Vater (54) muss ins Gefängnis: Gericht verhängt 4 Jahre und 5 Monate

Weiden. Das Landgericht Weiden hat einen 54 Jahre alten Vater aus dem Landkreis Tirschenreuth zu 4 Jahren und 5 Monaten Haft verurteilt. Er hat sich des schweren sexuellen Missbrauchs seines Sohnes in 10 Fällen schuldig gemacht. Zusätzlich besaß er umfangreiches Bildmaterial mit Kinderpornographie.

Landgericht Weiden Strafkammer
Die WSW-Veranwortlichen stehen vor der 1. Strafkammer unter Vorsitz von Peter Werner (rechts). Berichterstatter ist Richter Florian Bauer (nicht im Bild), Beisitzer ist Matthias Bauer (links). Foto: Christine Ascherl

Die Urteilsbegründung: Der Angeklagte habe gestanden, wenn auch durch knappe Verteidigererklärung, so Vorsitzender Richter Peter Werner. Unzweifelhaft stehe der Besitz der Kinderpornographie fest. Schwieriger sei die Beweislage der Missbrauchsfälle. “Hier stützen wir uns auf zwei Aussagen des Geschädigten.” Eine gegenüber einem Psychologen, eine gegenüber dem Ermittlungsrichter. Bei beiden Aussagen war der Bub eher kurz angebunden und machte nur “rudimentäre Angaben” zum schweren Missbrauch. Die Richter hatten am Wahrheitsgehalt dennoch keine Zweifel. Der Junge stand in einem enormen Loyalitätskonflikt und hätte den eigentlich geliebten Vater nicht zu Unrecht belastet.

Der Angeklagte sei pädophil, was ihm nicht angelastet werden könne. Aber für “das hemmungslose Ausleben” mit dem massenweisen Herunterladen von Bildern aus dem Internet sehe der Gesetzgeber harte Strafen vor. Werner: “Auch der Besitz kinderpornographischer Schriften ist ein Verbrechen.”

Staatsanwältin: “Der Angeklagte ist unreflektiert und ich-bezogen”

Staatsanwältin Carolin Ammon hatte zuvor eine Strafe von knapp unter 5 Jahren gefordert. Sie kreidete dem Angeklagten vor allem an, dass er in der Verhandlung keine sonderliche Reue zeigte. Auf die Frage eines Richters, ob ihm die Vorfälle leid tun, habe er lediglich kurz genickt. Ein Wort dazu gab es nicht. Im Gegenteil: Ausführlich klagte der 54-Jährige vor Gericht, wie sehr er unter der Trennung von den Kindern psychisch leide. Ammon: “Er ist unreflektiert und ich-bezogen. Wie es seinen Kindern geht, ist ihm egal.”

Verteidiger Matthias Haberl plädierte auf eine Haftstrafe von 4 Jahren und 5 Monaten. Durch sein Geständnis habe sein Mandant den Prozess erheblich verkürzt und den Kindern Vernehmungen erspart. Die Beweislage war eher schmal.

Bub suchte sich Sorgentelefon im Internet

Tatsächlich zeigt der Prozess, wie schwierig Ermittlungen bei Sexualdelikten durch Eltern sind. Nur ein einziges Mal hatte sich der Elfjährige wirklich geöffnet: gegenüber einem Psychologen der Wohngruppe im Kinderheim. Dem freundlichen 60-Jährigen erzählte der Bub, was zu Hause alles abgelaufen war. Wie der Vater die Schwester schlug und an den Haaren zog. Dass er sich manchmal dazwischen stellte und dem Vater mit dem Jugendamt drohte. Außerdem hatte der Junge ein Kinder-Sorgentelefon im Internet gegoogelt.

Schließlich schilderte der Bub die Übergriffe in der Badewanne, immer wieder sonntags. Er beschrieb genau, wie man zu zweit in der Badewanne saß und rutschen musste, um die Handlungen auszuführen. Dem Psychologen wurde die Sache schließlich zu heiß: Er brach das Gespräch mehr oder weniger ab, weil er nichts falsch machen wollte. Er dachte, da müssten “Profis ran”, wenn das in einer Gerichtsverhandlung auch Hand und Fuß haben soll.

Kind völlig zerrissen

Fatal: Der Bub öffnete sich nie wieder jemanden. Eine Befragung durch den Ermittlungsrichter endete in einer Re-Traumatisierung. Und bei einer Psychologin der Kinder- und Jugendpsychiatrie bekam er erst neun Monate (!) später einen Termin. Mit ihr sprach er nur über “den Vorfall”, konkret wurde er nicht mehr.

Der Psychologe aus dem Kinderheim beschrieb auch gut die Zerrissenheit des Kindes: zwischen Liebe zum Vater und dem Wunsch, die sexuellen Übergriffe zu beenden. Erst habe der Junge todtraurig die “wirklich widerlichen” Handlungen geschildert. Nur wenig später erzählte er stolz von der erst kürzlich stattgefundenen Trauung seiner Eltern, bei der er einen schönen Anzug tragen durfte. “Das war ein absoluter Vollkontrast. Das waren zwei Welten.”

Krude Erklärung des Angeklagten

Am letzten Prozesstag gab es auch einen kleinen Einblick in das Leben des Angeklagten. Die Familie war 2012 in die Oberpfalz gezogen. Man sei gut mit den Nachbarn in dem kleinen Ort im Landkreis Tirschenreuth ausgekommen. Lediglich zwei Nachbarn “hatten etwas gegen uns” und hätten schließlich auch das Jugendamt auf den Plan gerufen. “Der eine hasst Ossis.”

In einer kruden Erklärung rechtfertigte er seinen Erziehungsstil. “Im Osten Deutschlands geht man anders mit Kindern um.” Zum einen würden Kinder viel mehr zur Selbständigkeit erzogen. Zum anderen zeige man dort den Kindern viel mehr, dass man sie liebe. Er vermisse seine Kinder “unendlich”. Der Angeklagte berichtete auch von zwei Herzinfarkten. Sein Sohn habe einen der Notarzteinsätze miterlebt: “Ich denke, dadurch hat er psychisch einen Knick gekriegt.” Wenn er nun in “den Knast” gehe, gelte seine Sorge seiner Frau, mit der er händchenhaltend ins Gericht gekommen war: “Sie wird mich vermissen.”

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