“ der Stadt, ist tot

Weiden. Ursula Barrois ist tot. Das „soziale Gewissen“ der Stadt verstarb am Samstag nach langer Krankheit im Alter von 71 Jahren.

Ursula Barrois
Urusla Barrois in ihrem Element. Die Weidenerin widmete ihr Leben dem Einsatz für Benachteiligte. Archivbild: OberpfalzECHO

„Geben Sie mir noch etwas Zeit, dann nehm ich ausführlich Stellung“, antwortete Ursula Barrois noch kurz vor Weihnachten auf meine Mailanfrage zum Thema neues Obdachlosenheim Weiden. Sie fand nicht mehr die Zeit dafür. Am 4. Februar verstarb die außergewöhnliche Frau völlig überraschend im Alter von 71 Jahren.

Ein Leben für Obdachlose

Ursula Barrois setzte sich fast 45 Jahre für Menschen ohne Zuhause ein. Ein Besuch in der damaligen Obdachlosenunterkunft in der Schustermooslohe habe sie nicht mehr losgelassen, erzählte sie mir 2017 bei einer Stippvisite im Obdachlosenheim. In erster Linie lagen ihr dabei die Lebensbedingungen der Kinder in der Notunterkunft am Herzen.  

Goldene Ehrennadel

Obdachlose und der Einsatz für ein einigermaßen lebenswertes Dasein dieser Menschen waren das Lebenswerk von Barrois, der Gründerin und Vorsitzenden des Vereins “Die Initiative”. Dafür wurde sie 2017, im „Jahr des Ehrenamtes“, von der Paritätischen in Bayern mit der Goldenen Ehrennadel des Luise-Kiesselbach-Preises für bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet. „Bürgerschaftliches Engagement ist der Motor demokratischer Gesellschaften… Manchmal ist es unbequem, oft innovativ und immer nah an den Problemen und Fragen der Menschen“, hieß es bei der Preisverleihung damals. Wer Barrois kannte, wird erahnen, dass ihr solche Ehrungen eher unangenehm denn Ehre waren. Schon als sie 2011 das Bundesverdienstkreuz bekam, sagte sie: Freilich freue sie sich, aber „die eigentliche Anerkennung gebührt den Menschen, mit denen und für die ich arbeite”.

Immer hautnah an den Problemen

Ursula Barrois war immer hautnah dran an den Problemen „ihrer“ Obdachlosen. Hunderte Menschen sah die Mutter von fünf Kindern und Oma von vier Enkeln in all den Jahren in die Notunterkunft kommen und gehen. Alles Schicksale, die sie teilweise gerührt, alle aber berührt haben. „Wenn du etwas tust, bekommst du auch was zurück“, sagte Barrois und man spürte, dass sie auch meinte, was sie sagte.

Obdachlosenheim Weiden Ursula Barrois
Ursula Barrois (vorne) mit einem Teil ihrer Mitstreiter und Bewohnern des Obdachlosenheims kurz vor Weihnachten 2017. Foto: Udo Fürst

Angefangen hat alles mit 800 Mark, die Ursula Barrois 1979 als Spende der Weidener Notunterkunft für Obdachlose für einen Zoobesuch in Nürnberg zukommen lassen wollte. Doch der Besuch in der Schustermooslohe sei ein derart eindrückliches und prägendes Erlebnis gewesen, dass sie beschlossen habe, das Geld als Grundstock für ein längerfristiges Engagement zu nutzen. Der Verein “Die Initiative” war geboren.

Man muss immer den Menschen sehen, dem Würde gebührt.Ursula Barrois

Obdachlosen oder von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen ein Stück dieser Würde zurückzugeben und Vorurteile zu bekämpfen, sei immer Ziel ihres Engagements und des Vereins “Die Initiative” gewesen, sagte sie im damaligen Gespräch mit OberpfalzECHO.

Verein und Weggefährten bestürzt

„Liebe Mitglieder, Freunde und Weggefährten der Initiative e.V. Für uns alle unfassbar ist Ursula Barrois am Wochenende plötzlich verstorben. Ihr Tod hat uns alle sehr erschüttert, tief bestürzt und das „normale“ Leben zum Erliegen gebracht. Die Familie bittet daher, von Beileidsbekundungen Abstand zu nehmen. Es wird voraussichtlich ein Gedenkgottesdienst stattfinden“, schreiben Vorstand und Team der Initiative e.V.

Bestürzt sind auch langjährige Wegbegleiter. „Ursula Barrois war eine leidenschaftliche Fürsprecherin und Kämpferin für die Schwächsten in unserer Gesellschaft und sah in jedem Menschen ein Potenzial. Sie hinterlässt in Weiden eine Lücke, die schwer zu schließen ist. Sie wird mir fehlen“, schreibt Oberbürgermeister Jens Meyer, der Barrois von Kindheit an gut kannte. Ähnlich betroffen ist Ewald Zenger. Der Stadtjugendpfleger sagt, er habe selten einen Menschen kennengelernt, der bereit gewesen sei, so vorurteilsfrei zuzuhören und für andere da zu sein. „Egal, ob Politiker oder Obdachloser. Die Uschi war für alle da. Sie war etwas ganz Besonderes.“ Obwohl sie seit sieben Jahren von ihrer Krankheit wusste, sei Aufgeben für sie nie infrage gekommen, weiß Zenger. „Für mich war es immer wieder eine Freude, wenn ich sie bei Treffen erlebt und gesehen habe, wie sie sich jedes Mal aufgerappelt hat.“

Namensgeberin für neues Heim

Unterdessen hat sich OB Meyer eine besondere Würdigung für die Verstorbene überlegt: Er wird vorschlagen, das neue Obdachlosengebäude nach der Verstorbenen zu benennen. Ohne es zu wissen: diese Art der Ehre hätte vielleicht sogar Ursula Barrois gefallen.







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1 Kommentare

Wolfgang Göldner - 09.02.2023

Herzlichsten Dank, Ursula, für das, was DU für andere Menschen getan hast.

Beurteile einen Menschen nicht nach seinen Worten,
sondern nach seinen Taten.
Denn Viele reden vortrefflich, handeln aber schlecht.

DU hast gehandelt und getan. Dafür gebührt Dir der Dank.