Volkshochschulen schlagen Alarm: Steuerpflicht fördert Schmalspur-Bildung
Nordoberpfalz. Das Bundesministerium der Finanzen plant eine Umsatzsteuerpflicht für Weiterbildungsangebote, was von Volkshochschulen als Bedrohung für Bildung und Demokratie gesehen wird. Sie fordern einen Stopp des Vorhabens und einen Dialog, da solche Maßnahmen Weiterbildung erschweren und gesellschaftliche Teilhabe einschränken könnten.

Mit dem Vorschlag des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), Volkshochschul-Angebote künftig umsatzsteuerpflichtig zu machen, könnte sich die Bildungslandschaft deutlich verändern. Der Entwurf zielt darauf ab, nur noch direkt berufsbezogene Weiterbildungsangebote von der Umsatzsteuer zu befreien. Dies stößt auf erheblichen Widerstand bei den Volkshochschulen.
Widerstand gegen BMF-Pläne
Die Träger der allgemeinen Weiterbildung, unter anderem die Volkshochschulen, sehen durch die Pläne des BMF ihre Existenzgrundlage bedroht. Die Einstufung fachübergreifender Kompetenzen als Freizeitbeschäftigung missachtet deren wichtige Rolle im beruflichen und privaten Alltag. Solch eine „Schmalspur-Bildung“, die sich nur auf unmittelbar berufsbezogene Inhalte konzentriert, wird den Anforderungen einer sich schnell wandelnden Arbeits- und Lebenswelt nicht gerecht.
Zu dieser Problematik äußern sich Dr. Christian Hörmann und Dr. Regine Sgodda, Vorstände des Bayerischen Volkshochschulverbandes (bvv) kritisch. „Umsatzsteuer für Weiterbildungsangebote, die der Stärkung der Demokratie und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dienen? Das ist aus unserer Sicht und auch mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche und soziale Erfordernisse unhaltbar“, erklärt Dr. Hörmann. Er weist darauf hin, dass die Bildungsleistungen, auch nach der Gesetzesänderung, umsatzsteuerfrei bleiben sollten, wie es ursprünglich vom Gesetzgeber intendiert war.
Umsatzsteuer für Weiterbildungsangebote, die der Stärkung der Demokratie und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dienen? Das ist aus unserer Sicht und auch mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche und soziale Erfordernisse unhaltbar. Dr. Christian Hörmann und Dr. Regine Sgodda, Vorstände des Bayerischen Volkshochschulverbandes
Die Notwendigkeit eines Dialogs
Die Volkshochschulen fordern ein Umdenken des BMF und eine Anerkennung der Bedeutung überfachlicher Kompetenzen. Diese Fähigkeiten, wie Problemlösungsvermögen, Kommunikationsstärke und soziale Kompetenz, sind unerlässlich, um in der heutigen Arbeitswelt bestehen zu können. Ein Einlenken des BMF wäre ein Schritt in Richtung eines modernen Bildungsverständnisses, das den Menschen in all seinen Facetten betrachtet – nicht nur als Arbeitskraft, sondern als ganzheitliches Wesen.
Dr. Sgodda ergänzt, dass die Definition von Bildung in dem BMF-Papier ganzer gesellschaftlicher Gruppen diskriminiere. Damit würde speziell älteren Personen, die außerhalb des Berufslebens stehen, aber dennoch am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchten, der Zugang zu Bildung erschwert.
Bürokratie und finanzielle Hürden
Die Pläne des BMF könnten nicht nur eine ideologische Verengung des Bildungsbegriffs bewirken, sondern auch eine bürokratische Belastung für Bildungsträger darstellen. Unterscheidungen zwischen steuerfreien und steuerpflichtigen Angeboten würden die Programmplanung erheblich verkomplizieren. Dr. Ute Eiling-Hütig, Präsidentin des Bayerischen Volkshochschulverbandes, warnt vor einer Bürokratie-Lawine und den daraus resultierenden Preiserhöhungen für Weiterbildung. Damit würden besonders Personen in wirtschaftlichen Umbruchphasen benachteiligt, die sich weiterbilden möchten, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Insgesamt steht das BMF mit seinen Plänen im Kreuzfeuer der Kritik. Die Volkshochschulen setzen sich für die Beibehaltung der Umsatzsteuerfreiheit ein, um Bildungsangebote für alle Bevölkerungsschichten zugänglich und bezahlbar zu halten. Ein konstruktiver Dialog zwischen dem BMF und den Bildungsträgern erscheint dringend notwendig, um eine zukunftsorientierte Bildungslandschaft in Deutschland zu sichern.
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