Ver.di fordert Anerkennung für Corona-Helden

Nordoberpfalz. Während der Corona-Pandemie sind gerade im Dienstleistungsbereich Beschäftigte in der Daseinsvorsorge gefordert. Dies führt auch bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in der Oberpfalz zu einer Explosion an entsprechenden arbeitsrechtlichen Anfragen, mit denen sich die ver.di-Gewerkschaftsekretäre und -mitarbeiter auseinandergesetzt haben.

Von Renate Gradl

“Die Heldinnen und Helden der Corona-Krise arbeiten unter anderen in der Alten- und Krankenpflege, in den Supermärkten, in den Kindergärten und Jugendämtern, bei der Post, im Bereich der Telekommunikation, in der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Energie- und Wasserversorgung oder der Abfallwirtschaft“, zählt ver.di-Bezirksgeschäftsführer Alexander Gröbner beispielhaft auf. „Viele von ihnen sind weiblich und unterbezahlt. Sie freuen sich über die Wertschätzung ihrer jetzigen Arbeit – noch mehr würden sie sich freuen, wenn sie diese gesellschaftliche Anerkennung auch nach der Krise spüren könnten“.

Ver.di Bezirksgeschäftsführer Alexander Gröbner. Foto: ver.di Bezirk Oberpfalz

Dies gelte besonders im Gesundheitsbereich, wo nicht nur der Personalmangel und die unzureichende Schutzausrüstung viele Beschäftigte beunruhigt, sondern in den vergangenen Jahren immer wieder weitere Einsparungen Thema waren. „Auch in der Oberpfalz wurden Krankenhäuser geschlossen oder standen in Frage. Wir hoffen, dass hier ein Umdenken stattfindet“, bekräftigt Karin Wagner, die bei ver.di für den Gesundheitsbereich zuständig ist.

Beschäftigte und ihre Familien schützen

In den anderen Bereichen der existenziellen Infrastruktur geht es aus gewerkschaftlicher Sicht weiterhin vor allem um Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten. Gerade im Einzelhandel dauerte es zunächst lange, bevor Einlassbeschränkungen, Schutzscheiben an Kassen und Handschuhe Einzug hielten. Auf solche Maßnahmen warten einige Zivilbeschäftigte auf den amerikanischen Truppenübungsplätzen weiterhin händeringend. „Die US Army hat vorbildlich überwiegend auf Notbetrieb umgestellt und schützt so Beschäftigte und ihre Familien. Doch in den Kaufhäusern, Schnellrestaurants und Bereichen mit Kundenkontakt berichten uns Beschäftigte von fehlenden grundlegenden Schutzmaßnahmen“, berichtet die ver.di-Betriebsbetreuerin Kathrin Birner (Fachbereiche Bund/Länder und Gemeinden).

Auch im öffentlichen Dienst sieht Birner viele Arbeitgeber dringend in der Pflicht, ihre Beschäftigten besser zu schützen und auch mittelfristig die Funktionsfähigkeit von Kindertagesstätten, Verwaltung oder Bauhöfen zu garantieren.

Rotationen und Notbetriebe: Wer hat schnell reagiert?

„Während es selbstverständlich ist, dass Lehrerinnen und Lehrer ohne Notbetreuungsaufgaben von zu Hause aus an Konzepten arbeiten und mit den Eltern oder Schülern kommunizieren, wird dies den meisten Erzieherinnen und Erziehern derzeit verwehrt“, bemerkt Kathrin Birner. “Auch der öffentliche Dienst und die sozialen Träger müssen ihren Beitrag dazu leisten, dass Menschen so wenige soziale Kontakte haben wie nötig – und durch Notbetriebsschichten und Bereitschaftsdienste dafür sorgen, dass im Notfall auch weiteres Personal verfügbar ist. Noch immer sieht man Bauhoffahrzeuge mit vier Personen.“

Vorbildlich dagegen hätten einige Verwaltungen bereits Rotationen und Notbetriebe eingeführt, um das weitere Funktionieren von öffentlichem Nahverkehr, Verwaltungsleistungen, Wasser- und Stromversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung und den Straßenbetriebsdienst zu garantieren. „Gerade auch Krankenkassen, Rentenversicherung und die Agentur für Arbeit hat hier schnell Maßnahmen ergriffen und den Publikumsverkehr reduziert, um gleichzeitig telefonisch für die Tausenden von Anfragen von kurzfristig durch Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen sowie Unternehmen da zu sein“, beleuchtet Manuela Dietz, die stellvertretende Geschäftsführerin ver.di Bezirk Oberpfalz.

Lieferungen sichern Grundversorgung

Auch im Postbereich konnten die Betriebsräte schnell durchsetzen, dass die persönliche Unterschrift bei der Paketübergabe entfällt und ab sofort in zwei Schichten gearbeitet wird. „Im Bereich der Paketzustellung liegen wir mittlerweile auf dem Belastungsniveau der Weihnachtszeit. Dabei dürfen wir auch die Kolleginnen und Kollegen in Speditionen, Logistikbetrieben und im Transportgewerbe nicht vergessen. Alle gemeinsam stellen die Grundversorgung für die Wirtschaft und das tägliche Leben der Menschen sicher“, betont Nicole Rufin, Gewerkschaftssekretärin Post, Speditionen und Logistik.

Im Bereich der Telekommunikation freuen sich die Beschäftigten, dass die Arbeitgeber ihre Arbeit auch materiell anerkennen und kürzlich zu einer in Rekordzeit vereinbarten Entgelterhöhung bereit waren.

Kurzarbeitsvereinbarungen abgeschlossen

Während also in vielen Bereichen der Dienstleistungen neue und zusätzliche Aufgaben und dringende Schutzmaßnahmen gefragt sind, sind aber auch in der Oberpfalz Beschäftigte und Betriebe im Organisationsbereich von ver.di massiv von Arbeitsausfall betroffen.

„Fast alle Tageszeitungen und Druckereien haben bereits Kurzarbeitsvereinbarungen abgeschlossen, weitere sind gerade dabei, diese auf den Weg zu bringen“, erzählt der ver.di Betriebsbetreuer Pascal Attenkofer, Fachbereichssekretär für Medien, Kunst und Industrie). „Dabei ist erfreulich und bemerkenswert, dass ein kleiner Mittelständler unter 50 Beschäftigte eine Aufstockung um zehn Prozent vorsieht, während bedauerlicherweise alle anderen ihre Beschäftigten hier nicht weiter unterstützen. Und das, obwohl Ihnen die Sozialversicherungsbeiträge ‘geschenkt’ werden.“

Besonders hart treffe die Krise nicht nur die Beschäftigten mit Kurzarbeit ohne Aufstockung, sondern vor allem auch Solo-Selbständige und Freischaffende. „Die Hilfspakete kommen bei den Selbständigen (noch) nicht beziehungsweise verspätet an. Alle warten händeringend darauf!“, erklärt Pascal Attenkofer.

Existenzen stehen auf dem Spiel

Für viele private Busunternehmen steht die Existenz auf dem Spiel. Die Schulbuslinien müssen nicht bedient werden. Busreisen sowie andere Buchungen werden bereits bis weit in die zweite Jahreshälfte 2020 storniert. „Viele Fahrerinnen und Fahrer in Betrieben ohne Betriebsräte fallen auf das gesetzliche Kurzarbeitergeld zurück. In Betrieben mit ver.di-Betriebsräten können dagegen vielfach bessere Bedingungen vereinbart werden”, sagt Patrick Rostek von ver.di, Fachbereiche Verkehr und Besondere Dienstleistungen. „Klar ist für uns, der Personalmangel im Bereich der Busfahrerinnen und Busfahrer wird durch die Krise noch einmal deutlich verschärft“, so Rostek weiter.

Azubis brauchen Zeit

Heikel sei die derzeitige Situation auch für Auszubildende. Nach Verschiebung der Abschlussprüfungen wüssten viele nicht, wann ihre Ausbildung endet. „Wichtig ist in der derzeitigen Situation, dass ihnen Zeit zum Lernen der von den Berufsschulen zur Verfügung gestellten Materialien gegeben wird und sie nicht als billige Aushilfskräfte oder für Notdienste eingesetzt werden“, betont Lisa Freunek, Jugendsekretärin ver.di Bezirk Oberpfalz.

Wichtig sei auch, dass die Betriebe aktiv würden, Wissensvermittlung und Vermittlung der Ausbildungsinhalte unter den gegebenen Umständen zu ermöglichen. Hierzu gebe es bereits auch positive Beispiele zur Wissensvermittlung über E-Learning-Plattformen und Tablets. „Aber täglich erreichen uns auch negative Beispiele, bei denen Auszubildende auf unbestimmte Zeit ohne Aufgaben zu Hause sitzen oder in Notdiensten eingesetzt werden.

Einige Unternehmen fordern auch Kurzarbeit für Auszubildende und eine dementsprechende Gesetzesänderung. Diese gilt es zu verhindern!“, erläutert Freunek weiter.

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